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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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die drei Malereien neu und gut kleiden und was er noch an barem Gelde herauszahlen wolle.
    Zu letzterm war er natürlich nicht zu bewegen; dafür fiel der Anzug leidlich gut aus, den zu liefern er nach seiner Geschäftsmaxime gleich bereit war; er ließ sich sogar zur Leistung eines festen stattlichen Hutes herbei, dessen Rand den Hals gegen den Regen zu schützen versprach. Ich fand mich bei alledem wohl bedient und beraten und schied zufrieden von dem Nothelfer, nachdem ich in einer Hinterstube die Kleider gewechselt und ihm den abgelegten Habit als Zeichen meiner Erkenntlichkeit für menschenfreundliche Behandlung überlassen.
    Auf dem Rückwege schwankte ich, ob ich nicht den alten Schmalhöfer noch aufsuchen und von ihm Abschied nehmen solle. Ich besorgte jedoch, er könnte mich von neuem zu einem nichts entscheidenden und geisttötenden Arbeitsgewinne verlocken; also vermied ich sein Haus, holte bei der Behörde noch meine Ausweispapiere und eilte, da der Abend nahte, nach Hause; denn ich wollte mit angebrochener Nacht unverweilt die Wanderschaft antreten.
    Das war auch geraten, da der Wirt bereits den sämtlichen Hausrat fortgebracht und auch mein Bett weggeräumt hatte, unbekümmert, wo ich diese letzte Nacht noch schlafen möge. Ich fand ihn, wie er ganz allein in der stillen Wohnung stand, die von unsern Tritten und Worten einen ungewohnten Widerhall hören ließ, weil sie gänzlich leer war. Nur etwas Kleider und kleines Geräte lagen noch beieinander, was er nicht zusammenzupacken wußte, da es ihm an einer Kiste fehlte. Ich sagte ihm, er könne sich meines großen Koffers bedienen, den ich zunächst nicht brauche. Das nahm er ohne Dank an, wofür ich ihm auch einen Streich spielte. Denn als ich nun in meine zwei Zimmer ging, in eine Reisetasche ein Restchen Wäsche und meine schön gebundene Jugendgeschichte gesteckt hatte und mich umsah, was etwa noch zu tun wäre, entdeckte ich zu meinem Schrecken noch den Schädel des Albertus Zwiehan, der allein unversorgt zurückblieb.
    Erschüttert nahm ich das unselige Sphäroid, das nicht zur Ruhe kommen konnte, in die Hand und fühlte Gewissensbisse. Armer Zwiehan! dachte ich, du bist einst von Ostindien nach der Schweiz gereist, von da nach Grönland und wieder zurück, dann hierher, und nun mag Gott wissen, was aus dir wird, den ich so leichtfertig vom Friedhofe genommen habe!
    Aber das half nun nichts; ich hob den Deckel meines leeren Koffers und legte den alten Schädel hinein, die weitere Fürsorge dem auf dem Sprunge stehenden Hauswirte überlassend, der sich in seinem Unstern so wenig liebenswürdig gegen mich benahm, obgleich ich seit länger als fünf Jahren an den Unterhalt seiner Familie so manchen guten Taler beigetragen.
    Dann trat ich mit umgehängter Tasche aus meiner besonderen Trauerwohnung in die allgemeine hinaus, gab dem Manne rasch die Hand und stieg die Treppe hinunter. Kaum war ich aber auf dem Flur angelangt, so rief der Unhold von oben her meinen Namen und schrie: »Da, nehmen's den auch mit, der gehört Ihnen!« Gleichzeitig kollerte und polterte der Totenkopf die lange hölzerne Treppe herunter und schlug mir unsanft an die Fersen.
    Ich hob ihn auf; in der vorgerückten Dämmerung ließ er erbärmlich den Unterkiefer fallen, der in Drähten hing, und schien so zu bitten, ihn nicht zurückzulassen.
    »So komm mit«, sagte ich, »wir wollen wieder zusammen heimgehen! Es war eine merkwürdige Reise!«
    Ich zwängte den Schädel mit Mühe in die Wandertasche, wodurch diese ein unförmliches Aussehen gewann, wie wenn ein Kommißbrot oder ein Kohlkopf darinsteckte.
    Nun hatte ich noch ein einziges Geschäft zu verrichten, das mir nicht leichtfiel. Seit dem sonderbaren und unverhofften Liebesabenteuer mit Hulda war ein Sonnabend von mir unbenutzt verstrichen und jetzt eben der zweite da.
    Durch die Nachrichten des hochzeitreisenden Landsmannes sowie durch die erfahrenen Traumgesichte waren mir Mut und Lust zur Verwirklichung der tannhäuserlichen Glückspläne vergangen; und doch drängte mich jetzt ein Gefühl von warmer Dankbarkeit, selbst von zärtlicher Zuneigung und Erinnerung, nicht ohne ein Wort des Abschiedes, der Verständigung davonzugehen. Ich hoffte, das süße und ehrenwerte Geschöpf mit dem Geständnisse, daß ich kein Handwerksgeselle, sondern ein verarmter Künstler sei, der nicht wisse, was noch aus ihm werden solle, und vorerst das Land verlassen müsse, unschwer von seinen Gedanken abzubringen, über den abermaligen

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