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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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müssen.«
    »Die rothen Backen sind wiederum von ihr gewichen und behauptet der Chirurgus, sie werde es nicht mehr lang prästiren. Habe auch schon an die Eltern geschrieben.«
    »Heut vor Tag schon muß das arme Meretlein aus seinem Bettlein entkommen, in die Bohnen hinauß geschlichen und dort verschieden seyn; denn wir haben sie alldort für todt gefunden in einem Grüblein, so sie in den Erdboden hineingewühlet, als ob sie hineinschlüpfen wollen. Sie ist ganz gestabet gewesen und ihr Haar so wie ihr Hemdlein feucht und schwer vom Thau, als welcher auch in lauteren Tropfen auf ihren fast röthlichen Wänglein gelegen, nicht anders denn auf einem Apfelblust. Und haben wir einen heftigen Schrecken bekommen und bin ich in große Verlegenheit und Confusion gerathen den heutigen Tag, dieweill die Herrschaft aus der Stadt angelanget, just wie meine Ehefrau verreiset ist nach K., um allda einiges Confect und Provision einzukaufen, damit die Herrschaften höflichst zu tractiren. Wußte derohalb nicht, wo mir der Kopf gestanden und war ein großes Rennen und Laufen, und sollten die Mägde das Leichlein waschen und ankleiden und zugleich für ein guten Imbiß sorgen. Endlich habe ich den grünen Schinken braten lassen, so meine Frau vor acht Tagen in Essig geleget, und hat der Jakob drei Stück von denen zahmen Forellen gefangen, welche noch hin und wieder an den Garten kommen, obgleich man die selige (?!) Meret nicht mehr zum Wasser hinauß gelassen. Habe zum Glück mit diesen Speißen noch ziemliche Ehre eingeleget und haben dieselbigen der Madame wohl geschmecket. Ist eine große Traurigkeit gewesen und haben wir mehr denn zwei Stunden in Gebeth und Todesbetrachtungen verbracht, desgleichen in melancolischen Reden von der unglückseligen Krankhaftigkeit des verstorbenen Mägdleins, da wir nun annemen müssen zu unserem vermehrten Trost, daß selbe in einer fatalen Disposition des Bluts und Gehirns ihren Ursprung gehabt. Daneben haben wir auch von den sonstigen großen Gaben des Kinds geredet und von seinen oftmaligen klugen und anmuthigen Einfällen und Impromptus und Alles nicht zusammenreimen können in unserer irdischen Kurzsichtigkeit. Morgens am Vormittag wird man dem Kind ein Christlich Begräbniß geben und ist die Präsenz der fürnehmen Eltern dazu kommlich, ansonsten die Pauren sich widersatzen mögten.«
    »Dieses ist der allerwunderbarste und schreckhafteste Tag gewesen, nicht nur allein seit wir mit dieser unseligen Creatur zu schaffen, sondern der mir überhaupt in meiner ruhsamen Existenz aufgestoßen ist. Denn als die Stunde gekommen und es zehn Uhr geschlagen, haben wir uns hinter dem Leichlein her in Bewegung gesetzet und nach dem Gottesacker begeben, indessen der Sigrist die kleine Glocken geläutet, was er aber nicht mit sehrem Fleiße gethan, dieweil es fast erbärmlich geklungen und das Geläute zur Halbpart vom starken Winde verschlungen worden, der unwirsch gewehet hat. Und war auch der Himmel ganz dunkel und schwül, so wie der Kirchhof von Menschen entblößet außer unserer kleinen Compagnie, hergegen außerhalb denen Mauren die ganze Baursame vereiniget und hat neugierig die Köpfe herüber gerecket. Wie man aber so eben das Todtenbäumlein in das Grab hinunter senken wollen, hat man ein seltsamen Schrei gehört aus dem Todtenbäumlein hervor, so daß Wir auf das Heftigste erschrocken sind und der Todtengräber auf und davon gesprungen ist. Der Chirurgus aber, welcher auch herzugeloffen, hat schleunigst den Deckel losgemacht und abgehebt, und hat sich das Tödlein als lebendig aufgerichtet und ist ganz behende aus dem Gräblein gekrochen und hat uns angeblicket. Und wie im selbigen Moment die Strahlen Phöbi seltsam und stechend durch die Wolken gedrungen, so hat es in seinem gelblichen Brokat und mit dem glitzrigen Krönlein ausgesehen wie ein Feyen-oder Koboltskind. Die Frau Mama ist alsobald in eine starke Ohnmacht verfallen und der Herr v. M. weinend zur Erde gestürzet. Ich selbst habe mich vor Verwunderung und Schrecken nicht gerühret und in diesem Moment steif an ein Hexenthum geglaubt. Das Mägdlein aber hat sich bald ermannt und ist über den Kirchhof davon und zum Dorf hinauß gezwirbelt, wie eine Katz, daß alle Leute voll Entsetzen heimgeflohen sind und ihre Thüren verriegelt haben.
    Zu selbiger Zeit ist just die Schulzeit aus gewesen und ist der Kinderhaufen auf die Gaß gekommen, und als das kleine Zeugs die Sache gesehen, hat man die Kinder nicht halten können, sondern ist

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