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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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oder womöglich giftig waren. Entdeckte er ein besonders seltenes Exemplar, dann hielt er an, sie saßen ab, und Garth mußte das Kraut mit den Händen berühren.
    »Manchmal spürt man in einer Pflanze das Gift, das die Menschen krank macht oder gar tötet, Garth«, erklärte er eines Abends, als sein Sohn vor einem Weißlöffelfarn hockte und mit den Fingerspitzen leicht über die hellen Spitzen der Blätter strich. »Sag mir, was fühlst du jetzt?«
    Garth runzelte die Stirn. Die braunen Locken fielen ihm ins Gesicht. Seine Finger glitten nur behutsam über die Pflanze.
    Allzu fester Druck zerstörte oft die Verbindung; eine zarte Berührung dagegen verstärkte sie. Dann erschauerte er und zog die Hände zurück.
    »Fäulnis«, sagte er langsam. »Schwärze… schwarzes Fleisch.« Er holte tief Atem. »Tod.«
    »Richtig«, sagte Joseph und stand auf. Auch Garth erhob sich, froh, sich von dem Weißlöffelfarn entfernen zu können.
    »Wer diesen Farn verzehrt, ist dem Tod geweiht. Zuerst wird die Blutversorgung der Gliedmaßen unterbrochen. Hände und Füße sterben ab. Dann breitet sich die Fäulnis immer weiter aus, und der ganze Körper geht langsam zugrunde.«
    »Kann man irgend etwas dagegen tun?«

    Joseph schüttelte den Kopf, ohne die Pflanze aus den Augen zu lassen. »Nein. Wenn du jemanden berührst, der sich damit vergiftet hat, wirst du dich ähnlich fühlen wie gerade eben.« Er hob den Blick und sah seinen Sohn an. »Du kannst die Qualen nur lindern und dem Kranken raten, sein Testament zu machen, sollte er das noch nicht getan haben.«
    Wieder fröstelte Garth, dann wandte er sich seinem Pferd zu.
    Die Erkenntnis, daß es immer Krankheiten geben würde, die er einfach nicht heilen konnte, war noch schwerer zu ertragen als die Ausstrahlung bösartiger Geschwülste.
    Am Nachmittag des achten Tages nachdem sie Narbon verlassen hatten, erreichten sie Ruen. Garth war überwältigt.
    Er hatte geglaubt, Narbon sei eine bedeutende Stadt voller Leben, doch neben Ruen kam es ihm nun eher vor wie ein Dorf in den Sümpfen.
    Ruen war seit Jahrhunderten der Sitz der Könige von Escator und verdankte seinen Reichtum sowohl der Gunst der Krone als auch seiner Lage an der Schnittstelle der großen Handelsstraßen des Reiches. Die Stadt schmiegte sich in eine Senke inmitten niedriger Berge, und Garth erblickte sie zum ersten Mal, als er mit seinem Vater um eine Biegung der Straße ritt, die in vielen Windungen durch das Hügelland führte.
    »Wie wunderschön!« keuchte er, als er Ruen so vor sich liegen sah, und Joseph mußte lachen, als er die ehrfürchtige Scheu seines Sohnes bemerkte.
    »Zwischen diesen Kuppeln, Minaretten und Glockentürmen hausen unzählige Gauner, Garth. Laß deine Börse nicht aus den Augen, wenn wir durch die Straßen reiten.«
    Doch auch die Warnung vor Langfingern und Taschendieben konnte Garths Bewunderung nicht schmälern. Sie passierten die Tore, die an die Eingänge einer Festung erinnerten, und stürzten sich ins Gewühl. Sein Kopf ging unermüdlich hin und her. Er konnte sich nicht satt sehen. Die Menschen kleideten sich bunter, gingen schneller, sprachen lauter und lachten häufiger als die braven Bürger von Narbon. Stimmengewirr, aber auch Glockengeläut und Musik erfüllten die Luft – die Turmuhren schlugen die Stunde, und von den Minaretten wurden die Gläubigen zum Gebiet gerufen.
    Die beiden nahmen ein Zimmer in einem Gasthof nahe der Stadtmitte, nur eine halbe Stunde Fußwegs vom königlichen Palast entfernt. Joseph ließ durch einen Boten seine Ankunft melden, danach verbrachten Vater und Sohn den Abend damit, sich und ihre Kleider vom Schmutz der Reise zu säubern, sich das Haar zu schneiden und – in Josephs Fall – den Bart zu stutzen sowie die Arzneien bereitzulegen, die Joseph möglicherweise für Cavors Behandlung brauchen würde.
    »Ich wurde vor acht Jahren schon einmal zu ihm gerufen«, erklärte Joseph, während er das Sortiment an Tiegeln und Fläschchen betrachtete, das er auf seinem Bett ausgebreitet hatte, und zu entscheiden suchte, was er davon mitnehmen wollte.
    »Konnte ihm denn sein eigener Leibarzt nicht helfen?« Garth saß mit untergeschlagenen Beinen am Fuß des Bettes, hatte einen seiner Stiefel auf dem Schoß und fädelte den Schnürsenkel wieder ein.
    Joseph ergriff ein Fläschchen, sah es lange an und legte es seufzend wieder zurück. »Nur wenige in unserem Beruf besitzen die ›Hände‹, Garth. Cavors königlicher Leibarzt gehört

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