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Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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gestorben. - - Sei nicht traurig, Victor - gehe nun hinauf in deine Stube, und bringe alles in Ordnung. Die Kleider mußt du nicht auseinander reißen, sie liegen schon so, wie sie in den Koffer passen. Sei bei dem Hineinlegen sorgsam, daß nichts zu sehr verknittert wird. - So. - - Ehe du hinauf gehst, Victor, höre noch eine Bitte von deiner Ziehmutter: wenn du heute oder morgen noch mit Hanna zusammen triffst, so sage ihr ein gutes Wort; es ist nicht recht gewesen, daß ihr euch nicht immer gut vertragen habt! - So, Victor, gehe nun; denn ein Tag ist gar nicht so lange.«
    Der Jüngling sagte gar nichts auf diese Rede, sondern er stand auf, und ging hinaus, wie einer, dem das Herz in Wehmuth schwimmt. Und wie man oft bei innerer Bewegung in der äußern ungeschikt ist geschah es ihm auch, daß er die Schulter an die Fassung der Thür anstieß. Der Spiz ging mit ihm hinauf.
    Oben in seiner Stube, in der er nun so viele Jahre gewohnt hatte, war es erst recht traurig; denn nichts stand so, wie es in den Tagen der ruhig dauernden Gewohnheit gestanden war. Nur eines war noch so: der große Hollunderbusch, auf den seine Fenster hinaus sahen, und das rieselnde Wasser unten, das einen feinen zitternden Lichtschein auf die Deke seines Zimmers herauf sandte; die Berge waren noch, die sonnenhell schweigend und hüthend das Thal umstehen; und der Obstwald war noch, der im Grunde des Thales in Fülle und Dichte das Dorf umhüllt, und recht fruchtbar und segenbringend in der warmen Luft ruht, die zwischen die Berge geklemmt ist. Alles andere war anders. Die Laden und Fächer der Kästen waren heraus gerissen und leer, und ihr Inhalt lag außen auf ihnen herum: die blüthenweiße Linnenwäsche, nach Stüken geordnet - dann die Kleider, rein zusammen gelegt und in gehörige Stöße abgetheilt - andere Dinge, die theils in den Koffer gepakt werden sollten, theils in das Wanderränzchen gehörten, das schon geöffnet auf einem Sessel lag und wartete - auf dem Bette waren fremde Sachen, auf dem Boden stand der Koffer mit gelöstem Riemzeug und lagen zerrissene Papiere: nur die Taschenuhr, auf ihrem gewöhnlichen Plaze hängend, pikte, wie sonst, und nur die Bücher standen in den Schreinen, wie sonst, und harrten auf ihren Gebrauch.
    Victor sah das alles an, aber er that nichts. Statt einzupaken, sezte er sich auf einen Stuhl, der in der Eke des Zimmers stand, und drükte den Spiz an sein Herz. Dann blieb er sizen.
    Die Klänge der Thurmuhr kamen durch die offenen Fenster herein, wie sie die Stunde ausschlug, aber Victor wußte nicht, die wie vielte es sei - die Magd, welche zurük gekommen war, hörte man aus dem Garten herauf singen - auf den fernen Bergen glizzerte es zuweilen, als wenn ein blankes Silberstük oder ein Glastäfelchen dort läge - das Lichtzittern auf der Stubendeke hatte aufgehört, weil die Sonne schon zu hoch hinüber gegangen war - das Horn des Hirten war zu vernehmen, der auf den Bergen seine Thiere trieb - die Uhr schlug wieder: aber der Jüngling saß immer auf dem Stuhle und der Hund saß vor ihm und schaute ihn unbeweglich an.
    Endlich als er die Tritte seiner Mutter über die Treppe herauf hörte, sprang er plözlich auf und stürzte an sein Geschäft. Er riß die Flügel des Bücherkastens auseinander und begann schnell die Bücher stoßweise auf den Boden heraus zu legen. Die Frau aber stekte blos ein wenig den Kopf bei der gelüfteten Thür herein, und da sie ihn so beschäftigt sah, zog sie sich wieder zurük und ging auf den Zehen davon. Er aber, da er sich einmal in Thätigkeit gesezt hatte, blieb auch dabei und arbeitete feuereifrig fort.
    Alle Bücher wurden aus den zwei Bücherkästen heraus gethan, bis sie leer waren und die ledigen Fächer in das Zimmer starrten. Dann band er die Bücher in Stöße und legte sie in eine bereit stehende Kiste, deren Dekel er, als die Bücher untergebracht waren, fest schraubte und mit einer Aufschrift versah. Hierauf ging er an seine Papiere. Alle Fächer des Schreibtisches und der zwei andern Tische wurden heraus gezogen, und alle Schriften, die darin waren, Stük für Stük untersucht. Einiges wurde blos angeschaut und an bestimmten Stellen zum sofortigen Einpaken zusammen gelegt, anderes wurde gelesen, manches zerrissen und auf die Erde geworfen, und manches in die Rok- oder Brieftasche gelegt. Endlich, da auch alle Tischfächer leer waren und auf ihren Boden nichts zeigten, als den traurigen Staub, der die langen Jahre her hinein gerieselt war, und die

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