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Der Horizont: Roman (German Edition)

Der Horizont: Roman (German Edition)

Titel: Der Horizont: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Modiano
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sie denken, ich hätte mich geprügelt …«
    Bosmans fragte, ob sie sich nach diesem »Unfall« nicht ein paar Tage krankschreiben lassen könnte. Sie lächelte, offenbar gerührt über so viel Naivität. In den Büros von Richelieu Interim war man seine Stelle beim kleinsten Fernbleiben los.
    Sie gingen bis zur Place Pigalle, auf dem gleichen Weg, den Bosmans nahm, wenn er sich davonstahl aus den Schlafsälen des Lycée Rollin. Vor dem Metroeingang schlug er ihr vor, sie nach Hause zu begleiten. Tat die Verletzung nicht allzu weh? Nein. Außerdem waren um diese Uhrzeit die Treppen, Gänge und Züge leer, und ihr drohte keine Gefahr mehr.
    »Holen Sie mich doch an irgendeinem Abend um sieben vom Büro ab«, sagte sie mit ihrer ruhigen Stimme, als wäre nun alles ganz selbstverständlich. »Rue du Quatre-Septembre Nr. 25.«
    Weder sie noch er hatte einen Stift und Papier, um diese Adresse aufzuschreiben, aber Bosmans versicherte ihr, Straßennamen und Hausnummern vergesse er nie. Das war seine Art, gegen die Gleichgültigkeit und Anonymität der Großstädte anzukämpfen, und vielleicht auch gegen die Ungewissheiten des Lebens.
    Er folgte ihr mit dem Blick, während sie die Stufen hinabstieg. Und wenn er umsonst wartete, am Abend, nach Büroschluss? Beklommenheit überfiel ihn bei dem Gedanken, dass er sie niemals wiederfinden würde. Vergeblich suchte er sich zu erinnern, in welchem Buch geschrieben stand, dass jede erste Begegnung eine Verletzung ist. Das musste er in der Zeit des Lycée Rollin gelesen haben.

A m ersten Abend, als Bosmans sie nach Büroschluss abholen gekommen war, hatte sie ihm zugewinkt, im Strom all jener, die aus dem Türvorbau drängten. Sie war in Begleitung der anderen: Mérovée, der Brünette mit dem Bulldoggenschädel und der Blonde mit der getönten Brille. Sie hatte sie mit der Bezeichnung »meine Kollegen« vorgestellt.
    Mérovée hatte ihnen vorgeschlagen, noch auf ein Glas mitzugehen, ein Stückchen weiter, ins Firmament, und Bosmans war verblüfft gewesen über seine metallische Stimme. Margaret Le Coz hatte Bosmans einen verstohlenen Blick zugeworfen, bevor sie sich zu Mérovée gedreht hatte. Sie hatte gesagt:
    »Ich kann nicht lange bleiben … Ich muss früher nach Hause als sonst.«
    »Ach ja, wirklich?«
    Und Mérovée musterte sie auf eine unverschämte Art. Er hatte sich vor Bosmans aufgepflanzt und war in sein Insektengelächter ausgebrochen.
    »Ich habe den Eindruck, Sie wollen uns Mademoiselle Le Coz entführen?«
    Bosmans hatte mit nachdenklicher Miene geantwortet:
    »Ach ja … glauben Sie?«
    Im Café hatte er sich neben sie gesetzt, und sie beide saßen den drei anderen gegenüber. Der Brünette mit dem Bulldoggenschädel wirkte schlecht gelaunt. Er beugte sich zu Margaret Le Coz und sagte:
    »Sind Sie bald fertig mit der Übersetzung des Berichts?«
    »Morgen abend, Monsieur.«
    Sie nannte ihn Monsieur, weil er viel älter war als alle anderen. Ja, etwa fünfunddreißig.
    »Wir sind nicht hier, um über Arbeit zu reden«, sagte Mérovée und starrte auf den Brünetten mit dem Bulldoggenschädel, wie ein schlecht erzogenes Kind, das sich auf eine Ohrfeige gefasst macht.
    Der andere zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sei er solche Bemerkungen gewöhnt und übe sogar eine gewisse Nachsicht mit dem jungen Mann.
    »Haben Sie sich mit unserer Kollegin geprügelt?«
    Mérovée hatte Bosmans mit dieser Frage überrumpelt und dabei auf die Augenbraue von Margaret Le Coz gezeigt.
    Sie blieb völlig unbewegt. Bosmans tat, als habe er nichts gehört. Ein Schweigen entstand. Der Kellner ließ sich nicht blicken an ihrem Tisch.
    »Was möchten Sie trinken?« fragte der Blonde mit der getönten Brille.
    »Bestell fünf Gläser Bier ohne Schaum«, sagte Mérovée in barschem Ton.
    Der Blonde erhob sich und ging an den Tresen, um den Auftrag auszuführen. Margaret Le Coz wechselte einen Blick mit Bosmans, und er hatte das Gefühl, es sei ein komplizenhafter Blick. Er suchte nach einem Satz, um das Schweigen zu brechen.
    »Sie arbeiten alle im selben Büro?«
    Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, erschien er ihm albern. Und er nahm sich fest vor, nie wieder ein Gespräch in Gang bringen zu wollen. Nie wieder.
    »Nicht im selben Büro«, sagte Mérovée. »Monsieur hat ein Büro für sich allein.«
    Und er zeigte auf den Brünetten mit dem Bulldoggenschädel, dessen Gesicht streng blieb. Wieder Schweigen. Margaret Le Coz rührte ihr Glas nicht an. Und auch Bosmans

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