Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
Vom Netzwerk:
Truchsessen, das im Zwielicht unter seiner großen Kuppel aufragte.
    »Haltet ein! Haltet ein!«, rief Gandalf und sprang auf die Steintreppe vor der Tür. »Haltet ein mit diesem Wahnsinn!«
    Denn da waren Denethors Diener mit Schwertern und Fackeln in der Hand; doch allein unter dem Vorbau auf der obersten Stufe stand Beregond, gekleidet in das Schwarz und Silber der Wache; er behauptete die Tür gegen sie. Zwei von ihnen waren schon unter seinem Schwert gefallen und befleckten die Weihestätten mit ihrem Blut; und die anderen verfluchten ihn und nannten ihn einen Gesetzesbrecher und Verräter an seinem Herrn.
    Während Gandalf und Pippin noch zu ihnen rannten, hörten sie aus dem Haus der Toten Denethors Stimme, die rief: »Eilt euch! Eilt euch! Tut, was ich befohlen habe. Erschlagt mir diesen Abtrünnigen! Oder ich muss es selbst tun!« Daraufhin wurde die Tür, die Beregond mit der linken Hand zugehalten hatte, aufgerissen, und hinter ihm stand der Herr der Stadt, kühn und grimmig; flammend funkelten seine Augen, und er hatte sein Schwert gezogen.
    Doch Gandalf sprang die Stufen hinauf, und die Männer wichen vor ihm zurück und bedeckten die Augen; denn sein Kommen war, als ob weißes Licht auf eine dunkle Stelle fällt, und er kam voller Zorn. Er hob die Hand, und Denethors Schwert flog mitten im Hieb hoch, entglitt seiner Hand und fiel hinter ihm in die Schatten des Hauses; und Denethor trat vor Gandalf zurück wie einer, der bestürzt ist.
    »Was soll das, Herr?«, fragte der Zauberer. »Die Häuser der Toten sind kein Ort für die Lebenden. Und warum kämpfen Männer hier an den Weihestätten, wenn vor dem Tor Krieg geführt wird? Oder ist unser Feind sogar nach Rath Dínen gekommen?«
    »Seit wann ist der Herr von Gondor Euch Rechenschaft schuldig?«, sagte Denethor. »Oder darf ich meinen eigenen Dienern keine Befehle geben?«
    »Das dürft Ihr«, sagte Gandalf. »Doch andere können sich Eurem Willen widersetzen, wenn er sich als Wahnsinn und Unheil erweist. Wo ist Euer Sohn Faramir?«
    »Er liegt drinnen«, sagte Denethor. »Er brennt, er brennt schon. Sie haben sein Fleisch in Brand gesteckt. Aber bald werden wir alle verbrannt werden. Der Westen hat versagt. Er wird in einem großen Feuer aufgehen, und alles wird ein Ende nehmen. Asche! Asche und Rauch, den der Wind davontreibt!«
    Als Gandalf den Wahnsinn sah, der ihn befallen hatte, fürchtete er, Denethor habe bereits irgendein Unheil angerichtet, und er drängte sich vor, Beregond und Pippin hinter ihm, während Denethor zurückwich, bis er drinnen neben dem Tisch stand. Aber dort fanden sie Faramir, immer noch in Fieberträumen, auf dem Tisch liegend. Holz war unter ihm und ringsum hoch aufgeschichtet, und alles war mit Öl getränkt, selbst Faramirs Kleider und die Decken; doch bis jetzt war noch kein Feuer gelegt. Dann ließ Gandalf die Kraft erkennen, die verborgen in ihm lag, wie das Leuchten seinerMacht von seinem grauen Mantel verhüllt wurde. Er sprang auf den Scheiterhaufen zu, hob den kranken Mann leicht auf und sprang wieder zurück und trug ihn zur Tür. Doch als er das tat, stöhnte Faramir und rief im Traum nach seinem Vater.
    Denethor fuhr zusammen wie einer, der aus einem entrückten Zustand wieder zu sich kommt, das Funkeln seiner Augen erlosch, und er weinte; und er sagte: »Nehmt meinen Sohn nicht von mir. Er ruft mich.«
    »Er ruft«, sagte Gandalf, »aber Ihr könnt noch nicht zu ihm kommen. Denn an der Schwelle des Todes muss er Heilung suchen, und vielleicht findet er sie nicht. Dagegen ist es Eure Aufgabe, hinauszugehen zum Kampf Eurer Stadt, wo Euch vielleicht der Tod erwartet. Das wisst Ihr im Grunde Eures Herzens.«
    »Er wird nicht wieder aufwachen«, sagte Denethor. »Die Schlacht ist vergebens. Warum sollten wir uns wünschen, länger zu leben? Warum sollten wir nicht Seite an Seite in den Tod gehen?«
    »Ihr seid nicht befugt, Truchsess von Gondor, die Stunde Eures Todes zu bestimmen«, antwortete Gandalf. »Und nur die götzendienerischen Könige unter der Herrschaft der Dunklen Macht verfuhren so, töteten sich selbst in Stolz und Verzweiflung, ermordeten ihre Sippe, um ihren eigenen Tod zu erleichtern.« Dann schritt er durch die Tür und brachte Faramir aus dem Todeshaus heraus und legte ihn auf die Bahre, auf der er hergetragen worden war und die jetzt unter dem Vorbau stand. Denethor folgte ihm, stand zitternd da und schaute sehnsüchtig auf das Gesicht seines Sohnes. Und einen Augenblick lang, während alle

Weitere Kostenlose Bücher