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Der Hexer - NR30 - Buch der tausend Tode

Der Hexer - NR30 - Buch der tausend Tode

Titel: Der Hexer - NR30 - Buch der tausend Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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einigen weiteren Sekunden stand Priscylla auf, klappte das Buch zu – ich erhaschte einen raschen Blick auf seinen Deckel, auf dem mit üppigen goldenen Lettern das Wort NECRONOMICON stand – und griff nach ihrem Rocksaum. Mit einer raschen Bewegung streifte sie das Kleid über den Kopf und warf es hinter sich. »Komm her«, verlangte sie. Ein vielversprechendes Lächeln huschte dabei über ihre Züge.
    Wieder streckte ich gehorsam die Hände aus, um mich in ihre ausgebreiteten Arme fallen zu lassen, und wieder führte ich die Bewegung nicht zu Ende. Ich wußte nicht was, aber irgend etwas störte mich. Etwas fehlte.
    (Ihre Flügel! O Gott, was ist mit ihren –)
    »Was ist?« fragte Priscylla. »Wenn du noch lange da herumstehst, dann wird dein Vater wirklich zurückkommen. Er wird nicht sehr erbaut sein, wenn er sieht, wie sein Söhnchen seine Schwiegertochter in seinem Kleiderschrank bumst, glaube ich.«
    Wenn er sie was? dachte ich. Ich wußte nicht warum, aber es fiel mir schwer, wirklich zu glauben, daß es Priscylla gewesen war, die dieses Wort aussprach. Aber dann verscheuchte ich den Gedanken und trat einen weiteren Schritt auf sie zu. In einem Punkt hatte sie recht – wir hatten nicht mehr viel Zeit.
    Wieder glaubte ich ein rasches, weißes Flattern und Schweben hinter Priscyllas Rücken zu sehen, und wieder blieb ich stehen. Was zum Teufel ging mit mir vor?
    Ich stöhnte, hob die Hand an den Kopf und fuhr mir über die Augen.
    (Ihre Flügel! Mein Gott, was hatte er damit gemacht? Blut, überall Blut, nichts als Blut. Dieses Ungeheuer! Dieses widerwärtige Ungeheuer!)
    »Was hast du?« fragte Priscylla.
    »Nichts«, antwortete ich schleppend. »Ich... bin gestürzt, gerade eben. Muß mir wohl den Schädel angeschlagen haben. Es geht schon wieder.«
    »Das will ich auch hoffen«, sagte Necron, der in der Ecke stand und seinen Bart zwirbelte. »Nun macht schon! Ich will was sehen für mein Geld!«
    Ich nickte – ein wenig verlegen – atmete tief ein und trat auf Priscylla zu. Ihre Hände schlossen sich um meinen Hals und glitten in mein Hemd. Sie waren eiskalt.
    »Küß mich!« flüsterte Priscylla. Ihre Lippen öffneten sich ganz leicht, gaben den Blick auf ihre kleinen, regelmäßigen weißen Zähne und die Zunge frei, die sich glitzernd dahinter bewegte. »Küß mich!« wiederholte sie.
    »Das würde ich nicht tun«, sagte eine Stimme hinter mir. Ich fuhr zusammen, drehte mich um und blickte schuldbewußt in Andaras Gesicht. Er war durch die geschlossene Tür getreten, ohne daß ich es gehört hatte.
    »Wirklich, Robert, das wäre ganz und gar nicht gut«, sagte er noch einmal.
    »Was zum Teufel mischen Sie sich hier ein?« fauchte Necron. Wütend trat er auf Andara zu und begann mit den Händen zu fuchteln. Andara runzelte die Stirn, packte ihn und riß ihm den rechten Arm ab.
    »Heda!« brüllte Necron. »Das ist nicht fair!«
    »Habe ich jemals behauptet, daß es in diesem Spiel fair zugeht?« fragte Andara, zupfte an seinem anderen Arm und warf ihn achtlos zu Boden. Dann packte er Necron beim Kragen, schraubte seinen Kopf ab und trat ihn mit einem fröhlichen Lachen durch das Fenster, das klirrend zerbarst.
    »Das war aber nicht gerade nett«, sagte Priscylla. Sie kicherte, wandte sich wieder an mich und strahlte mich aus ihren leeren blutigen Augenhöhlen an. Ihre verstümmelten Flügel zuckten. Blut spritzte an die Tapeten. »Küß mich, Robert«, verlangte sie.
    »Überlege dir gut, was du tust, Robert«, sagte Andara. »Necron kann ich dir vom Hals halten, aber mit ihr mußt du selbst fertig werden.«
    »Hör nicht auf den alten Knacker«, flüsterte Priscylla. »Der ist doch nur neidisch, weil er’s selbst nicht mehr bringt. Und jetzt küß mich, zum Teufel nochmal!«
    Plötzlich riß sie mich mit erstaunlicher Kraft an sich. Ihre Lippen berührten die meinen. Andara seufzte. Sein Blick wurde vorwurfsvoll wie der unseres Dackels, wenn ihm der Koch wieder Wurst gibt. »Ja«, flüsterte Priscylla. »Ja, so ist es gut, Robert. Jetzt gehörst –
    Ich schrie auf, sprengte ihre Umarmung und stieß sie von mir, so fest ich konnte.
    Und die Welt zersplitterte.

    * * *

    »Jetzt, Baphomet«, sagte Balestrano. »Du hast bekommen, was du wolltest. Ich habe bezahlt. Jetzt bezahle auch du!«
    Hinter ihm erscholl ein leises, meckerndes Lachen. Kein Laut, wie ihn die Kehle eines Menschen – oder irgendeines anderen Wesens – zustandebringen konnte. Balestrano drehte sich nicht herum. Sein Blick war

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