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Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Titel: Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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leibhaftigen Bösen. Den größten Teil seines Lebens hatte er in dieser Gegend verbracht, und in all der Zeit hatte es sich niemals gezeigt. Daß es nun nach so vielen Jahren sein höllisches Haupt wieder in die Höhe recken sollte, war nicht mehr als eine der vielen Legenden, die in den Köpfen der Alten wurzelten. Gewiß, auch er hatte in den Nächten der jüngsten Vergangenheit die grauenhaften Laute gehört, die aus den Tiefen des Sumpfes zum Haus herübergedrungen waren. Aber das Moor gebar viele Geräusche, für die sich fast immer eine natürliche Erklärung fand.
    Dennoch mußte Murphy im stillen zugeben, daß er sich nicht ganz wohl in seiner Haut fühlte. Während er mit seinem Sohn den Trampelpfad entlangschritt, der zur Südweide führte, waren seine Nerven gespannt wie selten. Man konnte nur noch wenige Meter weit sehen. Das Kieferngestrüpp rechts und links des Weges ragte wie die Gestalten von verkrüppelten Zwergen aus dem jetzt aufkommenden Bodennebel; unheimliche Gnome, die zahllose spinnengleiche Arme ausstreckten. Der Nebel quoll aus dem feuchten Erdreich hervor und legte einen grauen, löchrigen Teppich über das Land. Abgefallene Nadeln und Blätter machten den an sich noch festen Untergrund schlüpfrig und glitschig. Das Zirpen und Quaken ganzer Armeen von Moorgetier erweckte den Eindruck, als würden wahnsinnige Musiker eine mißtönende Sinfonie intonieren. Aber all dies war alltäglich und normal. Was dagegen ganz und gar nicht alltäglich und normal war...
    Abrupt blieb Frederic Murphy stehen, so abrupt, daß sein Sohn, der in wenigen Schritten Abstand folgte, gegen ihn prallte.
    »Hörst du das, Bruce?«
    Der Vierzehnjährige, von seinem Naturell her wirklich kein Angsthase, griff nach der Hand seines Vaters und umklammerte sie krampfhaft.
    »Ja, ich höre es, Daddy«, flüsterte er.
    Jenseits der Kakophonie der Frösche und Grillen ertönten andere Laute; furchtbare Töne, die das Blut in den Adern der beiden einsamen Wanderer gefrieren ließen. Es war ein Heulen, langgezogen und erschreckend laut, obwohl es aus weiter Ferne zu kommen schien, gleichzeitig qualvoll, wild und drohend.
    »Der... der Höllenhund!« hauchte Bruce und drückte die Hand seines Vaters noch eindringlicher. »Der Höllenhund von Baskerville!«
    Die schrecklichen Töne verhallten, hingen nur noch als schauerliches Echo in der Luft. Minutenlang blieben die Murphys wie erstarrt stehen und warteten. Aber das markerschütternde Heulen klang nicht wieder auf. Die Nacht gehörte wieder dem Kleingetier der Moorlandschaft.
    »Komm«, sagte Frederic Murphy schließlich und fuhr seinem Sohn beruhigend durchs Haar.
    »Nach Hause?« fragte der Junge hoffnungsvoll.
    »Noch nicht. Was es auch war – es ist vorbei. Und außerdem kam es aus einer ganz anderen Richtung, nicht wahr?«
    Widerstrebend nickte Bruce. Langsam wurde er seiner Angst Herr und ließ die Hand seines Vaters los. Die Murphys setzten ihren Weg zur Südweide fort und erreichten sie schließlich, ohne daß sie unterwegs noch irgend etwas Ungewöhnliches wahrgenommen hatten.
    Die Weide war eine mit Riedgras bewachsene Wiese, etwa sechzig Meter lang und vierzig Meter breit, und lag unmittelbar am Rand einer tückischen Morastmulde. Zum Sumpf hin wurde sie leicht abschüssig, wie um auf die Gefahr hinzudeuten, die dort lauerte. Frederic Murphy war sich dieser Gefahr bewußt und ging mit der gebotenen Achtsamkeit zu Werke. Vorsichtig näherte er sich dem Rand des Moorlochs, immer langsam einen Fuß vor den anderen setzend und sich vergewissernd, daß er noch festen Stand besaß. Der Boden wurde nachgiebig und schlammig. Schwarzes, nach Moder riechendes Wasser umspielte schwappend seine Füße und ließ diese bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln einsinken. Wenn Murphy sie wieder aus dem Schlamm hob, klang ein häßliches Geräusch auf, das ihn auf unangenehme Weise an das Schlachten eines Schafes erinnerte: als wenn rohes Fleisch in einen Steintrog fiele.
    Das Riedgras, von der Feuchtigkeit begünstigt, wuchs hier viel höher als im weiter oben gelegenen Teil der Wiese und erreichte an manchen Stellen eine Höhe von mehr als einem Meter. Murphy hielt es durchaus für möglich, daß das verlorengegangene Schaf in diesem Grasdschungel steckte. Normalerweise mied die Herde diesen morastigen Grenzstreifen wie die Pest, aber es kam doch vor, daß sich ein einzelnes Tier von den anderen absonderte, in den modrigen Schlamm geriet und sich dann nicht mehr vor oder zurück

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