Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
Armagh, Irland (A.D. 1135)
Am Rand von Ard Macha, dessen uralte Hänge den Namen einer Kriegsgöttin trugen, wartete eine Gruppe von Männern. Sie standen eng beieinander vor den Portalen der Kathedrale und spähten angestrengt in den Nebel, der den Gipfel des Hügels einhüllte. Goldenes Licht begann den Dunstschleier aufzulösen, die Denkmäler der Heiligen auf dem Friedhof waren bereits zu erkennen, doch die Stadt Armagh unter ihnen lag weiterhin unter einem dichten, weichen Schleier.
Eine Krähe flog von einer der Eichen auf, die den Zugang zu der Kathedrale bewachten, das Flattern ihrer Flügel zerriss die Stille. Die Augen der Gruppe schossen in Richtung des Vogels und blieben auf einer Gestalt haften, die sich aus dem Nebel löste. Es war ein Mann in einem schwarzen Gewand mit Kapuze, das um seinen hageren Körper schlotterte. Als er auf sie zukam, schlossen sich ihre Hände fester um ihre Waffen. Einige der jüngeren Männer scharrten unbehaglich mit den Füßen, doch einer in der Mitte der Gruppe – breit wie ein Ochse, mit einem harten, zerfurchten Gesicht – drängte sich durch die Reihen nach vorn durch. Niall mac Edan starrte an der sich nähernden Gestalt vorbei in die bernsteinfarbene Dämmerung. Einen Moment später kam hinter dem Mann etwas Großes in Sicht: ein von einem Maultier gezogener Karren. Zwei Männer in schwarzen Kutten führten das Tier am Zügel. Nialls Augen verengten sich vor Erwartung, aber es war keine weitere Bewegung mehr auszumachen. Wie befohlen war Malachias allein gekommen.
Die Männer mit dem Karren machten am Rand des Friedhofs Halt, während Malachias weiter den Hang emporstieg. Der Saum seines schwarzen Ordensgewandes schlug gegen seine nackten Füße. Auf seinem Kopf war eine von der Julisonne rot verbrannte Tonsur ausrasiert. Sein Gesicht wirkte ausgezehrt, die Haut spannte sich über den Wangenknochen und hing schlaff in den Augenhöhlen. Niall spürte die Anspannung seiner Männer, sah, wie einige von ihnen unmerklich zurückwichen. Als Malachias letzten Monat auf diesen Hügel gekommen war und versucht hatte, die Kathedrale zu betreten, hatte er eine Armee mitgebracht, und es war Blut geflossen. Aber Niall wusste, dass es nicht die Erinnerung an die gewaltsame Auseinandersetzung war, die seine Männer nervös machte. Sie wären ruhiger, wenn sie es mit Speeren und Äxten zu tun hätten statt mit diesem einsamen spindeldürren Mann, dessen Füße zahlreiche Schwielen aufwiesen, weil er seit Jahren durch das Land wanderte und das Wort Gottes predigte. Sie alle hatten die Geschichten über ihn gehört.
Es hieß, dass Malachias einst einen Mann, der ihn verleumdet haben sollte, mit einem Fluch belegt hatte, einem Fluch, der die Zunge des Unglücklichen anschwellen, verfaulen und von Würmern wimmeln ließ. Nachdem er sieben Tage lang die Maden erbrochen hatte, die seinen Mund füllten, war der Mann gestorben. Eine Frau, die Malachias während einer Predigt scharf angegriffen hatte, war Berichten zufolge hinterher zusammengebrochen und von so heftigen Krämpfen geschüttelt worden, dass sie ihre Zunge verschluckt hatte. Es hieß, er wäre imstande, Pestilenz zu heilen und sie die Menschen befallen zu lassen, dafür zu sorgen, dass die Flüsse über die Ufer traten und das Land überschwemmten, und man glaubte allgemein, der Zorn des Herrn würde jeden treffen, der es wagte, sich gegen ihn zu stellen.
Trotzdem sah Niall mac Edan ihm furchtlos entgegen und machte sich nicht die Mühe, sein Schwert zu ziehen. Er verwehrte Malachias nun schon seit zehn Monaten den Zutritt zu Armagh und seiner Kathedrale, und bislang hatte ihn noch kein Unheil getroffen. Sein Blick wanderte zu dem Karren. Sogar aus der Entfernung konnte er erkennen, dass er mit Truhen beladen war. Der Anblick bestärkte ihn in seiner Zuversicht. Nur ein gewöhnlicher Sterblicher, fehlbar wie alle Nachkommen Adams, musste zu Bestechung greifen, um zu bekommen, was er wollte. Er bedeutete seinen Männern, zur Seite zu treten, als Malachias, Erzbischof von Armagh, näher kam.
Malachias beobachtete, wie die Männer vor ihm den Weg für ihn freigaben. Die Türen der Kathedrale hinter ihnen standen offen. Der nebelumwaberte Ard Macha war ihm vertraut. Er war vor fast vierzig Jahren in dieser Stadt geboren worden und mit dem Blick auf ihre grünen Hänge zum Mann herangewachsen – die Hügel, auf denen der heilige Patrick seine Kirche errichtet hatte. Die steinerne Kathedrale hatte sich seit seiner Kindheit
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