Der Horror-Helikopter
Fanatismus in der Stimme, wie ich ihn bei ihr kannte. Das wiederum wunderte mich ebenso wie die Tatsache, daß sie bei meiner Durchsuchung mir den Dolch nicht abgenommen hatte. Je länger ich mit Olivia Sardi zusammensaß, um so mehr Rätsel gab sie mir auf. Sie starrte ebenfalls geradeaus, so daß ich sie von der Seite her anschielen konnte. Ihre Lippen bewegten sich nicht, auch die Wangen blieben starr. Welche Gedanken sich hinter ihrer Stirn bewegten, darüber konnte ich nur spekulieren, aber ich würde wohl nie den wahren Kern treffen.
»Woran denkst du, Sinclair?«
»An Sie.«
»O danke. Gibt es ein spezielles Thema?«
Ich hatte beschlossen, sie zu testen. »Wissen Sie, Olivia, ich frage mich, aus welchem Grund Sie mir eine bestimmte Waffe gelassen haben.«
»Wieso?«
»Bei der Durchsuchung strichen ihre Hände über einen Gegenstand, den sie bestimmt identifiziert haben.«
»Welchen meinen Sie?«
»Den Dolch!«
Olivia gab keine Antwort. Mein Blick fiel auf ihre Hände. Die Rechte umkrampfte den Griff der Pistole, die Linke war ebenfalls zur Faust geballt.
»Liege ich so falsch?«
»Lassen wir das, Sinclair!« erwiderte sie soeben hörbar.
»Wer sind Sie?«
»Olivia Sardi!«
»Okay, das weiß ich. Ich möchte noch einen Schritt weitergehen. Ist Ihnen tatsächlich nicht aufgefallen, daß einer dieser Sandzombies in der Mannschaft fehlt?«
»Nein!«
»Es müßte doch einen leeren Platz geben. Und ich frage weiter. Wo könnte er geblieben sein?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Olivia, ich glaube Ihnen nicht. Ich glaube Ihnen gar nichts mehr. Hoffentlich haben Sie das Spiel nicht überreizt.«
»Keine Sorge.« Sie erhob sich. Es interessierte sie auch nicht mehr, ob sie mich nun mit der Waffe bedrohte oder nicht. Irgendwie schien die Stimmung hier umzukippen. Dadurch wuchs natürlich meine Spannung sehr stark.
Konnte ich schon eingreifen?
Nein, es wäre einem Selbstmord gleichgekommen. Wir befanden uns in der Luft, und die hat zweifelsfrei ebenso wenig Balken wie das Wasser. Wenn ich hier eine Hölle entfachte, war die Gefahr eines Absturzes durchaus gegeben, wobei ich nicht gemeinsam mit den Sandzombies sterben wollte.
Noch mußte ich warten…
Diese Zeit verkürzte ich damit, in dem ich so oft wie möglich nach draußen schaute.
Es war noch immer nur wenig zu sehen. Die Dunkelheit, der finstere Himmel, Wolkenberge, mal ein Licht, dann aber tief unten auf dem Boden. Wie weit wir noch von London entfernt waren, das konnte ich nur schätzen. Ich wußte auch nicht, mit welcher Geschwindigkeit wir flogen, aber wir hatten den südlichen Kurs beibehalten.
In Soho wollte Nadir Shive also das Grauen entfachen. Ausgerechnet dort, wo zahlreiche Menschen wohnten, die in Panik verfallen würden, wenn diese Maschine plötzlich dem Boden entgegenschwebte und anfing anzugreifen.
Die Arabian Force wollte ein Exempel statuieren, das würde ihr auch gelingen.
Was konnte ich tun? Sie stoppen? Ich hatte mir ja viel in meinem Leben zugetraut, aber in diesem Fall blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten.
Ich glaubte einfach nicht, daß meine Freunde in London einfach schliefen. Sie mußten etwas tun, sie konnten die Gefahr nicht auf sich zukommen lassen.
Ein Donnern und gleichzeitig hohles Pfeifen ließ mich aufmerksam werden. Es war von draußen an meine Ohren geklungen, und ich konnte mir vorstellen, was da passierte.
Zwei Sekunden später sah ich es auch.
Rechts von mir und auch hoch über dem Helikopter raste ein Schatten vorbei, ein Flugzeug!
Zufall, oder war es zur Beobachtung abgestellt?
Ich hatte keine Ahnung, drückte mir jedoch die Daumen, daß es einer der Abfangjäger war, der geschickt wurde.
Dann war er weg.
Dafür kehrte Olivia zurück. Sie blieb vor mir stehen und lächelte kalt.
»Na, Hoffung bekommen?«
»So ungefähr.«
Sie hob die Schultern. »Das macht uns nichts, auch wenn man uns jetzt gefunden hat.«
»Meine Landsleute würden schießen!«
Sie winkte ab. »Hast du die unzerstörbare Haut vergessen, die den Hubschrauber umgibt. Nadir Shive schützt ihn. Du glaubst nicht, wie weit und lang sich seine Haut spannen ließ.«
»Wir werden sehen!«
Olivia Sardi nahm wieder neben mir Platz. Ich kümmerte mich nicht um sie, weil ich jetzt tatsächlich wissen wollte, ob das Vorbeihuschen des Düsenjägers nur ein Zufall gewesen war und ob dem noch etwas folgte. Es sah nicht so aus.
Ungfähr zehn Minuten flogen wir unbehelligt in Richtung Süden. Es herrschten gute
Weitere Kostenlose Bücher