Der Hexer - NR17 - Gefangen im Dämonen-Meer
und ich bin kein Offizier, aber der Unterschied ist nicht so gewaltig, wie Sie vielleicht hoffen. Meine Männer und ich kennen uns in diesen Gewässern viel besser aus als die Soldaten in der Garnison. Wir unterstützen sie dann und wann.«
»Und wobei, wenn ich fragen darf?«
»Nun«, antwortete De Cruyk lauernd, »unter anderem dabei, kriminelle Elemente von den Inseln fernzuhalten. Wie Sie!«
Ich schluckte die wütende Antwort, die mir auf der Zunge lag, herunter, und fragte so ruhig wie möglich: »Was bringt Sie auf diese Idee, Kapitän De Cruyk? Glauben Sie, ich hätte versucht, von England aus nach Indonesien zu schwimmen?«
De Cruyk machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die Geschichte ist alt, Craven«, sagte er. »Männer wie Sie haben wir schon zu Dutzenden aus dem Meer gefischt. Sie kommen in kleinen Booten und denken, sie könnten uns entkommen, weil wir ihre Nußschalen nicht bemerken. Die Gewässer hier sind tückisch. Sie wären nicht der erste, der ersoffen wäre, ehe er das Land auch nur sieht. Aber seien Sie versichert, Craven, wir wissen, wie wir mit Typen wie Ihnen umzugehen haben.«
»Sie... Sie sind ja verrückt, De Cruyk!« keuchte ich. »Ich bin amerikanischer Staatsbürger und habe es nicht nötig, mich von einem Käsefresser wie Ihnen beleidigen zu lassen!«
De Cruyk erbleichte, schluckte aber auch diese neuerliche Beleidigung ohne ein Wort herunter.
»Amerikanischer Staatsbürger, so?« sagte er.
Ich nickte heftig. »Genau. Und ich verlange, an Land und zur Botschaft meines Landes gebracht zu werden, Kapitän De Cruyk.«
De Cruyk seufzte. »Sie sind nicht nur ein Gauner, Craven«, sagte er, »Sie sind auch noch dumm. Nehmen Sie einen guten Rat von mir an, auch wenn es sehr lange dauern wird, bis Sie in die Verlegenheit geraten, ihn anzuwenden: Wenn Sie sich das nächste Mal einen Paß fälschen lassen, sehen Sie ihn sich genauer an, ehe Sie gutes Geld dafür ausgeben.«
»Einen... einen Paß fälschen?« murmelte ich. »Ich verstehe nicht, was Sie wollen, De Cruyk! Dieser Paß ist so echt, wie es nur geht!«
»Ach?« De Cruyk seufzte, klappte den Paß auf und hielt ihn mir aufgeschlagen unter die Nase. »Echt, wie?« fragte er. »Dann haben Sie die Güte, Craven, und lesen Sie mir das letzte Einreisedatum in das Königreich Britannien vor.« Ich verstand immer weniger, worauf er hinauswollte, aber ich tat ihm den Gefallen. »Der 16. April 1885«, sagte ich.
»Sind Sie sicher?« vergewisserte sich De Cruyk. »Kein Lesefehler? Das Licht hier ist nicht besonders gut.«
»Zum Teufel, ich bin sicher!« schrie ich. »Was soll das eigentlich?«
De Cruyk zeigte sich von meinem plötzlichen Wutausbruch nicht im geringsten beeindruckt. »Der 16. April 1885 also«, wiederholte er. »Nun gut, Craven. Über diesen Punkt haben wir schon einmal Einigkeit erzielt.« Er grinste, klappte den Paß zu und stand auf, um zur gegenüberliegenden Wand zu gehen. »Und nun«, sagte er, »haben Sie die Güte und werfen einen Blick auf meinen Bordkalender. Ich versichere Ihnen, daß er korrekt geführt wird. Vielleicht lesen Sie das Datum vor?«
Ich fuhr herum – und erstarrte.
Selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich De Cruyks Befehl in diesem Moment nicht nachkommen können, denn das, was ich sah, schnürte mir im wahrsten Sinne des Wortes die Kehle zu.
De Cruyks Kalender war genauso wie sein ganzes Schiff – schmutzig und zerrissen und mit zahllosen Flecken übersät.
Aber das Datum darauf war trotz allem noch gut zu erkennen.
Es zeigte den 9. März achtzehnhundertdreiundachtzig!
* * *
Irgend etwas an diesem Mann kam Eldekerk seltsam vor. Er wußte nicht, was, aber da war etwas. Etwas... ja, etwas, das ihn warnte. Der Anblick eines Fremden an sich war nichts Besonderes, nicht einmal hier, in der winzigen Hafenstadt an der Westküste Krakataus, denn die Sundastraße gehörte zu den am stärksten frequentierten Seewegen in diesem Teil der Welt, und seit die Gesellschaft ihre gierigen (aber auch schützenden) Krallen von Indonesien gezogen hatte, verschlug es die abenteuerlichsten Typen hierher. Männer, die auf das schnelle Glück hofften und in den meisten Fällen nur einen schnellen Tod fanden. Eldekerk hatte weiß Gott schon abenteuerliche Erscheinungen gesehen, seit er vor vier Jahren sein Domizil hier aufgeschlagen hatte. Und trotzdem...
Vielleicht war es gerade die Unauffälligkeit seiner Erscheinung, die Eldekerk so unangenehm aufstieß. Der Mann war durchschnittlich groß, von
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