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Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Titel: Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Ölgemälde hingen an den holzgetäfelten Wänden. Das Mobiliar war von feinster Machart und hätte dem Speisezimmer eines vornehmen Schlosses zur Ehre gereicht. Gäste hatten sich wenige eingefunden. Die meisten der weißgedeckten Tische waren unbesetzt.
    Wie es sich für ein erstklassiges Haus gehörte, eilte sofort ein Kellner auf mich zu, um mir aus den regennassen Kleidern zu helfen. Ich übergab dem Bediensteten Hut und Mantel, schüttelte jedoch den Kopf, als er auch nach meinem Spazierstock greifen wollte. Nur wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, trennte ich mich von meinem Stockdegen und dem im Knauf eingeschmolzenen Schoggotenstern.
    Die Entscheidung, mir einen Tisch auszusuchen, wurde mir von meinen Füßen abgenommen. Ohne daß ich es wollte, schienen sie wieder zu unheimlichem Eigenleben zu erwachen und trugen mich zu einem Tisch hinüber, der bereits von einem einzelnen Herrn besetzt war. Er trug Kleidung, der man auf den ersten Blick ansah, daß sie von einem sehr teuren Schneider stammte. Altersmäßig war er nur schwer einzuschätzen, aber ich täuschte mich wohl nicht, wenn ich ihn für ungefähr dreißig hielt. Er war nicht sehr groß, aber von kräftiger Statur. Das auffälligste Merkmal seines ansprechenden Gesichtes bildeten buschige, schwarze Augenbrauen. Seine Hautfarbe war ungewöhnlich stark gebräunt, was bestimmt nicht von der englischen Sonne herrührte. Instinktiv spürte ich, daß dieser Mann schon viel herumgekommen war und mehr erlebt hatte als die meisten Menschen seines doch noch recht jugendlichen Alters.
    »Ja?« Er blickte von der Zeitung, in der er gelesen hatte, hoch, und während er die einsilbige Frage hervorstieß, bildete sich auf seiner Stirn eine scharfe Falte offenkundiger Mißbilligung.
    Mir wurde bewußt, daß ich ihn fast eine Minute lang angestarrt haben mußte. Das gehörte bestimmt nicht zu den Gepflogenheiten eines Gentleman, wie man sie in einem solchen Restaurant erwarten durfte, und mußte nahezu zwangsläufig Befremden hervorrufen.
    Ich räusperte mich und brachte eine leichte, aber durchaus höfliche Verbeugung zuwege.
    »Craven«, sagte ich. »Robert Craven.«
    Wenn ich gedacht hatte, daß sich der Fremde nun ebenfalls vorstellen würde, sah ich mich getäuscht. Er bedachte mich nur weiterhin mit mißbilligenden Blicken.
    »Ja?« fragte er abermals.
    Ich kam mir selbst ziemlich albern vor, so dazustehen wie bestellt und nicht abgeholt. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre eiligen Schrittes davongegangen. Doch irgend etwas in mir zwang mich dazu, diesen Gedanken nicht einmal ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
    »Darf ich... darf ich mich zu Ihnen setzen?« fragte ich statt dessen.
    »Warum?« Die steile Falte auf der Stirn des Mannes wurde noch steiler.
    Warum? Das war eine gute Frage. Eine Frage noch dazu, auf die ich selbst keine Antwort wußte.
    »Nun?« drängte der Fremde, gereizt und alles andere als freundlich, was ich ihm nach Lage der Dinge nicht einmal sonderlich verübeln konnte.
    »Weil... weil ich gerne in Gesellschaft speise«, sagte ich schließlich und fühlte mich dabei genauso einfältig, wie ich vermutlich auch wirkte.
    »Nun«, erwiderte der Fremde und verzog mit einem leichten Anzeichen von Arroganz das Gesicht, »ich ziehe es vor, allein zu speisen, Mister.«
    Damit war das Thema für ihn erledigt. Er wandte den Blick von mir ab und widmete sich wieder der Times, die aufgeschlagen auf seinem Tisch lag.
    Erneut hatte ich einen schweren Kampf mit mir auszutragen. Ein tief sitzender, unbegreiflicher Trieb wollte mich dazu veranlassen, trotz der unmißverständlichen Abfuhr an seinem Tisch Platz zu nehmen. Mein Verstand sagte mir allerdings, daß der Fremde daraufhin vermutlich die Bediensteten des Gasthauses rufen würde, um mich herauswerfen zu lassen. Eine solch entwürdigende Behandlung wollte ich mir nun wirklich ersparen, und es gelang mir dann auch, mich gegen mein Innerstes durchzusetzen. Aber es war nur ein halber Sieg, denn statt das Restaurant einfach zu verlassen und meiner Wege zu gehen, schritt ich zum freien Nebentisch hinüber und ließ mich daran nieder, und zwar so, daß ich den Mann mit den buschigen Augenbrauen jederzeit im Blickfeld hatte.
    Ein Kellner huschte dienstbeflissen herbei, und ich gab geistesabwesend irgendeine Bestellung auf, die ich Sekunden später bereits wieder vergessen hatte. Meine ungeteilte Aufmerksamkeit galt dem Fremden.
    Natürlich war sich der Mann meiner unaufhörlichen Beobachtung

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