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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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wofür?“
    „Ich wusste, du würdest die Vorstellung im Großen Saal mit all den Menschen um dich nicht ertragen“, erklärte Lydia lächelnd. „Daher habe ich Papa gebeten, im Salon Wache zu halten. Es wird Zeit, dass du vorgestellt wirst.“
    „Vorgestellt?“ Der Hof lag nahezu verlassen hinter ihnen. „Wem soll ich denn vorgestellt werden?“
    Ihre Freundin hob mahnend einen Finger. „Du musst besser aufpassen, dass du beim Klatsch auf dem aktuellen Stand bist. Wie kann es sein, dass du es nicht weißt? Er ist erst achtundzwanzig, weißt du, und er hat einen Ruf als Staatsmann – man sagt, der Importation Compromise von 1860 sei vor allem sein Verdienst.“
    Lydia sagte das, als wüsste sie, was das ist – als ob alle Welt über den Importation Compromise von 1860 Bescheid wüsste. Minnie hatte nie zuvor davon gehört und war sich recht sicher, dass es Lydia nicht viel anders erging.
    Lydia seufzte beseligt. „Und er ist hier.“
    „Ja, aber wer ist denn dieser ‚er‘?“ Sie warf ihrer Freundin einen weiteren Blick zu. „Und was soll dieses Geseufze heißen? Du bist schließlich verlobt.“
    „Ja“, antwortete Lydia, „und sehr, sehr glücklich sogar.“
    Das waren ein bisschen zu viele „sehr“, um noch glaubhaft zu klingen, aber da Minnie in dieser Angelegenheit noch nie erfolgreich ihre Bedenken vorgebracht hatte, war es witzlos, es jetzt zu versuchen.
    „Aber du bist nicht verlobt.“ Lydia zog an ihrer Hand. „Noch nicht. Und auf alle Fälle, was hat Realität mit Phantasie zu tun? Kannst du nicht wenigstens einmal davon träumen, wie du in herrlicher roter Seide die Treppe an der Seite eines wunderbaren Mannes zu einer in Bewunderung erstarrten Menschenmenge hinabsteigst?“
    Minnie konnte sich das vorstellen, aber die Menschenmenge in ihrer Vorstellung war nie in Bewunderung erstarrt. Sie schrien und warfen mit Sachen. Sie beschimpften sie, und sie musste nur auf einen Albtraum warten, um alles noch einmal zu erleben.
    „Ich sage nicht, dass du gleich anfangen musst, Geld für die Hochzeitsfeier zurückzulegen. Träum einfach nur. Ein wenig.“ Damit riss Lydia die Tür auf.
    Im Raum dahinter hielten sich nur eine Handvoll Leute auf. Mr. Charingford stand gleich auf der Seite, wartete auf sie. Er begrüßte seine Tochter mit einem Nicken. Der Raum war nicht groß, aber die Wände waren mit Holz getäfelt, die Fenster aus Buntglas und der Kamin war mit Schnitzereien verziert. Das Stadtwappen von Leicester prangte stolz auf der gegenüberliegenden Wand, und der schwere Bürgermeistersessel stand vorne im Zimmer.
    Dort hatten sich die paar Leute im Raum versammelt – der Bürgermeister, seine Gattin, Stevens, ein Mann, den sie nicht wiedererkannte, und … Minnie stockte der Atem.
    Es war er. Der blonde blauäugige Mann, der mit ihr in der Bibliothek gesprochen hatte. Er sah viel zu jung aus, um jemand von Bedeutung zu sein. Und vor allem sah er viel zu nett dafür aus. Allerdings, in Anbetracht des Umstandes, dass der Bürgermeister um ihn herum scharwenzelte …
    „Siehst du?“, fragte Lydia leise. „Ich denke, sogar du könntest bei ihm ins Träumen geraten.“
    Gut aussehend, nett und wichtig. Die Versuchung für ihre Vorstellungskraft war fast zu viel, lockte sie auf mit Mondschein-Phantasien gepflasterte Pfade.
    „Manchmal“, sagte Minnie, „wenn man an das Unmögliche glaubt …“
    Sie war so jung gewesen, als ihr Vater noch beliebt genug war, um überallhin eingeladen zu werden. Wien, Paris, Rom. Er hatte wenig vorzuweisen gehabt – außer einem altehrwürdigen Namen, umgängliche Konversation und ein Talent fürs Schachspielen, das beinahe unübertroffen war. Er hatte das Unmögliche geträumt und sie mit seinem Wahnsinn angesteckt.
    Du musst nur daran glauben, hatte er ihr seit der Zeit, als sie fünf war, erzählt. Wir brauchen keinen Reichtum. Wir brauchen keinen Luxus. Wir Lanes glauben nur einfach fester als alle anderen daran, dass uns etwas Gutes geschieht.
    Und so hatte sie geglaubt. Sie hatte ihm so fest geglaubt, dass sie am Ende nichts gehabt hatte als hohlen Glauben, als all seine Pläne zu Staub zerfallen waren.
    „Wenn man an das Unmögliche glaubt“, sagte Lydia und riss sie zurück in die Gegenwart, „kann es am Ende wahr werden.“
    „Wenn man an das Unmögliche glaubt“, erwiderte Minnie knapp, „lässt man das fallen, was man bereits hat.“
    Es gab keine mondbeschienenen Wege zu diesem Mann. Es gab nur einen Gentleman, der freundlich zu ihr

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