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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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machen wollte, und sackte in einem Sessel zusammen. Durch das Fenster konnte sie die Lichter des Lagers draußen vor den Mauern sehen, und sie seufzte.
    Warum muss immer Krieg sein?
    Sie schloss die Augen, und für einen Moment war sie vielleicht eingeschlafen.
    Ein Klopfen an der Tür weckte sie. Widerstrebend erhob sie sich und fragte sich, ob es das Abendessen war. Sie war sich nicht sicher, ob sie Hunger hatte oder nicht, obwohl sie wusste, dass sie etwas essen sollte. Langsam öffnete sie die Tür.
    Es war Jandryn.
    »Ah«, sagte sie. »Du bist nicht der Diener mit meiner Mahlzeit.«
    »Tut mir leid, dich zu enttäuschen, Herrin.«
    Er wirkte nervöser als gewöhnlich.
    »Bitte, nimm Platz«, erwiderte sie, während sie sich zurückzog. »Ich bin so müde, dass ich nicht einmal jemanden ansehen möchte, der steht.«
    Gehorsam setzte er sich in den Sessel gegenüber, während sie in ihren eigenen sank. Er hockte ganz am Rand des Sitzes, als würde er noch immer Habtachtstellung einnehmen, als wäre es ungehörig, sich zu entspannen. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Halb im Traumland, wie sie war, gefiel es ihr, ihn anzusehen. Er war schließlich ein gut aussehender junger Mann, Hauptmann bereits in den frühen Zwanzigern (durch hohe Geburt oder Tapferkeit?, fragte sie sich) – im gleichen Alter, das man ihr nach ihrem Äußeren zuschreiben würde.
    »Herrin?«
    »Mmh? Ja, was hat dich zu mir geführt?«
    »Ich … ähm … ich bin hin- und hergerissen, Herrin, aber ich habe das Gefühl, dass ich Bericht erstatten muss. Ich weiß nicht, ob es wichtig ist oder nicht, aber …«
    »Spuck es aus, Jandryn.«
    »Ich …« Er nahm allen Mut zusammen. »Ich habe etwas mit angehört, in den … in Loppolos Gemächern. Nur ein Bruchstück, aber es ging um Braston. Loppolo hat immer noch loyale Anhänger, und sie haben von Brastons Zustand gehört. Einige von ihnen unterstützen noch immer Loppolo als König und raten ihm, dass jetzt vielleicht der richtige Zeitpunkt wäre für den Versuch, den … Usurpator zu entfernen.«
    Yalenna blinzelte. »Was?«
    »Ich habe das Loppolo nicht selbst sagen hören, Herrin, also ist es vielleicht gar nichts …«
    Alle Entspannung verschwand. Es hätte keine Überraschung sein sollen, nahm sie an, doch irgendwie hatte sie nicht in Erwägung gezogen, das Loppolo so weit gehen würde, einen politischen Mord in Betracht zu ziehen. War sie zu kurzsichtig gewesen?
    »Das ist beunruhigend«, murmelte sie.
    »Ich habe Wachen an Brastons Tür postieren lassen«, sagte Jandryn. »Wachen, denen ich vertraue.«
    Ausnahmsweise zitterte seine Stimme nicht, und er schien sich seiner selbst sicher zu sein. Yalenna beobachtete ihn eingehend und fragte sich, was sie getan hatte, um ihn als Verbündeten zu verdienen.
    »Ich danke dir dafür.«
    »Nur eine Vorsichtsmaßnahme«, fügte er hinzu. »Loppolo mag auf schlechten Rat hören, aber das bedeutet nicht, dass er aufgrund dieses Rates handeln wird. Ich habe jedoch schon früher erlebt, dass andere ihn beeinflusst haben, und ich habe nicht das Gefühl, dass es in Althalas Interesse ist, einen Mann wie Braston zu verlieren. Oder dich, Herrin.«
    »Was meinst du?«
    »Nun, falls es Loppolo gelänge, etwas Dummes zu tun, würdest du uns den Rücken kehren, stelle ich mir vor. Und das wäre eine zweite Tragödie.«
    »Ah«, entgegnete Yalenna. »Ich weiß deine Sorge zu schätzen, aber ich denke nicht, dass ich so leicht davonkommen könnte. Ich bin nicht für Althala da, Jandryn, sondern für die ganze Welt. Die Taten eines einzelnen Mannes werden nicht dazu führen, dass ich mich gegen die ganze Menschheit wende.«
    Vielleicht befürchtete er, dass er sie gekränkt hatte, denn er schüttelte schnell den Kopf. »Natürlich nicht, Herrin!«
    »Was nicht heißen soll, dass mir nichts an Althala liegt«, ergänzte sie ihre Worte.
    Wieder klopfte es an der Tür.
    Jandryn stand auf, und seine Hand fuhr an sein Schwert.
    »Es ist nur mein Abendessen«, kicherte Yalenna.
    »Ah. Ich sollte … will sagen, es wäre ungehörig, wenn man mich zu einer solchen Stunde in den Gemächern einer schönen Dame sehen würde.« Er benutzte das Wort schön vollkommen sachlich, als verstünde es sich von selbst, sie so zu beschreiben. Es war erfreulich zu hören, denn die Menschen machten einer so auffälligen Erscheinung wie ihr nur selten Komplimente, als sei es nicht notwendig, auf das Offensichtliche hinzuweisen.
    »Ich bin mir sicher, dass niemand voreilige

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