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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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müssen ihn nach Hause schaffen«, sagte Yalenna, als Rostigan sich neben sie hockte.
    »Ich denke nicht, dass er zu einem Fadengang imstande ist.«
    »Ich … kann es«, hauchte Braston. »Ich muss.« Er streckte eine Hand aus. Das wirkte, da der Unterarm nur noch locker am Ellbogen baumelte, eher so, als werfe er eine Angelrute aus. »Hilf mir.«
    »Ich weiß nicht, wie«, erwiderte Yalenna. »Ich kann nicht für dich Fadengehen.«
    »Bitte, schick sie weg.«
    Er sprach von den Zuschauern, und Rostigan verstand. Es würde ihn sehr überraschen, wenn Braston jetzt überhaupt zum Fadengang fähig war, aber es konnte nicht schaden, zunächst einmal alle Ablenkungen loszuwerden.
    »Fort mit euch«, sagte er zu den Menschen, und sie gehorchten.
    Schon bald waren sie auf der stillen Straße, durch die jetzt eine kühle Brise strich, nur noch zu dritt.
    »Geh du voran, Braston«, schlug Rostigan vor. »Und Yalenna, bereite dich ebenfalls vor, denn er wird dich am Ziel dringend brauchen. Ich bleibe zunächst hier für den Fall, dass er es nicht schafft.«
    »Wohin willst du gehen?«, fragte Yalenna Braston.
    »Zum Platz«, antwortete Braston. »Hoffentlich hat ihn … diesmal … kein … Rachenangriff … mit Menschen … gefüllt.«
    »Also dann, zum Platz.«
    Sie schlossen die Augen.
    Rostigan beobachtete ihre Gesichter. Sie konzentrierten sich, und Minuten verstrichen. Rostigans geduckte Position war nicht die beste für seine Verletzungen, wie bald offenbar wurde, aber er hielt sich ruhig und wagte nicht, sich zu bewegen, damit er die beiden anderen nicht störte. Von den umliegenden Straßen hörte er lautes Gerede und stapfende Füße; er sandte den Menschen dort den Befehl, nicht in ihre Richtung zu kommen.
    Dann löste sich Yalenna auf.
    Braston schien ihr Verschwinden nicht zu bemerken. Er musste einen Ort sehr tief in ihm selbst aufgesucht haben, dachte Rostigan, um einen Platz zu finden, an dem er seinen Schmerz ignorieren konnte. Seine Struktur schwankte leicht – Rostigan wagte es nicht einmal mehr zu atmen –, und dann war Braston ebenfalls fort.
    Rostigan stieß einen erleichterten Seufzer aus. Es wäre ein langer, schwieriger Rückweg geworden, wenn Braston es nicht geschafft hätte. Dass er trotz seines Zustands dazu fähig gewesen war … nun, Rostigan bewunderte die Konstitution des Königs.
    Er stand auf und reckte sich ein wenig. Dann betrachtete er seine Hand und sah, dass die Haut bereits nachwuchs. Er würde seine eigenen Verletzungen jetzt ebenfalls beiseiteschieben müssen, wenn er sich in Althala mit seinen Verbündeten wiedervereinen wollte.
    Warum liebte sie ihn so sehr?, fragte Tarzi sich. Nicht wegen seines Mutes, nicht weil er ein Held war. Es war natürlich schön zu wissen und machte ihn zu einem Partner, der einer Frau wie ihr würdig war, aber »Held« war tatsächlich nur ein Begriff. Dieser Mann selbst war grau und steinern, und manchmal fand Tarzi ihn sogar jämmerlich. Doch bisweilen umspielte ein Lächeln seine Lippen, nur für sie, und es schien ihm beinahe wehzutun, es zu verschenken. Seine Wärme zeigte sich nur durch diesen Spalt – und seinen zeitweiligen Humor. Er beschützte sie, hörte ihr zu, und in den meisten Fällen fügte er sich ihren Wünschen. Seine Taten zeigten, dass ihm etwas an ihr lag, selbst wenn er es selten aussprach. Außerdem hatte sie die übertriebenen Geschenke und blumigen Erklärungen geckenhafter Liebhaber in ihren Geschichten persönlich niemals reizvoll gefunden. Ihr Denkmal war besser als das – stets dazu getrieben zu helfen, auch wenn er es nicht wollte, wenn er viel lieber dasitzen, seine Pfeife rauchen und in die Landschaft starren würde.
    Er war ein guter Mann.
    Sie hörte den Aufruhr, als sie den Platz erreichte, und beschleunigte ihren Schritt. Eine Gestalt lag der Länge nach auf dem Boden, inmitten einer Menschenmenge.
    Nicht er, sagte sie sich, um gegen eine wachsende Furcht anzukämpfen. Doch der Mann war viel zu massig. Als sie näher kam, sah sie, dass es Braston war – wie zerfetzt, mit Löchern im Leib und zahlreichen blutenden Wunden. Yalenna war bei ihm und gab Befehle. Man lud Braston auf eine Trage, während Heiler herbeigelaufen kamen. Tarzis Furcht erwachte erneut, denn Rostigan war nirgends zu sehen. Sie drängte sich durch die Menge, und ihr Herz schlug schnell. Hatten sie ihn zurückgelassen? Wo war er?
    »Immer mit der Ruhe, Großer«, sagte Yalenna gerade. »Du hast schon Schlimmeres durchgemacht.«
    »Nein, habe

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