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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Alles, was geschehen war, seit Bilbo das Auenland verlassen hatte, zog ihm durch den Sinn, und er bedachte alle Worte Gandalfs, an die er sich erinnern konnte. Die Zeit verging, und er war einer Entscheidung noch nicht näher gekommen.
    Plötzlich fuhr er aus seinen Gedanken auf. Ein merkwürdiges Gefühl hatte ihn überkommen, dass etwas hinter ihm sei, dass unfreundliche Augen ihn betrachteten. Er sprang auf und wandte sich um: Aber zu seiner Überraschung sah er nur Boromir, der lächelte und ein freundliches Gesicht machte.
    »Ich hatte Angst um dich, Frodo«, sagte er und kam näher. »Wenn Aragorn recht hat und Orks in der Gegend sind, dann sollte keiner von uns allein wandern, und du am allerwenigsten: So viel hängt von dir ab. Und auch mir ist das Herz schwer. Darf ich jetzt hierbleiben und mich ein wenig mit dir unterhalten, da ich dich gefunden habe? Es würde mir wohltun. Wenn so viele da sind, muss jedes Gespräch zu einem Wortstreit ohne Ende führen. Aber wir zwei zusammen können vielleicht zu einer Einsicht gelangen.«
    »Du bist sehr freundlich«, antwortete Frodo. »Aber ich glaube nicht, dass Reden mir helfen wird. Denn ich weiß, was ich tun sollte, aber ich habe Angst, es zu tun, Boromir. Ich habe Angst.«
    Boromir stand schweigend da. Der Rauros dröhnte endlos. Der Wind murmelte in den Zweigen der Bäume. Frodo fröstelte.
    Plötzlich kam Boromir und setzte sich neben ihn. »Bist du sicher, dass du dich nicht unnötig quälst?«, fragte er. »Ich möchte dir gern helfen. Du brauchst Rat bei deinem Entschluss. Willst du nicht meinen annehmen?«
    »Ich glaube, ich weiß schon, welchen Rat du geben würdest, Boromir«, sagte Frodo. »Und er würde mir weise vorkommen, wenn mein Herz mich nicht warnte.«
    »Warnte? Wovor warnte?«, fragte Boromir scharf.
    »Vor Aufschub. Vor dem Weg, der einfacher zu sein scheint. Davor, dass ich mich der Bürde, die mir auferlegt ist, entledigen könnte. Vor – nun ja,wenn es gesagt werden muss, vor dem Vertrauen auf die Stärke und Wahrhaftigkeit von Menschen.«
    »Doch hat diese Stärke euch lange beschützt in eurem fernen kleinen Land, obschon ihr es nicht wusstet.«
    »Ich zweifle nicht an der Tapferkeit deines Volkes. Aber die Welt wandelt sich. Die Mauern von Minas Tirith mögen stark sein, doch sind sie nicht stark genug. Wenn sie nicht standhalten, was dann?«
    »Dann werden wir mutig im Kampfe fallen. Doch ist immer noch Hoffnung, dass die Mauern standhalten.«
    »Keine Hoffnung, solange der Ring besteht«, sagte Frodo.
    »Ah! Der Ring!«, sagte Boromir, und seine Augen leuchteten. »Der Ring! Ist es nicht ein seltsames Geschick, dass wir so viel Angst und Zweifel erdulden wegen eines so kleinen Dinges? So ein kleines Ding! Und ich habe ihn nur einen Augenblick in Elronds Haus gesehen. Könnte ich nicht noch einmal einen Blick darauf werfen?«
    Frodo schaute auf. Eine Kälte legte sich plötzlich auf sein Herz. Er bemerkte den seltsamen Glanz in Boromirs Augen, und doch war sein Gesicht immer noch wohlwollend und freundschaftlich.
    »Es ist am besten, wenn er verborgen bleibt«, antwortete er.
    »Wie du willst. Mir ist es gleich«, sagte Boromir. »Aber darf ich denn nicht einmal von ihm sprechen? Denn du scheinst immer nur an seine Macht in den Händen des Feindes zu denken, an seine Verwendung für böse Zwecke, und nicht für gute. Die Welt wandelt sich, sagst du. Minas Tirith wird fallen, solange der Ring besteht. Aber warum? Gewiss, wenn der Ring beim Feinde wäre. Aber warum, wenn er bei uns wäre?«
    »Bist du nicht bei dem Rat dabei gewesen?«, fragte Frodo. »Weil wir ihn nicht verwenden können und alles, was mit ihm getan wird, sich in Böses verwandelt.«
    Boromir stand auf und schritt ärgerlich auf und ab. »So redest du in einem fort!«, rief er. »Gandalf, Elrond – all diese Leute haben dir das beigebracht. Für sie selbst mag es richtig sein. Diese Elben und Halbelben und Zauberer würden vielleicht zu Schaden kommen. Indes bin ich mir oft im Zweifel, ob sie eigentlich weise sind oder bloß zaghaft. Doch jeder nach seiner Art. Aufrechte Menschen lassen sich nicht verführen. Wir in Minas Tirith sind in langen Jahren der Prüfung standhaft geblieben. Wir trachten nicht nach der Macht von Zauberern, sondern nur nach Stärke, um uns zu verteidigen, Stärke für eine gerechte Sache. Und siehe da! in unserer Not bringt der Zufall den Ring der Macht ans Licht. Er ist ein Geschenk, sage ich; ein Geschenk für die Feinde von Mordor. Es ist

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