Der Hexer - NR37 - In der Festung des Dschinn
nicht, was ihn innerlich so sehr vor Zorn brodeln ließ. Zum ersten Mal seit Äonen hatte es jemand gewagt, ihn aufzufordern, sich einer anderen Macht zu beugen! Ihn, der bislang immer andere unterworfen hatte.
Trotzdem ließ er sich von seiner Wut nicht zu unüberlegten Handlungen hinreißen, sondern belauerte die drei Männer mit seinen magischen Sinnen. Es waren keine solchen harmlosen Narren wie der alte Scheik, dessen Blut seine Diener erst Augenblicke vor dem Eintreffen der drei Tempelritter von dem Boden aufgewischt hatten. Jeder der drei war ein Träger großer magischer Kraft und gefährlicher als ein ganzes Heer, das spürte Nizar einfach.
Und entsprechend vorsichtig formulierte er seine Antwort, obgleich er in Wahrheit nicht übel Lust hatte, die Topfhelme der drei samt ihrem Inhalt auf lange Spieße stecken und seine Festungsmauer damit schmücken zu lassen. »Meine Antwort lautet nein, edle Herren«, sagte er und fügte mit einem raschen, freundlichen Hyänenlächeln hinzu: »Ich kann Euer Ansinnen verstehen, doch was Ihr verlangt, ist unmöglich. Es tut mir leid, daß Ihr den langen Weg zu meiner Festung umsonst gemacht habt.«
Auf den Gesichtern der drei war keine Regung zu erkennen – was nicht zuletzt daran liegen mochte, daß ihre Gesichter unter den silberglänzenden Helmen nicht zu erkennen waren –, aber Nizar spürte ihre Gefühle fast besser, als hätte er ihr Mienenspiel beobachtet. Er fühlte den mühsam unterdrückten Zorn Gouvin du Tourvilles und den heiß lodernden Haß Renard de Banrieux’ so klar, als wären es seine eigenen Gefühle.
Nur Guillaume de Saint Denis, dem dritten Templer, gelang es, seine Gedanken vor den tastenden Geistfühlern des Magiers abzuschirmen. Dennoch war auch ihm anzumerken, daß er verärgert war. Oder den Ärger nur vortäuschte? dachte Nizar verwirrt.
Instinktiv umklammerte seine Rechte den Rubin auf seiner Brust.
»Laß die Hand von dem Stein!« sagte Renard de Banrieux. Seine Stimme klang scharf, und die Hand des Templers schloß sich um den Schwertgriff. Der Anblick ließ Nizars Zorn zu heller Wut auflodern. Was bildeten sich diese Ungläubigen ein, mit der Waffe in der Hand an seinen Hof zu kommen und ihm auch noch zu drohen? dachte er wütend.
Als hätte er seine Gedanken gelesen, legte Guillaume des St. Denis seinem Kameraden beruhigend die Hand auf den Unterarm. »Laß ihn, Renard. Der Rubin stellt für uns keine Gefahr dar.« Er schüttelte den Kopf, um seine Worte zu bekräftigen, dann wandte er sich wieder an Nizar:
»Du solltest dir unseren Vorschlag noch einmal überlegen«, sagte er ruhig. »Um die Wüstenstämme, die du dir unterworfen hast, unter Kontrolle zu halten, brauchst du das Auge des Satans nicht. Dazu reicht die Kraft deines Rubins allein. Außerdem bieten wir dir die Unterstützung unseres Ordens an, wenn du uns das Auge des Satans übergibst. Du weißt, wir besitzen mehr Macht, als du mit dem Auge jemals erringen könntest. Außerdem«, fügte er in fast – aber eben nur fast – freundlichem Ton hinzu, »wäre es nur eine... nun, sagen wir: Leihgabe. Ein jeder von uns gibt dir sein Wort als Ehrenmann und Ritter, daß du das Auge unbeschädigt zurück erhältst.«
»Würdet ihr mit euren Köpfen dafür haften?« fragte Nizar lauernd.
»Nein«, fauchte Renard. »Aber vielleicht mit deinem.«
St. Denis brachte seinen Begleiter mit einer unwilligen Geste zum Verstummen. »Schlag ein«, fuhr er fort, Renards Worte ganz bewußt übergehend, »und wir garantieren, daß ab sofort deine Feinde auch unsere Feinde sind. Wir werden jeden vernichten, der dich und dein Reich bedroht!«
Nizar starrte den Templer an. Das Wort Größenwahn war ihm bisher fremd gewesen, obwohl – oder vielleicht weil – er von Geburt an sehr ausgeprägt an dieser Krankheit litt, aber Guillaume de Saint Denis’ Worte klangen in seinen Ohren mehr als nur großspurig. Er kannte die Macht der Templer, auch wenn er bislang noch nie persönlich mit einem Angehörigen dieses Ordens zusammengetroffen war. Doch was konnten sie von der geheimnisvollen Kraft des Auges schon wissen? Märchen und Gerüchte vielleicht, nichts als das erschreckende und angstmachende Geschwätz, das darüber im Umlauf war – und das er selbst zu einem guten Teil in die Welt gesetzt hatte, um seine Macht noch mehr zu festigen.
Was wußten sie schon, diese Narren! Er hatte seinen Blick in das Auge versenkt und die Kräfte, die es wie ein nie versiegender Quell verströmte, in sich
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