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Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Titel: Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Fall abzubremsen, und sprang neben Noel in die Höhe, hob das Handgelenk, um auf die Uhr zu sehen.
    »Es ist beinahe sechs. Bald wird es hell. Schnell.«
    Sie arbeiteten sich durch die Bäume, wichen Ästen aus, sprangen über das dichte Blattwerk zu ihren Füßen, bis sie den Weg fanden, der zum Gästehaus führte. In der Ferne konnten sie ein schwaches Leuchten erkennen — das Licht, das aus kleinen Kathedralglasfenstern fiel.
    »Halt!« sagte Ben-Gadíz.
    »Was?« Yakovs Hand packte Noel an der Schulter. Der Israeli beugte sich vor, zerrte Holcroft zu Boden. »Was machen Sie da?«
    »Seien Sie ruhig! Im Haus tut sich was. Leute.«
    Noel spähte durch das Gras zu dem nicht einmal hundert Meter entfernten Haus hinüber. Er konnte keine Gestalten hinter den Fenstern sehen. »Ich sehe niemanden.«
    »Sehen Sie sich die Lichter an. Da bewegen sich Leute vor den Lampen.«
    Holcroft sah sofort, was Ben-Gadíz meinte. Da war ein feiner Wechsel zwischen Licht und Schatten. Das normale Auge — besonders das normale Auge von jemandem, der von Sorge erfüllt und schnell gelaufen war — hätte das nicht bemerkt. »Sie haben recht«, flüsterte er.
    »Kommen Sie«, sagte Yakov. »Wir schleichen uns durch den Wald von der Seite an.«
    Sie liefen zu den Bäumen zurück und kamen am Rand eines kleinen Krocketplatzes heraus, die Tore und Stäbe wirkten in der Winternacht gespenstisch. Dahinter waren die Fenster des Hauses zu sehen.
    »Ich laufe jetzt hinüber und gebe Ihnen ein Zeichen, wenn Sie nachkommen können«, flüsterte Yakov. »Und denken Sie daran, kein Geräusch.«
    Der Israeli huschte über den Rasen und kauerte sich neben einem Fenster nieder, machte aber keine Anstalten, die Hand zu heben. Was stimmte da nicht? Weshalb kam das Signal nicht?
    Noel konnte nicht länger warten. Er sprang auf und rannte über den Rasen.

    Der Israeli drehte sich herum, und seine Augen funkelten. »Weg da!« flüsterte er.
    »Wieso? Sie ist im Haus!«
    Ben-Gadíz packte Holcroft an der Schulter, stieß ihn zurück. » Zurück , habe ich gesagt! Wir müssen hier weg...«
    »Den Teufel werden wir!« Noel riß beide Arme wild nach oben, brach den Griff des Israeli auf. Er sprang ans Fenster und sah hinein. Das ganze Universum explodierte in einem Feuersturm. Sein Geist zerstob. Er wollte schreien, aber da kam kein Schrei, da war nur schierer, nackter Schrecken, jenseits jeder Vernunft, jenseits eines jeden Geräuschs.
    In dem schwach beleuchteten Raum sah er den Körper seiner Mutter, im Tod schräg über einer Stuhllehne verkrümmt. Der schöne, graziöse Kopf war von Blut überströmt, Dutzende von roten Rinnsalen über dem verrunzelten Fleisch.
    Noel hob die Hände, die Arme, sein ganzes Wesen war am Zerreißen, am Zerbersten. Er konnte die Luft fühlen. Seine Fäuste tauchten auf die Glasscheiben zu.
    Aber der Aufprall kam nicht. Statt dessen schlang sich ein Arm um seinen Hals, drückte eine Hand sich auf seinen Mund; riesige Polypenarme, die seinen Kopf zurückzogen, ihn hochhoben, so daß sich seine Wirbelsäule krümmte. Dann sackten ihm die Beine ein, als etwas ihn zu Boden zwang. Sein Gesicht wurde auf die Erde gepreßt, bis er keine Luft mehr bekam. Dann schoß ein scharfer, unerträglicher Schmerz durch seine Kehle, und da war wieder das Feuer.
    Er wußte, daß er sich bewegte, aber er wußte nicht wie oder weshalb. Zweige peitschten ihm ins Gesicht, Hände hämmerten auf seinen Rücken, trieben ihn weiter in die Dunkelheit hinein. Er wußte nicht, wie lange er sich in diesem chaotischen Schwebezustand befand, aber schließlich kam eine Steinmauer. Schroffe Befehle bellten an seinem Ohr.
    »Hinauf! Über den Draht!«
    Langsam stellte sich sein Bewußtsein wieder ein. Er spürte, wie die scharfen Metallspitzen nach ihm stachen, seine Haut aufschürften, seine Kleider zerfetzten. Dann wurde er über eine harte Fläche gezerrt und gegen die Tür eines Autos geschleudert.

    Das nächste, was er wahrnahm, war, daß er auf dem Sitz eines Wagens saß und durch das Glas einer Windschutzscheibe starrte. Die Dämmerung kam auf.
     
    Er saß da, ausgepumpt, betäubt, und las den Brief von Althene.
     
    Liebster Noel —
    Es ist unwahrscheinlich, daß wir einander sehen, aber ich flehe Dich an, trauere nicht um mich. Später vielleicht, aber nicht jetzt. Dafür ist keine Zeit.
    Ich tue, was ich tun muß, aus dem einfachen Grund, weil es getan werden muß, und ich die Person bin, die sich dafür als erste anbietet. Selbst wenn es jemanden

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