Der Hexer - GK575 - Die Hexe von Salem
DER HEXER
Eine Epoche, in der das Übersinnliche noch fester Bestandteil des Lebens ist, eine Zeit der Schwarzen Messen und heidnischen Riten. DER HEXER stellt sich gegen die Tyrannen dieser Zeit. Wissen ist seine Macht, Magie seine Waffe ...
Die Hexe von Salem
von Robert Craven
Er rannte um sein Leben. Sie waren hinter ihm, und obwohl er sie nicht sehen oder hören konnte, spürte er ihre Nähe überdeutlich. Sie waren hinter ihm, vielleicht schon vor ihm, irgendwo in der Dunkelheit, die sich wie eine schwarze Wolke über die Straßen gelegt hatte. Dies hier war ihr Revier, und sie kannten jeden Fußbreit Boden, jedes Versteck und jede Abkürzung. Er hatte einen kleinen Vorsprung herausgeholt, aber er machte sich keine Illusionen. Die Burschen hatten ihn offensichtlich für einen tumben Deppen vom Lande gehalten. Einen Bauern, der vor Schrecken erstarrte, wenn er eine
blanke Klinge sah, und nicht einmal auf die Idee kommen würde, sich zur Wehr zu setzen. Aber nachdem er einem von ihnen die Zähne in den Hals geschlagen hatte, würden die drei anderen nicht noch einmal den gleichen Fehler begehen ...
Andrew blieb stehen, sah sich einen Moment gehetzt um und atmete ein paarmal tief durch. Die kalte Luft schmerzte in seiner Kehle, und auf seiner Zunge breitete sich ein übler Geschmack aus. Sein Herz jagte.
Die Straße war noch immer leer. Er hatte fast zwanzig Schritte Vorsprung gehabt, als sich die Burschen von ihrer Überraschung erholt und drei von ihnen zur Verfolgung angesetzt hatten; der vierte war vermutlich immer noch damit beschäftigt, Zähne zu spucken und sich auf dem Straßenpflaster zu krümmen. Aber zwanzig Schritte waren ein Nichts. Die Gegend, in die er sich verirrt hatte, war eine der weniger vornehmen Londons. Genauer gesagt, dachte Andrew düster, war es eines jener Viertel, das man nach Dunkelwerden besser mied. Aber er hatte ja nicht hören können, verdammter Narr, der er war.
Verdammt, wenn es den Burschen nur um sein Geld gegangen wäre! Die lumpigen dreiundzwanzig Pfund, die sich im Augenblick in seiner Brieftasche befanden, hätte er ihnen gerne überlassen. Aber irgend etwas in ihrem Blick, etwas, das er in ihren Gesichtern gelesen hatte, als sie urplötzlich aus den Schatten auftauchten und ihn umringten, hatte ihm gesagt, daß sie mehr wollten. Sicher, das Geld auch, aber nicht nur. Die vier wollten Blut sehen. Es waren genau die Typen, vor denen ihn Dingman gewarnt hatte: Verrückte, die einen Menschen nur so zum Zeitvertreib zusammenschlugen. Und vielleicht töteten.
Ein leises Kollern drang in seine Gedanken. Das Geräusch riß ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Andrew fuhr herum und starrte aus mißtrauisch zusammengepreßten Augen in die Dunkelheit zurück. Die Straße lag leer und einsam vor ihm; es fiel ihm beinahe schwer, zu glauben, daß er sich wirklich in der größten Stadt der britischen Inseln befand; einer Stadt mit mehr als einer Million Einwohner und hellen, lichterfüllten Straßen, in denen das Leben auch während der Nacht nicht aufhörte zu pulsieren. Aber dies war ein anderes London, eines, dessen Gesicht ein Außenstehender selten zu sehen bekam.
Und er wußte jetzt auch, warum.
Andrew drehte sich einmal um seine Achse, schluckte den bitteren Knoten, der sich in seiner Kehle gebildet hatte, herunter, und ging mit erzwungen langsamen Schritten weiter. Irgendwo vor ihm war Licht, aber es war nur eine Straßenlaterne, die mit ihrem Schein eine Insel trübgelber Helligkeit in der Nacht schuf. Er war mindestens eine Meile von den belebteren Gegenden der Stadt entfernt. Zu weit.
Wieder hörte er dieses leise, kollernde Geräusch. Ein eisiger Schauder jagte seinen Rücken hinab. Eine neue, körperlose Angst kroch in sein Bewußtsein. Für einen Moment wünschte er sich fast, die Schatten seiner Verfolger hinter der nächsten Straßenecke auftauchen zu sehen.
Er ging weiter, erreichte eine Straßenkreuzung und blieb einen Moment lang unschlüssig stehen. Zwei Schritte neben ihm blockierte ein halb mannshoher Stapel überquellender Abfalltonnen, Kisten und vom Regen halb aufgeweichter Kartons den Weg. Links und rechts erstreckte sich die Straße leer und schwarz wie eine Schlucht, weiter geradeaus gab es ein paar Laternen, und – er war nicht sicher, aber er glaubte es wenigstens – hinter den geschlossenen Läden eines Hauses schien gelbes Gaslicht zu leuchten. Vielleicht fand er dort Hilfe.
Andrew zögerte einen Moment, trat dann an den
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