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Der Hexer von Quin

Der Hexer von Quin

Titel: Der Hexer von Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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und stemmte sich gegen das Ruder. »Verdammtes Meer der Geheimnisse.«
    Jeder von ihnen sehnte sich zurück nach Logghard oder die Küstengewässer rund um die Bucht ohne Wiederkehr. Aber sie mußten für die Flamme von Logghard kämpfen.
    Luxon schüttelte sich. Immer wieder suchte er den Himmel ab. Drachenähnliche Lebewesen waren von Backbord gekommen. Sie bewegten sich blitzschnell und griffen jeden Mann an, der sich auf Deck zeigte. Die Krieger hatten ihnen einen Hagel von Speeren und Pfeilen entgegengeschickt und einige dieser Wesen getroffen. Wo sie ins Wasser schlugen, begann das Meer zu kochen und zu schäumen. Es färbte sich blutrot und stechend gelb. Die Schnäbel der Bestien rissen Tauwerk ab und fetzten große Teile der Planken heraus. Zwei Schiffe waren gesunken, ehe man ihnen zur Hilfe kommen konnte. Die meisten Männer hatten sie aus dem gischtenden Meer auffischen können.
    Hrobon, der die Sorgen der Männer besser zu kennen glaubte als sein Freund, der Shallad, packte Luxon an der Schulter.
    »Versuch’s noch einmal!« sagte er und deutete nach unten.
    »Yzinda?«
    »Seit sie bei uns ist und ihr Drittes Auge nicht ausgebrannt ist«, schnarrte der Magier und schob sein rotblondes, krauses Haar unter die herunterhängenden Krempen des nassen Hutes, »ist das Unglück unser Begleiter.«
    »Es ist anders, als du sagst«, entgegnete Luxon frostig.
    Er nickte Hrobon zu und zog sich an dem straffen Tau bis zum Niedergang. Er schwankte im Seegang den hölzernen Korridor entlang und hämmerte mit den Fingerknöcheln gegen eine schmale Tür. Er wartete nicht lange, sondern trat ein. Die Coltekin saß, den Rücken gegen die Wand gepreßt, am Fußende ihres Lagers. Ihre Augen wirkten klar. Sie lächelte und streckte die Arme aus. Luxon stieß die Tür mit dem Absatz zu und setzte sich neben sie.
    »Die Männer lassen dich fragen, wie lange die Fahrt in euer Land dauert, zarte Blume des Westens«, sagte der Shallad. Sie wußte, wer Casson in Wirklichkeit war. Aber sah sie hinter die Maske? Begriff sie, wer mit ihr segelte?
    »Du hast mich schon oft gefragt…«, begann sie und ergriff seine Hände.
    »…wenn du bei dir warst, bei Sinnen, und auch im Bann deiner seltsamen Zustände!« bestätigte er mit leichter Ungeduld. Sie rutschte zu ihm herüber und legte ihren Kopf an seine breite Schulter unter dem Lederwams.
    »Immer wieder, Luxon«, flüsterte sie und streichelte seine Wangen, »sage ich dir, daß ich kein Gefühl für die Zeit hatte. Ich weiß nur, daß die Düsterzone viel weiter weg war als in diesen Tagen.«
    Auch das hatte sie schon mehrmals wiederholt. Quarons Schiffe waren weitab der gewaltigen, drohenden Wand gesegelt und gerudert. Ein Stück Wissen, das kaum nutzte. Luxon ließ sich ihre Zärtlichkeiten gern gefallen, denn sie lenkten ihn von den Gefahren ab. Dennoch fragte er weiter:
    »Aber du mußt doch irgend eine Erinnerung haben. Waren es Jahre, Monde oder Tage? Du bist wahrlich keine große Hilfe – aber du bist schön und begehrenswert.«
    Sie schüttelte den Kopf und fuhr fort, ihn zu liebkosen. Er war fast sicher, daß sie ihn nicht belog. Warum auch? Es gab keinen Grund.
    Luxon küßte sie und flüsterte in ihr Ohr:
    »Meine tapferen Männer kämpfen gegen den Sturm. Und was tun wir? Wir turteln wie die Tauben.«
    Ihre Finger schoben sich unter seine Kleidung. Luxon sah in ihre Augen, bemerkte das Mal über der Nasenwurzel. Ausbrennen! Welch eine abwegige Idee.
    Das große Schiff schwankte hin und her, hob und senkte sich und verfolgte seinen Kurs an der Spitze der Flotte. Luxons Unruhe wuchs noch immer. Er war von allem abgeschnitten. Nichts wußte er aus Logghard, nichts über das ferne, fremde Land, nichts über die Entwicklung im ständigen Kampf gegen die Dämonen, gegen das Böse, gegen die Magie. Er konnte auch jetzt, im Moment, seinen erschöpften Männern nicht helfen, und noch immer hoffte er, nicht nur den Körper Yzindas besitzen zu können, sondern sich auch ihren Verstand zunutze machen zu können.
    Hingebungsvoll schmiegte sich die kleine Coltekin an ihn. Für sie und ihren Verstand, der sich in einem fremdartigen Labyrinth eingeschlossen befand, war liebevolle Hingabe das einzige Mittel, Luxon näherzukommen. Sie hatte in der Maske schon in den ersten Tagen den wahren Shallad erkannt; solange die beschwerliche Fahrt dauerte, versuchte sie, Luxon zu helfen. Aber sie konnte nicht mehr sagen, als sie wüßte. Sie wußte nur, was ihr zu wissen gestattet war.
    Luxon

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