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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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besten Staate, zum Erstaunen aller Dorfschaften, durch welche wir kamen. Der Oheim fuhr am gleichen Tage mit Margot zurück, Lisette und Caton blieben eine Woche bei uns, wo die Reihe an ihnen war, die Blöden und Schüchternen zu spielen, denn ich zeigte ihnen mit wichtiger Miene alle Herrlichkeiten der Stadt und tat, als ob mir dies alles gehörte. Nicht lange nachdem sie fort waren, kam eines Morgens ein leichtes Fuhrwerk vor unser Haus gerollt, und heraus stiegen der Schulmeister und sein Töchterchen, letzteres durch einen fliegenden grünen Schleier gegen die scharfe Herbstluft geschützt. Eine lieblichere Überraschung hätte mir gar nicht widerfahren können, und meine Mutter hatte die größte Freude an dem guten Kinde. Der Schulmeister wollte sich umsehen, ob für den Winter eine geeignete Wohnung zu finden wäre, indem er doch allmählich sein Kind mit der Welt mehr in Berührung bringen mußte, um ihre Anlagen nach allen Seiten sich entwickeln zu lassen. Es sagte ihm jedoch keine Gelegenheit zu, und er behielt sich vor, lieber im nächsten Jahre ein kleines Haus in der Nähe der Stadt zu kaufen und ganz überzusiedeln. Diese Aussicht erfüllte mich teils mit Freuden, teils aber hätte ich mir Anna doch lieber für immer als das Kleinod jener grünen entlegenen Täler gedacht, die mir einmal so lieb geworden. Indessen habe ich das heimliche Vergnügen, zu sehen, wie meine Mutter Freundschaft schloß mit Anna und wie diese ebenso tiefen Respekt als herzliche Zuneigung zu jener bezeigte und zu meiner allergrößten Genugtuung gern zu zeigen schien. Wir wetteiferten nun förmlich, ich, dem Schulmeister meine Achtung darzutun, und sie meiner Mutter, und über diesem angenehmen Streite fanden wir keine Zeit, miteinander selbst zu verkehren, oder wir verkehrten vielmehr nur dadurch miteinander. So schieden sie von uns, ohne daß ich mit ihr einen einzigen besondern Blick gewechselt hätte.
    Nun rückte der Winter heran und mit ihm das Weihnachtsfest. Wöchentlich dreimal früh um fünf Uhr mußte ich in das Haus des Pfarrhelfers gehen, wo in einer langen schmalen riemenförmigen Stube an vierzig junge Leute zur Konfirmation vorbereitet wurden. Wir waren Jünglinge, wie man uns nun nannte, aus allen Ständen; am obern Ende, wo einige trübe Kerzen brannten, die Vornehmen und Studierenden, dann kam der mittlere Bürgerstand, unbefangen und mutwillig, und zuletzt, ganz in der Dunkelheit, arme Schuhmacherlehrlinge, Dienstboten und Fabrikarbeiter, etwas roh und schüchtern, unter denen nur dann und wann eine plumpe Störung vorfiel, während weiter oben man sich mit Geschicklichkeit fortwährend unruhig verhielt. Diese Ausscheidung war gerade nicht absichtlich angeordnet, sondern sie hatte sich von selbst gemacht. Wir waren nämlich nach unserm Verhalten und nach unserer Ausdauer geordnet; da nun die Vornehmsten von Haus aus zum äußern Frieden mit der Kirche streng erzogen wurden und die meiste Sicherheit im Sprechen besaßen und dies Verhältnis durch alle Grade herunterging, so war dem Scheine nach die Rangordnung ganz natürlich, besonders da die Ausnahmen sich dann von selbst zu ihresgleichen hielten und durchaus nicht sich unter die anderen Stände mischen wollten. Es geziemte sich auch, daß diejenigen, welche vermöge ihrer Verhältnisse darauf gewiesen waren, als Männer einst in der Kirche eine Stütze für ihre politischen und sozialen Grundsätze und einen Schutz für das »Eigenturn« zu finden, in dieser geweihten Werkstätte des Christentumes obenan saßen und sich aufmerksam verhielten, während dem gezeichneten Häuflein, welchem eingeprägt werden mußte, daß Christi Reich nicht von dieser Welt sei, zur heilsamen Übung auch hier der unterste Platz gebührte.
    Schon das pünktliche Aufstehen und Hingehen am kalten dunklen Wintermorgen, an regelmäßigen Tagen, und das Hinsitzen an einen bestimmten Platz war mir unerträglich, da ich seit der Schulzeit dergleichen nicht mehr geübt. Nicht daß ich gänzlich unfügsam war für irgendeine Disziplin, wenn ich einen notwendigen und vernünftigen Zweck einsah; denn als ich zwei Jahre später meiner Militärpflicht genügen und als Rekrut mich an bestimmten Tagen auf die Minute am Sammelplatze einfinden mußte, um mich nach dem Willen eines versoffenen Exerziermeisters sechs Stunden lang auf dem Absatze herumzudrehen, da tat ich dies mit dem größten Vergnügen und war ängstlich bestrebt, mir das Lob des alten Kommißbruders zu erwerben.
    Allein hier

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