Der Hexer und die Henkerstochter
oder kichernde kleine Japaner entgegen, die das starke Bier nicht vertragen. Nicht umsonst schenkt man in Andechs den dunklen Doppelbock mit seinen über sieben Prozent nicht mehr in Maßkrügen aus. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ab drei Maß das Paradies beginnt – dicht gefolgt von einer Hölle aus Kopfweh, Schweißausbrüchen und übersäuertem Magen.
Doch wer an einem ruhigen Tag unter der Woche kommt, brav seine Halbe Bier bestellt und gedankenverloren den Blick von der Kirche bis hinüber zu den Alpen schweifen lässt, der versteht, warum der liebe Gott sich genau diesen Ort für sein Kloster ausgesucht hat.
Als ich während meiner Recherche einmal an einem Dienstag bei schönstem Wetter oben im Klosterbiergarten hockte, las neben mir ein älterer Herr in Trachtenjanker seine Zeitung. Plötzlich blickte er auf, grinste mich mit seinen drei Zähnen an und prostete mir zu. Es folgte der universell einsetzbare bayerische Segen.
»Mei, grad schee is.«
Ich lächelte, nickte, und wir schwiegen wieder. Kurz darauf bestellte ich ein zweites Bier und holte mein Notizbuch hervor.
An diesem Tag hatte ich meine besten Einfälle.
Wenn Sie diesen Roman gelesen haben und daraufhin voller Erwartung nach Andechs pilgern, dann dürfen Sie sich nicht wundern. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich auf dem Heiligen Berg einiges verändert. Da war zum einen die Säkularisation, die Anfang des 19. Jahrhunderts auch diesem Kloster schwer zu schaffen machte. Es liegt vor allem aber daran, dass ein Brand am 3. Mai 1669 fast alle Gebäude zerstörte. Erst danach entstand jenes barocke Andechs, dessen Motiv heute viele bayerische Postkarten ziert. Ich konnte mir also diesmal bei den Beschreibungen mehr Freiheiten herausnehmen als bei den vorherigen Romanen.
Damit Sie sehen, dass trotzdem vieles auf historischen Tatsachen beruht, habe ich im Anhang einen kleinen Klosteralmanach verfasst, der Ihnen den nötigen Überblick gibt, um an den Tischen im Klosterbiergarten mitreden zu können.
Aber Vorsicht! Lesen Sie den Almanach erst, wenn Sie den Roman beendet haben!!!
Darin wird nämlich schon einiges von der Auflösung der spannenden Geschichte verraten. Oder gehören Sie etwa zu den Menschen, die ein Buch ohnehin von hinten nach vorne lesen? Na? Dann nur zu! Hauptsache, Sie lernen dieses wunderschöne Kloster mit seiner langen Vergangenheit kennen – und trinken das eine oder andere Bier auf meine Heimat. Aber hüten Sie sich vor dem Doppelbock!
Wieder einmal haben viele Menschen dazu beigetragen, dass dieser Roman zustande kam. An erster Stelle möchte ich mich bei Elfride Kordwig bedanken, deren Klosterführungen und Bücherleihgaben mir einen grandiosen Überblick verschafft haben. (Und noch mal Verzeihung für den verpassten Termin, ich hatte die schlimmsten Zahnschmerzen meines Lebens …)
Danken möchte ich auch dem Andechser Mönch, der seinen Namen nicht nennen will, der mir jedoch einige wichtige Details über das Klosterleben verriet. Außerdem dem Erlinger Heimatforscher Karl Strauß, Joachim Heberlein vom Heimat- und Museumsverein Weilheim, Helmut Schmidbauer aus Schongau (vor allem für den Tipp mit der Heiligen Vorhaut!), meinen Brüdern Marian und Florian sowie meinem Vater für die medizinische Beratung, meiner Mutter für die Wandertipps und für die Bücher über die Gegend, meiner Lektorin Uta Rupprecht für die gewinnbringenden Wortgefechte, meinem Agenten Gerd Rumler fürs gute Zureden und meiner Frau Katrin, die diesmal kein einziges Mal über den Manuskriptseiten eingeschlafen ist und einige wertvolle Anregungen beigetragen hat.
Und natürlich meinen Kindern, die meist ohne Murren den steilen Weg nach Andechs hinaufgelaufen sind, wenn ihr Vater wieder irgendein unwichtiges Detail überprüfen musste. Es gibt Eis bis zum Abwinken, versprochen!
Andechs: Leitet sich entweder vom romanischen Wort »daksia« für Eibe ab oder vom keltischen Wort »aks« für »schroffen, steilen Felsen«. Die ersten Überlieferungen stammen aus dem 11. Jahrhundert.
Andechs-Meranier: Mächtiges Adelsgeschlecht, das durch den Bamberger Königsmord (siehe dort) seine einstige Vormachtstellung in Bayern an die Wittelsbacher verlor und Mitte des 13. Jahrhunderts ausstarb.
Apotheke des Klosters: 1763 gegenüber der Andechser Kirche erbaut, wurde während der Säkularisation aufgelöst und dient heute als Pfarramt. Von den ehemaligen Einrichtungsgegenständen ist fast nichts mehr erhalten. Ob und wo im 17. Jahrhundert
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