Der Hauch von Skandal (German Edition)
wieder versuchen, einen deiner Ehemänner zu verführen.“
„Das weiß ich zu schätzen, Lottie“, versicherte Joanna müde, als Lottie sich anschickte, die Kajüte zu verlassen. „Wir sehen uns dann beim Abendessen.“ Da sie es ohnehin mehrere Wochen lang auf demselben Schiff miteinander aushalten mussten, war es nur vernünftig, wenn sie versuchten, sich wieder auszusöhnen. John Hagan gegenüber jedoch wollte sie sich nicht so großzügig zeigen. Das wäre zu viel verlangt. Er hatte seine Bediensteten die Marmorblöcke auf das Schiff schleppen und im Laderaum verstauen lassen. Er steckte voller Pläne, wie der Marmor abgebaut werden sollte; Pläne, die Joanna sich einfach nicht anhören mochte.
Die See war ruhig. Joanna saß mit Max in ihrer Kajüte – eine wesentlich luxuriösere Kajüte, als die Sea Witch zu bieten hatte – und fragte sich, wie sie die langen Tage der Reise verbringen sollte, nachdem es nicht so aussah, als würde sie wieder seekrank werden. Es stimmt , ich bin ein seichtes Geschöpf. Ich kann gar nichts mit dem Alleinsein anfangen. Ich werde hier nur einfach herumsitzen und mich selbst bemitleiden. Wie gespenstisch.
Kurz vor dem Abendessen hörte Joanna plötzlich Schritte auf dem Flur, und schon ertönte Lotties aufgeregte Stimme: „Liebste Jo, komm schnell! Beeil dich, das musst du dir ansehen!“ Die Kajütentür flog auf, und da stand Lottie. Ihr Gesicht strahlte vor Aufregung, als sie Joannas Hände ergriff. „Es ist die Sea Witch ! Er ist gekommen, liebste Jo, ich wusste, dass er kommen würde!“
Joanna hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt. Sie wollte nicht hoffen, sie wagte es nicht. „Wer – er?“
„Alex natürlich.“ Lottie drückte begeistert ihre Hände. „Sie haben uns sehr schnell eingeholt, und ich glaube, sie wollen entern. Sie haben nicht einmal das Beiboot zu Wasser gelassen, sie haben ihr Schiff längsseits gebracht und werfen Taue aus wie echte Piraten! Captain Hallows ist wütend …“ Sie zog Joanna bereits ungeduldig mit sich. „Komm und sieh dir das an!“
An Deck herrschte ein Tumult wie bei einer Seeschlacht. Die Sea Witch lag so dicht neben der Raison , dass kaum noch eine Lücke zwischen den beiden Schiffen klaffte. Taue flogen von dem kleineren Schiff auf die Fregatte. Alex sprang hinterher, nahm sie auf und band die Schiffe aneinander. Dev half ihm dabei.
Captain Hallows war vor Wut ganz rot im Gesicht. „Sie sind ein verdammter Pirat, Purchase!“, brüllte er. „Sie sind gemeingefährlich, dafür werden Sie hängen!“ Er drehte sich zu Alex um. „Und Sie, Grant, Sie können nicht einfach mein Schiff entern. Die Admiralität wird davon erfahren und Ihnen nie wieder einen Auftrag erteilen. Man wird Sie vors Marinegericht bringen.“ Aufgebracht sah er Dev an, der so sehr lachte, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. „Das gilt auch für Sie, Devlin. Keinerlei Disziplin, das ist Ihr Problem. Sie sind alle eine Horde Piraten, und Sie werden alle hängen.“
„Dann sollte ich mir jetzt lieber holen, wofür ich gekommen bin, und Sie nicht weiter belästigen, Hallows.“ Alex drehte sich um und sah Joanna an. Ihr Herz klopfte plötzlich zum Zerspringen, als er zielstrebig auf sie zukam.
„Was machst du hier?“, fragte sie mit bebender Stimme. „Ich laufe vor dir weg, du kannst nicht so einfach hinterherkommen!“
„Das kann ich, und das habe ich.“ Alex lächelte unvermittelt, und ein winziger Hoffnungsfunke glomm in ihr auf. „Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du mich noch liebst“, sagte er.
Alle, die um sie herumstanden, hielten gleichzeitig den Atem an.
„Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich dir vor all diesen Leuten eine Liebeserklärung mache“, wandte sie schwach ein. „Das gehört sich nicht.“
„O doch, das erwarte ich.“ Er wartete. Alle sahen Joanna an. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe. „Joanna“, sprach Alex weiter, „Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben. Ich würde für dich bis ans Ende der Welt gehen.“ Er lächelte, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. „Nur damit das geklärt ist.“
Donnernder Applaus brandete auf.
„Gut gemacht, Alex!“, rief Dev.
„Vielen Dank.“ Wieder lächelte er dieses sorglose Abenteurerlächeln, an das Joanna sich so gut erinnerte, und ihr Herz geriet erneut ins Stolpern. „So, und nun komm mit mir, ehe Hallows uns alle erschießt.“
Er hob sie auf die Arme. Joanna spürte die
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