Der Healing Code
Kernkategorie Integrität am meisten Probleme — besonders Menschen,
die emotionalen Missbrauch, Perfektionismus oder enge religiöse Erziehung
erfahren haben. Schuldgefühle, Scham und Angst stellen hier gewaltige Probleme
dar. Dies war immer ein riesiges Thema auch in meinem Leben, da ich in einem
liebevollen Elternhaus groß wurde, aber mit starren religiösen Grundsätzen. Ich
brauchte Jahrzehnte, um mich von meiner religiösen Erziehung zu erholen.
Ich erinnere mich noch lebhaft
an die Predigt eines Predigers der alten Schule. Ich war zwölf Jahre alt, und
in der Predigt ging es um die Hölle mit Fegefeuer und Schwefel und allem Drum
und Dran. Irgendwann begann der Prediger, auf sein Stehpult einzuhämmern (was
das Mikrophon scheppern ließ) und mit finsterem Blick immer wieder dieselben
beiden Worte zu wiederholen, und das drei oder vier Minuten lang: «Keine
Hoffnung. Keine Hoffnung. Keine Hoffnung. Keine Hoffnung.» Jedes Mal, wenn
seine Faust auf das Stehpult niedersauste und diese Worte mein Herz
durchbohrten, sank ich noch tiefer in meinem Sitz zusammen. Als der
Gottesdienst endlich vorüber war und wir aufstanden, konnte ich kaum noch
laufen. Als wir im Auto saßen, schnallte ich mich sofort an und bat meinen
Vater, vorsichtig zu fahren. Das war zu einer Zeit, als sich kein Mensch
anschnallte. Und tatsächlich: Meine Eltern sahen mich an, als wäre ich verrückt
geworden.
Ich wurde tagelang von den
Höllenbildern aus dieser Predigt verfolgt, bis ich es nicht mehr aushielt und
vor lauter Angst Jesus anflehte, mir zu helfen. Ob Sie es glauben oder nicht,
die Predigt wurde berühmt, und ich fand sie Jahre später auf einer
Schallplatte. Ich besitze sie noch heute. Noch Jahrzehnte später überrollte
mich, wenn ich etwas tat, das ich als sündhaft oder
verwerflich betrachtete, eine ungeheure Welle von Schuldgefühlen, Angst und
Scham. Ich verknüpfte es nicht mit der Keine-Hoffnung-Predigt. Ich hatte
einfach das Gefühl, dass ich schlecht und nichtsnutzig war. Das übertrug sich
auch auf meine Beziehung zu Gott, Freunden, Lehrern und später Mädchen.
Schuldgefühle, Angst und Scham können absolut
vernichtend sein.
Neben dem seelischen Aufruhr
versetzen derlei Gefühle unseren Körper in einen ungeheuren Stresszustand.
Überwältigend viele Menschen, deren Probleme in diese Kernkategorie fallen,
sind Perfektionisten. Das ist tückisch, weil viele Menschen, die mit
Perfektionismus zu kämpfen haben, diesen eigentlich für eine gute,
bewundernswerte Eigenschaft halten, ähnlich wie ein Workaholic zu sein.
Workaholics werden oft für ihre harte Arbeit gelobt, daher lässt sich nicht so
leicht erkennen, dass das, was sie treiben, ziemlich ungesund ist.
Traceys Perfektionismus
forderte immer, dass sie perfekt sein oder dem so nah wie möglich kommen
sollte, damit sie geliebt wurde. Während sie aufwuchs, erfuhr sie Lob, Wärme
und Zustimmung, wenn sie etwas richtig machte; aber wenn sie versagte, musste
sie oft strenge Kritik und Strafen hinnehmen — manchmal bei den lächerlichsten
Anlässen. Tracey verknüpfte also Geliebtwerden mit
etwas «richtig Machen ». Das Problem ist nur, dass
selbst die Besten von uns häufig etwas verbocken und vermasseln. Traceys
Selbstwertgefühl litt, sobald sie etwas vergeigte, selbst wenn sie die zwanzig
Dinge davor richtig gemacht hatte: Es warf sie vollkommen aus der Bahn. Dies
trug wesentlich zu ihrer Depression bei. Sie versuchte jahrzehntelang, perfekt
zu sein, schaffte es jedoch nie wirklich (obwohl sie dem schon sehr nahe kam).
Schließlich verwandelte sich dieses Gefühl in Verzweiflung und erstaunlicherweise
in die Überzeugung, dass sie nicht gut genug war. Warum «erstaunlicherweise»?
Vor einigen Jahren beichteten
Tracey und ich uns unsere größten Sünden und Verfehlungen. Während ich meine
ellenlange Liste nur so herunterrasselte, brach Tracy fast in Tränen aus, als
sie mir ihre allergrößte Sünde bekannte. Als kleines Mädchen war sie einmal mit
ihrem Vater in den Baumarkt gegangen; als sie bezahlten, sah sie an der Kasse
diese kleinen Täschchen, in denen Nägel verkauft werden. Sofort dachte sie,
dass sie sich gut für das Aufbewahren des Drum und Dran ihrer Barbiepuppe
eignen würden. Sie streckte die Hand aus, ergriff eines und versteckte es unter
ihrem Mantel. Als sie und ihr Vater das Auto erreichten, war sie bereits von
Schuldgefühlen zerfressen und gestand ihm ihr Vergehen. Sie kehrte in den Laden
zurück und legte das Täschchen wieder an
Weitere Kostenlose Bücher