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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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hinter sich und erfasste
Marias Arm. Noch ehe Cordt begriff, was geschah, entriss er Catharina das Kind.
Zum Entsetzen der Anwesenden presste er Maria an sich und schwenkte frohlockend
ihren Arm.
    »Was sagt Ihr nun,
Meister Rampendahl?«, fragte er lauernd. »Wollt Ihr mich noch immer aufspießen,
oder kommt Ihr nicht umhin zu bekennen, dass dies die Male des Leibhaftigen
sind?«
    Triumphierend,
endlich einen Beweis teuflischer Macht in seinen Händen zu halten, präsentierte
er Marias Verletzungen und schaute reihum in die erschrockenen Gesichter.
    »Sie ist eine
Schülerin ihres Hexenmeisters, der auf dem Friedhof Kinderleichen ausgrub, sie
verbrannte und deren Asche mit klein geschnittenen Kinderherzen zu einer
geheimen Zaubersalbe vermischte. Mit ihr bestrichen er und seine
Zauberlehrlinge Rachen und Rücken der Kühe, auf dass deren Milch für ewig
versiege. Dies belegen die Male an ihrem Arm nur allzu deutlich!«
    Zähneknirschend
senkte Cordt den Degen. Er hatte den Stadtsekretär unterschätzt.
    »Teufel, Ihr lasst
sofort meine Tochter los, oder Ihr werdet an höherer Stelle von mir hören!«
    »Ihr droht mir mit
dem Grafen?« Berner verzog verächtlich die Mundwinkel.
    Cordt sah ein, dass
Berner auf diese Weise nicht beizukommen war. »Eines Tages werde ich Euch im
Rat gegenübersitzen, Johannes Berner. Vergesst nie, dass Eure Tage und die
Eures Herrn, des Blutrichters, gezählt sind. Wenn Ihr dann noch die Kraft dazu
habt, bringt Euren dürren Hals ja vor mir in Sicherheit, verdammter
Leuteschinder!« Auffordernd deutete er mit der Degenspitze zur Tür. »Gott wird
Euch für Eure Sünden strafen. Ich werde mir meinen Bäckerjungen zurückholen.
Und wenn Ihr jetzt nicht augenblicklich Eurer knochiges Hinterteil aus meiner
Stube schafft …«, drohte er und spürte, wie Berners eingefrorenes Grinsen sein
Blut erneut in Wallung versetzte. Gleichfalls starrte er voller Angst auf seine
Tochter, die in Berners Armen nach Luft ringend heiser röchelte.
    »Euer
Hochwohlgeboren, gern will ich Reue und Buße tun. Der Herr ist mein Zeuge, die
Wunden stammen von den bösen Kindern aus Lindemanns Haus, nicht vom Teufel!«
Sie richtete die hervorquellenden Augäpfel flehentlich auf den Vater und
beschwor ihn mit ihrem Blick, vernünftig zu handeln.
    Verblüfft lockerte
Berner die Umklammerung. Augenblicklich erkannte Maria ihre Chance, entwand
sich seinem Griff und flüchtete sich in die Arme des Vaters, wo sie befreit
aufatmete. Dann drehte sie dem verhassten Mann das Gesicht zu und richtete
trotzig die blauen Augen auf ihn: »Der Schulmeister hat uns die Vorteile von
Kräutern gelehrt und uns gezeigt, wie man daraus Tee gegen Husten und Salbe
gegen Läuse zubereitet. Gott ist mein Zeuge, daran ist nichts Frevelhaftes. Er
ist kein Zauberer, und ich bin keine Hexe. Aber Ihr, Herr, Ihr seid es, der den
Teufel im Leibe trägt!«
    Berner wurde
dunkelrot. Seine geschminkten Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen.
Dieses dumme kleine Luder wagte es tatsächlich, sich ihm, Johannes Berner,
entgegenzustellen? Entrüstet schnappte er nach Luft und griff sich mit einer
Hand an die Brust. Aber die Schwäche währte nur einen Augenblick, dann atmete
er tief durch und gab den Knechten das Zeichen zum Eingreifen.
    Als hätten die
Stadtdiener nur darauf gewartet, schulterten sie ihre Flinten und richteten sie
drohend auf Vater und Tochter. Der Deche schäumte erneut vor Wut. Brüllend warf
er sich ihnen entgegen, doch ein harter Schlag mit dem Gewehrkolben vor die
Brust beförderte ihn zurück an die Wand. Er strauchelte, dann quoll Blut aus
seinem Mundwinkel. Catharina schrie leise auf und stürzte zu ihm. Die
Demütigung hatte seine Züge dermaßen verzerrt, dass sie das Schlimmste
befürchtete. Weinend schlang sie die weißen Arme um seine breiten Schultern, um
ihn vor weiteren Dummheiten zu bewahren. Während er sich mit dem Handrücken das
Blut vom Gesicht wischte, machte Cordt tatsächlich Anstalten, sich wieder auf
Berner zu stürzen.
    Andreas hatte die
Szene aus dem Hintergrund erschrocken mit verfolgt. Er war kein Pfarrer der
ängstlichen Sorte, ganz im Gegenteil: Im Ernstfall vermochte er sogar
meisterhaft den Degen zu schwingen. In manchen Dingen forderte der Herr zwar
Zurückhaltung von ihm, doch diese galt nur so lange, wie sich ein Freund nicht
in ernsthaften Schwierigkeiten befand. Als er Cordt auf dem Boden liegen sah,
schickte er mit den Augen ein Vaterunser zur Deckenwölbung, bekreuzigte sich
und

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