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Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Titel: Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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klein, um ihre Last zu halten, und erfüllt ganz und gar nicht den Zweck, für den sie vermutlich entworfen wurde. Der Psychologe wundert sich unvermittelt über die papierene Geschmacklosigkeit der Waffeltüte und darüber, dass das kindliche Versprechen, daran lecken und sie am Ende aufessen zu können – obwohl sie geruchs- und geschmacksfrei ist –, das gemütliche Geschäft des Eisessens in eine dringende Mission verwandelt, in einen Wettlauf gegen die Zeit, einen verzweifelten Kampf gegen das drohende Dahinschmelzen, das Tropfen, die Flecken. Wünsche machen die Menschen verrückt, denkt er. Doch das Mädchen – welches inzwischen den linken Arm zu Hilfe genommen, die Kugel auf die Waffel zurückgesetzt und auf dem krümelnden Rand festgedrückt hat – wird Jahre später wieder Eis in einer Waffeltüte bestellen, und sie wird es mit der Zunge umkreisen und attackieren, und wie aus dem Nichts wird ein merkwürdig übermütiges Gefühl in ihr aufsteigen, wenn sie sich anschickt, das Schokoladenrinnsal abzulecken, das ihr über die Hand läuft.
    Er wendet sich wieder seinen Papieren zu. Das Ganze hat eine moralische Komponente, registriert er vage; vielleicht hegt sein Vier-Uhr-Termin widersprüchliche Gefühle gegenüber dem Strippen. Vielleicht ist ihre Weigerung zu tanzen Ausdruck dieser Widersprüchlichkeit. Schließlich kann man den Beitrag des Wieners nicht völlig ignorieren. In gewisser Weise mag ihr der Tanz zur Rebellion dienen, doch möglicherweise ebenso sehr auch die Verweigerung. Und bei seinem Versuch, ihr auf die Bühne zurückzuhelfen, unterdrückt er eventuell
eine gesunde Stimme in ihr, eine Stimme, die sie von diesem Leben abbringen will. Doch wer hat ihn zum Richter über sie und ihr Leben berufen? Hegen wir nicht alle ambivalente Gefühle, sind von zwiespältigen Empfindungen für unsere Arbeit erfüllt, weil wir sie so gut kennen und sie uns so vertraut ist, weil wir so sehr von ihr abhängen? Doch ist Stripperin ein Job wie jeder andere? Gibt es in diesem Fall nicht im Kern irgendwo eine dunkle Verstrickung? Die übliche Vorgehensweise bei der Behandlung von Angsterkrankungen erscheint ihm plötzlich unzureichend, trotz ihrer engmaschigen Logik, ihrer erwiesenen Wirksamkeit und des vernünftigen Preises. Dieses Wissen um die Grenzen der Behandlungsmethode nagt an seinem Bewusstsein. Um die innere Landschaft zu verstehen, müssen wir sie organisieren; doch Organisation widerspricht der chaotischen Natur dieser Landschaft. Je näher man dem Geheimnis kommt, desto schärfer wird der Blick. Und je schärfer der Blick, desto weniger versteht man. Je weniger man versteht, desto weniger wird man sehen können, denn wir können nicht verstehen, was wir nicht sehen. Und im gleichen Maß, wie die eigene Sicht schwächer wird, kommt man allmählich vom Kern des Themas ab.
    Der Psychologe lehnt sich in seinem Sessel zurück, seufzt und nimmt sich das Versprechen ab, später genauer über die Bedeutung dieser plötzlichen Erschöpfung nachzudenken. Er wirft einen Blick auf die quadratische goldene Uhr, die gegenüber auf dem Regal steht, ein Geschenk von Nina: Damit du dich an die Zeit erinnerst, die unsere war. Es ist vier Uhr. Er steht auf und geht ins Wartezimmer. Sie sitzt da, die Beine übereinandergeschlagen, und blättert in einem Boulevardblatt. Sie wirkt auf ihn gleichzeitig verletzt und gefährlich, wie zerbrochenes Glas. Er geleitet sie ins Sprechzimmer.

    »Seit jenem ersten Mal im Club, hatten Sie da noch einmal eine Panikattacke?«
    Sie zögert. »Nun, einmal eigentlich. Ich war im Supermarkt einkaufen. Ich bin mit meinem Einkaufswagen herumgegangen. Es war voll. Überall waren eine Menge Leute. Wie auch immer, plötzlich wurde mir schwindlig, alles begann sich zu drehen. Die Lichter, die Leute um mich herum, die ganzen Sachen in den Regalen, die Dosen, die Farben; mein Herz begann so heftig zu klopfen, dass ich dachte, jeder könne es hören; alle sahen mich an. Ich dachte, ich hätte dort auf der Stelle einen Herzinfarkt. Ich hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Ich verlor die Kontrolle, ich ließ meinen Wagen stehen, einfach so, mitten im Gang, mit dem ganzen Zeug darin, und rannte hinaus.«
    »Und dann?«
    »Ich setzte mich ins Auto. Nach einer halben Stunde hatte ich mich beruhigt. Ich fuhr nach Hause.«
    »Gut«, sagte er. »Sie haben recht. Das war eine weitere Panikattacke, wie die, die Sie im Club hatten. Panikattacken sind ein verbreitetes Phänomen; sehr unangenehm, wie

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