Der Hochzeitsvertrag
und den Männern nicht krank geworden?"
"Nein. Und er versicherte mir vorhin, dass sich alle drei auf dem Wege der Besserung befänden. Sie hatten großes Glück. Kaum jemand überlebt die Cholera. Die meisten sterben binnen Stunden."
Emily stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. "Ich weiß. Das heißt, das habe ich gerade gelesen."
"Wie die Seuche von einem Menschen auf einen anderen übertragen wird, ist noch nicht klar", sinnierte Nicholas, "aber seit die Krankheit ausbrach, hatte niemand aus der Besatzung mehr Kontakt zu Außenstehenden. Ich schätze, dass weitere vierzehn Tage uns Gewissheit bringen werden. Wenn wir in zwei Wochen noch alle gesund sind, sind wir über den Berg. Und werden Gott danken, dass wir verschont geblieben sind."
"Das wäre angebracht", gab Emily gedankenverloren zurück. Sie legte das Buch beiseite und erhob sich. "Ich möchte mich gern selbst von Joshuas Wohlergehen überzeugen."
"Nein!" rief er aus und machte rasch einige Schritte zur Tür, um ihr den Weg zu versperren. Es fiel ihm sichtlich schwer, Ruhe zu bewahren. Abwehrend hob er die Hände. "Emily, warte bitte zwei Tage. Nur zwei Tage. Ich verspreche dir, dass du Joshua dann sehen darfst – zumindest, wenn seine Genesung weitere Fortschritte gemacht hat. Heute warst du nur kurz bei ihm. Fordere das Schicksal nicht noch einmal heraus!"
Sie wusste, dass Nicholas nur ihr Bestes wollte. Dieses Mal. "Ich habe wohl keine Wahl?"
"Nicht die geringste. Und ich muss dir außerdem untersagen, uns zu verlassen. Aber zwei Wochen Müßiggang werden für dich schon nicht so schlimm sein."
"Ach, wenn Sie wüssten …", murmelte sie resigniert, mehr zu sich als zu ihm.
"Die Damen des Ortes warten wohl zum Tee auf dich? Oder will irgendein Verehrer mit dir spazieren gehen?"
Seine arroganten, herablassenden Worte machten sie zornig. Röte schoss ihr in die Wangen. "Wie können Sie sich anmaßen, so zu tun, als hätte mein Leben keinen Sinn und ich keine erstrebenswerten Ziele? Die erzwungene Isolation hier wird mich meine Stellung kosten, und mein Vater wird vermutlich noch lange für Sie arbeiten müssen!" Sie schlug das Buch mit lautem Knall zu. "Und Ihretwegen gibt es keine Verehrer, mit denen ich spazieren gehen könnte!"
Es war eigentlich unfassbar, aber er besaß die Unverschämtheit sich über ihren Wutausbruch auch noch zu amüsieren! "Keine Verehrer? Dann freu dich doch! Hast du nicht vorhin gesagt, dass du froh bist, noch keinen Gatten zu haben? Und überhaupt, was sollen diese Vorwürfe? Ich hörte, es gäbe jemand, und du hättest fast geheiratet."
"Welch bedauerliche Fehlinformation." Angriffslustig hob sie das Kinn und blitzte ihn an. "Sie sind der Grund, warum ich Männer nur noch abschreckend finde."
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. "Deine Stellung, die du erwähnt hast", sagte er hastig und wechselte absichtlich das Thema, "ist in einer Schneiderei, oder? Soweit ich mich erinnere, kannst du ja sehr gut nähen?"
Sie senkte den Kopf, blickte auf die Volantreihen ihres Rocks und wünschte, sie hätte nicht davon angefangen. "Nein, ich bin … ich werde Gouvernante", gestand sie ihm verlegen und schalt sich gleichzeitig dafür, dass sie nicht mehr Stolz über diese Position zum Ausdruck brachte. Warum sollte ihr das Gleiche peinlich sein wie ihm? Hatte er in der Vergangenheit Mitgefühl mit ihrer misslichen Lage gezeigt?
Sein Gesicht spiegelte Traurigkeit wider. "Oh, Emily …"
War er etwa enttäuscht? Weil sie weder zur Herrschaft noch zur Dienerschaft gehören und von beiden Rängen nicht akzeptiert werden würde? Sie wusste genau, worauf sie sich einließ. Und sie fand, dass dies ein kleiner Preis war – ein kleiner Preis, den sie zahlen musste im Vergleich zu dem, was sie verdienen würde.
Ihr einziges Ziel war es, sich ein regelmäßiges Einkommen zu sichern, von dem sie ihre Familie ernähren konnte. Wenn ihr Vater weiter so hart arbeitete, würde er nicht mehr lange leben. Und Joshua würde auf einem Schiff schuften müssen, statt zur Schule zu gehen. Doch soeben hatten sich all ihre Pläne zerschlagen. Sie zuckte die Schultern. "Ich hätte übermorgen mit der Postkutsche nach London fahren müssen, um unverzüglich meine Stellung anzutreten. Das war die Bedingung. Jetzt wird Lord Vintley jemand anders einstellen."
"Vintley?" entgegnete er und verzog angewidert den Mund. "Nun, das ist ja kein großer Verlust. Hat er nicht früher öfter einmal die Worthings besucht? Ja, dort habe ich ihn kennen
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