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Der Heiler

Der Heiler

Titel: Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antti Tuomainen
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Gesicht lag sofort die steife Maske des Schmerzes. Die gebrochene Hand legte er auf die Brust. Mit der gesunden zog er die Waffe aus dem Gürtel und steckte sie mir zu. Ohne etwas zu sagen oder irgendwie darüber nachzudenken, ergriff ich sie und rannte weiter.
    Tarkiainen sprang auf die Schienen. Ich folgte ihm, ließ mich vom Bahnsteig fallen und spürte, wie meine Muskeln sich schon verhärtet hatten durch die plötzliche Anstrengung. Ich landete nicht elastisch, sondern plumpste schwankend auf den Boden. Ich hielt mich jedoch aufrecht, hörte eine metallische Stimme, die die abfahrenden und ankommenden Züge ansagte, und spürte sanften Regen auf meiner Haut. Die gläsernen, schwarzen Wände der Bürohäuser links von uns glänzten in der Ferne.
    Tarkiainen hatte einen Vorsprung, und ich keuchte ihm hinterher. Er näherte sich dem Stadtteil Linnunlaulu. Die Waffe lag schwer in meiner Hand, mit jedem Schritt wurde sie schwerer. Ich fand meinen Laufrhythmus und passte meine Schritte den Bahnschwellen an. Tarkiainens Rücken wurde immer größer vor meinen Augen. Der Regen, die dunkle Nacht und die fahle Beleuchtung machten den Anblick unscharf, verschwommen. Strommasten überragten mit ihren Querbalken unsere Köpfe wie unfertige Dachkonstruktionen.
    Die kalte, feuchte Luft zerriss mir beim Einatmen Hals und Brust. Als wir uns der Brücke von Linnunlaulu näherten, der Gleisbereich schmaler wurde und durch eine Felseinbuchtung führte, wurden meine Füße plötzlich schwer. Rechts ratterte ein Nahverkehrszug an uns vorbei, das Gleis auf der linken Seite glänzte einsam und leer.
    Mein Abstand zu Tarkiainen betrug nur noch etwa fünfzehn Meter. Aber meine Füße waren wie Blei, und ich wurde immer langsamer. Ich spürte das Gewicht der Pistole in meiner rechten Hand und fasste einen Entschluss. Ich entsicherte, so wie Ahti es mir gezeigt hatte, reckte den Arm zum Himmel und drückte ab.
    Tarkiainen erschrak, verlor das Gleichgewicht und stolperte über seine eigenen Füße. Er blickte sich um. Ich war außerstande, etwas zu sagen, zielte nur mit der Waffe auf ihn. Er blieb endgültig stehen, während ich nach Luft schnappte und mich darauf konzentrierte, die Waffe ausgestreckt vor mir zu halten und aufrecht zu stehen.
    Ich war so fertig, ich wollte mich nach vorn beugen, die Arme auf die Knie stützen oder mich ausstrecken, vielleicht auf den Rücken legen. Tarkiainen war aus irgendeinem Grund nicht so außer Atem.
    Â»Du musst Johannas Mann sein«, sagte er und wirkte kein bisschen überrascht.
    Ich nickte, versuchte ruhig zu atmen und hielt weiter die Waffe ausgestreckt, obwohl sie unendlich schwer und meine Hand schon fast abgestorben war. Ich machte kurze Schritte in Tarkiainens Richtung. Nicht, weil ich ihm unbedingt näher kommen wollte, sondern weil die Bewegung weniger schmerzte und die Muskeln weniger beanspruchte als das Stillstehen.
    Â»Was willst du?«, fragte er. »Mich erschießen?«
    Ich nahm alle Willenskraft zusammen, um mein Keuchen einen Moment lang zu unterdrücken.
    Â»Wenn es sein muss«, sagte ich und sog gierig die Luft ein.
    Ich stand jetzt fünf, sechs Meter von ihm entfernt. Rechts raste der zweite Zug an uns vorbei, der Boden bebte, meine Füße zitterten, das Rattern dröhnte dumpf durch den Brustkorb.
    Â»Du solltest dich mal hören«, sagte Tarkiainen und wiederholte meine Worte: »Wenn es sein muss.«
    Sein Gesicht glänzte feucht, sah aber ansonsten aus wie auf den Fotos, die ich kannte, sehnig und energisch, sogar schön. Sein Blick war intelligent und ausgeglichen, das Haar kurz und gepflegt. Auch sein halblanger Mantel, das Hemd, die Jeans und die Stadtturnschuhe waren äußerst stilvoll. So, wie er da auf den Schienen stand, wirkte er wie ein Model bei einem Shooting, bei dem schöne Menschen in eine hässliche Umgebung gestellt werden: verlassene Fabrikhallen, alte Werkstätten oder, wie jetzt, auf nächtliche Rangiergleise.
    Mein Atem beruhigte sich langsam. Im Oberschenkel pochte es, und meine rechte Hand mit der Waffe war taub.
    Â»Du weißt, was ich suche«, sagte ich.
    Tarkiainen erwiderte nichts.
    Â»Johanna«, fuhr ich fort und wischte mir mit der freien Hand Schweiß und Regen von den Augenlidern.
    Seine Miene blieb unverändert. »Väntinen hast du anscheinend schon gefunden«, sagte er, und ich merkte, dass er dabei

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