Sanft berührt – und schon verführt?
1. KAPITEL
Kieran Wolff stand auf der vorderen Veranda des kleinen gelben Hauses und blickte nachdenklich vor sich hin. Aus der Ferne waren fröhliche Kinderstimmen und das Geräusch eines Rasenmähers zu hören. Offenbar lebten in dieser Gegend von Santa Monica ganz normale Familien. Und auch Olivia wohnte hier, wie er endlich herausgefunden hatte.
Das musste nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben. Der Artikel, den er aus der Zeitung seines Vaters ausgeschnitten hatte, brannte wie Feuer in seiner Hosentasche. Er brauchte ihn nicht noch einmal zu lesen, denn die Worte würde er nie vergessen.
Die Oscar-Gewinner Javier und Lolita Delgado veranstalteten aus Anlass des fünften Geburtstages ihrer Enkelin eine extravagante Party. Das berühmte Paar, das zu den letzten großen Stars Hollywoods gehört, hatte dazu jeden eingeladen, der sich in der Filmindustrie einen Namen gemacht hat. Die kleine Cammie schien sich gut zu amüsieren. Sie war die Hauptperson des Abends und genoss das Ponyreiten und die Luftballons. Lediglich Kaviar wurde beim Nachmittagsbuffet nicht serviert. Olivia Delgado, die Mutter des Mädchens, hielt sich wie üblich im Hintergrund. Allerdings wurde sie hin und wieder mit dem Nachwuchsstar Jeremy Vargas gesehen.
Immer wieder musste Kieran an die Kleine denken. Zeitlich könnte es hinkommen. Aber das allein war noch kein Beweis dafür, dass Cammie sein Kind war.
Plötzlich und unerwartet stieg heiße Wut in ihm auf, gleichzeitig aber auch tiefes Bedauern. Das war alles so verwirrend! Wie sehr hatte er sich bemüht, Olivia zu vergessen. Die Zeit mit ihr war kurz, aber dafür außergewöhnlich gewesen. Er hatte sie mit einer Leidenschaft geliebt, zu der nur ein junger Mann fähig war.
Konnte es also wahr sein? Wieder einmal zog er den zerknitterten Zeitungsausschnitt aus der Tasche und starrte auf das unscharfe schwarzweiße Foto. Das Gesicht des Kindes lag im Schatten. War dies seine Tochter?
Seine Finger bebten, als er das Papier zurück in die Tasche steckte. Erst vor weniger als drei Tagen war er aus dem Nahen Osten zurückgekommen. Immer noch litt er unter dem Jetlag. Auch wenn die Trennung von Olivia nicht gut gelaufen war, konnte er sich nicht vorstellen, dass sie die Schwangerschaft vor ihm verheimlicht hätte.
Als er den Artikel mehr oder weniger zufällig im Büro seines Vaters entdeckt hatte, hatte er ohne nachzudenken sofort seine Pläne geändert. Anstatt an dem lange geplanten Familientreffen in den Bergen von Virginia teilzunehmen, hatte er sich direkt wieder verabschiedet und die nächste Maschine nach Kalifornien genommen. Und nun stand er hier vor Olivias Tür, nervös und aufgeregt, und drückte mit zitterndem Zeigefinger auf den Klingelknopf.
Als die Tür aufging, straffte er die Schultern und setzte ein ironisches Lächeln auf. „Hallo, Olivia.“
Die Frau, die ihm gegenüberstand und ihn aus großen braunen Augen fassungslos anstarrte, hätte selbst ein Filmstar sein können. Sie ähnelte ihrer exotisch aussehenden Mutter sehr, wirkte nur auf eine sanftere Weise schön. Die zarte Haut war von der Sonne gebräunt, das rotbraune Haar fiel ihr voll und weich auf die Schultern. Vor Überraschung hatte sie die vollen Lippen leicht geöffnet. Als sie ihn erblickte, wich alle Farbe aus ihrem Gesicht.
Das registrierte Kieran voll Genugtuung. Denn so sehr er sich auch dafür schämte, er konnte dem Zwang nicht widerstehen, ihr wehzutun. „Darf ich hereinkommen?“
Nervös befeuchtete sie sich mit der Zunge die Lippen, die pochende Ader an ihrem Hals verriet, dass ihr Puls raste. „Warum bist du gekommen?“ Sie bemühte sich sichtlich, Haltung zu bewahren, aber Kieran konnte sehen, dass es ihr nicht leicht fiel.
„Ich hatte Lust, dich wiederzusehen und alte Erinnerungen aufzufrischen. Sechs Jahre sind eine lange Zeit.“
Sie rührte sich nicht. „Ich habe keine Zeit“, sagte sie abweisend. „Ich muss arbeiten. Es passt mir jetzt nicht.“
Ihr Versuch, ihn abzuwimmeln, hätte ihn amüsiert, wenn er nicht schon bei ihrem Anblick die alte Erregung gespürt hätte. Diese vollen Brüste, die sich unter dem weißen Top abzeichneten … Er konnte den Blick nicht davon lösen. Jedem gesunden Mann zwischen sechzehn und siebzig wäre es genauso gegangen. Ihr Körper schien ihm noch verführerischer zu sein als früher.
Sanft, aber bestimmt drückte er die Tür auf. „Dir passt es vielleicht nicht, aber mir. Sogar sehr gut.“
Unwillkürlich machte sie ein paar Schritte
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