Der Hobbit
Stimme.
»Am besten zuerst auf den Burschen, der zuletzt gekommen ist«, sagte Bert, dem Thorin das Auge verletzt hatte. Er dachte, Tom habe gesprochen.
»Halte hier keine Selbstgespräche!«, sagte Tom. »Aber wenn du dich auf den letzten setzen willst, dann setz dich doch drauf! Welcher ist es denn?«
»Der mit den gelben Socken«, sagte Bert.
»Unsinn, der mit den grauen Socken«, sagte eine Stimme, die sich anhörte wie William.
»Ich weiß genau, dass sie gelb waren«, sagte Bert.
»Klar waren sie gelb«, sagte William.
»Warum sagst du dann erst, sie waren grau?«, sagte Bert.
»Hab ich nie gesagt. Das war Tom.«
»Ich doch nicht!«, sagte Tom. »Das warst du!«
»Zwei gegen einen, also halt die Schnauze!«, sagte Bert.
»Weißt du, mit wem du redest?«, sagte William.
»Fang nicht schon wieder an!«, sagten Tom und Bert im Chor. »Die Nacht ist bald um, und der Tag bricht früh an. Bringen wir’s hinter uns!«
»Der Tag soll euch treffen und zu Stein werden lassen!«,sagte eine Stimme, die sich wie William anhörte. Aber es war nicht William. Denn in diesem Augenblick drang der erste Lichtstrahl über den Hügel, und durch alle Zweige lief ein starkes Zittern. William sagte nie wieder ein Wort, denn er wurde zu Stein, als er sich bückte; und Bert und Tom erstarrten zu Felsbrocken, als sie zu ihm hinblickten. Und so stehen sie da bis auf den heutigen Tag, ganz allein, wenn sich nicht ab und zu ein Vogel auf ihnen niederlässt; denn wie ihr ja sicher wisst, müssen Trolle vor Morgengrauen unter der Erde sein, oder sie werden wieder zu dem Gebirgsstoff, aus dem sie ursprünglich gemacht wurden, und rühren sich nie wieder. Und so war es Bert und Tom und Bill nun ergangen.
»Gute Arbeit!«, sagte Gandalf, als er hinter einem Baum vorkam und Bilbo half, von einem Dornbusch herabzuklettern. Da begriff der Hobbit: Es war die Stimme des Zauberers gewesen, die das Gezänk der Trolle so lange immer wieder angestachelt hatte, bis das Tageslicht ihnen ein Ende machte.
Als Nächstes schnürten sie die Säcke auf und ließen die Zwerge heraus. Sie waren fast erstickt und alle sehr schlechter Laune: Dazuliegen und die Erwägungen der Trolle mitanhören zu müssen, ob sie gebraten, gekocht oder mariniert werden sollten, war kein Vergnügen. Was Bilbo passiert war, ließen sie sich zweimal von ihm berichten, ehe sie sich zufriedengaben.
»Verrückte Idee, seine Fingerübungen als Taschendieb ausgerechnet dann zu machen, wenn wir nur ein Feuer und etwas zu essen brauchen!«, sagte Bombur.
»Und genau das hättet ihr von diesen Burschen ohne Kampf nun mal nicht bekommen«, sagte Gandalf. »Jedenfalls, ihr verschwendet jetzt eure Zeit. Ist euch denn nicht klar, dass die Trolle irgendwo in der Nähe eine Höhle oder ein Loch haben müssen, wo sie sich vor der Sonne verstecken konnten? Da müssen wir mal hineinschauen.«
Sie suchten die Umgebung ab und fanden bald die Stapfen der steinernen Trollstiefel, die in den Wald hinein führten. Sie folgten den Spuren den Hügel hinauf und kamen an die hinter Büschen verborgene steinerne Tür zu einer Höhle. Aber öffnen ließ sie sich nicht, obwohl sie sich alle mit vereinten Kräften dagegen stemmten, während Gandalf allerlei Beschwörungen ausprobierte.
»Ob das hier etwas nützt?«, fragte Bilbo, als sie schon müde und missmutig wurden. »Das habe ich auf dem Boden gefunden, wo die Trolle gerauft haben.« Er hielt einen ziemlich großen Schlüssel hoch, der William aber sicherlich klein und diskret vorgekommen war. Er musste dem Troll aus der Tasche gefallen sein, zum Glück bevor er zu Stein wurde.
»Warum in aller Welt hast du das nicht früher gesagt?«, schrien sie ihn an. Gandalf griff sich den Schlüssel und steckte ihn ins Loch. Dann, auf einen kräftigen Schubs hin, schwang die Tür nach innen auf, und sie gingen alle hinein. Auf dem Boden lagen Knochen, und ein übler Gestank erfüllte die Luft; aber sie fanden auch allerlei Essbares, das achtlos verstreut auf Regalen und auf dem Boden herumlag, außerdem eine ungeordnete Ansammlung von Beutegut aller Art, von Messingknöpfen bis zu Töpfen voller Goldmünzen, die in einer Ecke standen. An den Wänden hingen Unmengen Kleidungsstücke – sämtlich zu klein für Trolle, in den Maßen ihrer bedauernswerten Opfer – und zwischen ihnen etliche Schwerter verschiedener Form, Machart und Größe. Zwei fielen ihnen besonders ins Auge wegen ihrer schön verzierten Scheiden und der juwelenbesetzten
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