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Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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du in das Ränzlein zu thun gedenkst. Ich habe dir einen weichen feinen Lederkoffer gekauft, wie du einmal gesagt hast, daß sie dir so gefallen. - Aber wo willst du denn hin, Victor?«
    »Einpaken.«
    »Mein Gott, Kind, du hast ja noch nicht gegessen. Warte nur ein Weilchen. Jetzt wird es wohl schon warm sein.«
    Victor wartete. Sie ging hinaus und brachte zwei Töpfchen, eine Schale, eine Tasse und ein Stük Milchbrod auf einem runden, reinen messingberänderten Brette herein. Sie stellte alles nieder, schenkte ein, kostete, ob es gut und gehörig warm sei, und schob dann das Ganze vor den Jüngling hin, es dem Dufte der Dinge überlassend, ob er ihn anloken werde oder nicht. Und in der That: ihre Erfahrung täuschte sie nicht; denn der Jüngling, der Anfangs nur ein wenig zu kosten begann, sezte sich endlich wieder nieder, und aß mit all dem guten Behagen und Gedeihen, das so sehr der Jugend eigen ist.
    Sie war indessen allgemach fertig geworden, und ihre Abwischtücher zusammenlegend, schaute sie zu Zeiten freundlich und lächelnd auf ihn hin. Als er endlich alles Hereingebrachte verzehrt hatte, gab sie dem Spiz noch die kleinen Ueberreste, die da waren, und trug dann das Geschirr wieder in die Küche hinaus, daß es von der Magd gereinigt werde, wenn sie nach Hause komme; denn dieselbe war auf den Kirchenplaz des Thales hinaus gegangen, um manche Bedürfnisse für den heutigen Tag einzukaufen.
    Als sie wieder von der Küche herein gekommen war, stellte sich die Frau vor Victor hin, und sagte: »Jetzt hast du dich erquikt, und nun höre mich an. Wenn ich wirklich deine Mutter wäre, wie du mich immer nennst, so würde ich recht böse auf dich werden, Victor; denn siehe ich muß dir sagen, daß dein Wort groß Unrecht ist, welches du erst sagtest, daß dich nichts mehr freue. Du verstehst es jetzt nur noch nicht, wie unrecht es ist. Wenn es selbst etwas Trauriges wäre, das auf dich harrt, so solltest du ein solches Wort nicht sagen. Siehe mich an, Victor, ich bin jetzt bald siebenzig Jahre alt, und sage noch nicht, daß mich nichts mehr freue, weil einen alles, alles freuen muß, da die Welt so schön ist und noch immer schöner wird, je länger man lebt. Ich muß dir nur gestehen - und du wirst selber auf meine Erfahrung kommen, wenn du älter wirst - als ich achtzehn Jahre alt war, sagte ich auch alle Augenblicke, mich freut nichts mehr - ich sagte es nehmlich, wenn mir diejenige Freude versagt wurde, die ich mir gerade einbildete. Dann wünschte ich alle Zeit weg, welche mich noch von einer künftigen Freude trennte, und bedachte nicht, welch ein kostbares Gut die Zeit ist. Wenn man älter wird, lernt man die Dinge und Weile, welche auch noch immer kürzer wird, erst recht schäzen. Alles, was Gott sendet, ist schön, wenn man es auch nicht begreift - und wenn man nur recht nachdenkt, so sieht man, daß es blos lauter Freude ist, was er gibt; das Leid legen wir nur selber dazu. Hast du im Hereingehen nicht gesehen, wie der Sallat an der Holzplanke, von dem noch gestern kaum eine Spur war, heute schon aller hervor ist?«
    »Nein, ich habe es nicht gesehen,« antwortete Victor.
    »Ich habe ihn vor Sonnenaufgang angeschaut, und mich darüber gefreut,« sagte die Frau. »Ich werde es mir von nun an sogar so einrichten, daß kein Mensch von mir mehr sagen kann, er habe mich eine Thräne aus Schmerz weinen gesehen, wenn auch ein Schmerz käme, der doch wieder nur eine andere Art Freude ist. In meiner Jugend habe ich große, große, und heiße Schmerzen gehabt; aber sie sind alle zu meinem Wohle und zu meiner Besserung - oft sogar zu irdischem Glüke ausgefallen. Ich sage das alles, Victor, weil du bald fort gehst. Du solltest Gott sehr danken, mein Kind, daß du die jungen Glieder und den gesunden Körper hast, um hinaus gehen und alle die Freuden und Wonnen aufsuchen zu können, die nicht zu uns herein kommen. - - Siehe, du hast kein Vermögen - dein Vater hat von dem Mißgeschicke, das ihn hienieden traf, vieles selbst verschuldet, jenseits wird er wohl die ewige Seligkeit haben; denn er war ein guter Mann und hat immer ein weiches Herz gehabt, wie du. Als sie dich nach der Verordnung des Testamentes deines verstorbenen Vaters zu mir brachten, damit du bei mir lebest, und auf dem Dorfe für dich lernest, um was sie dich dann immer in der Stadt fragen würden, hattest du so viel als nichts. Aber du bist herangewachsen, und nun hast du sogar das Amt erhalten, um welches so viele geworben haben, und um welches sie

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