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Der Hueter und das Kind

Der Hueter und das Kind

Titel: Der Hueter und das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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hätte Raphael nicht seines Weges ziehen lassen dürfen. Er war noch zu jung, zu unerfahren gewesen. Seine Ausbildung war noch nicht abgeschlossen; er hatte noch nicht wirklich gewußt, was es hieß, ein »Gesandter« zu sein.
    Und doch hatte er Raphaels Wunsch entsprochen. Wie es Väter eben taten, wenn ihre Söhne etwas um jeden Preis durchsetzen wollten.
    »Es war ein Fehler, ihn hierher zu holen«, murmelte Salvat im Selbstgespräch. »Ich hätte ihn nie aus seinem Leben reißen dürfen. Er hätte nie erfahren sollen, wer sein Vater ist .«
    Aber er wußte, daß ihm keine Wahl geblieben war. Denn hätte er es nicht getan, wäre Raphael längst tot gewesen. Weil andere gewußt hatten, wer sein Vater war .
    Salvat wußte nicht einmal wirklich, wie Raphael ums Leben gekommen war. Er wußte nur, daß er tot war.
    Und wo es geschehen war.
    Hinter dem Tor ... 6
    An sich ein Ding der Unmöglichkeit. Es hätte nicht sein dürfen! Und doch war es so gewesen. Auf welchem Weg mochte Raphael dorthin gelangt sein?
    Über diese Frage sann Salvat nach, fast unentwegt, Tag wie Nacht. Geschlafen hatte er kaum seitdem. Die Müdigkeit hing ihm zentnerschwer an. Er sah sie als eine Art Buße, die er zu tun hatte.
    Aber es gab noch etwas, das er tun konnte, um den Tod seines Sohnes zu sühnen. Einen Weg, der ihn auch zu den Antworten auf all jene Fragen führen würde, die er selbst nicht zu beantworten vermochte.
    Eine Frau würde sie ihm geben.
    Eine Frau, von der er nur das Gesicht, nicht aber den Namen kannte. Sie war kurz vor dem Tor erschienen, nachdem Raphael dort gestorben war.
    Vielleicht wußte sie nicht nur, was dort geschehen war; vielleicht trug sie sogar die Schuld daran. Wenn es so war, würde Salvat sie dafür bezahlen lassen.
    Wenn er sie gefunden hatte.
    Eine erste Spur gab es. Sie tauchte in einigen der Bilder auf, die ein Teil der Brüder nach den Visionen der »Para-Träumer« malten und zeichneten ...
    Aber noch führte diese Spur nirgendwo hin.
    Noch ... Salvats Geduldsfaden war lang und lange nicht zu Ende. Jahrzehnte der Einsamkeit hatten ihn gesponnen.
    Auf seinen Stock gestützt, erhob er sich und begann einmal mehr, wie so oft in den vergangenen Tagen, seine Wanderung durch die kleine Kammer, in der bis vor kurzem Raphael Baldacci gelebt hatte. Salvat hatte nichts daran verändert. Fast nichts. Allein das Bild, das für Raphael der Grund gewesen war, sich auf den Weg zu machen, hatte er hierher bringen lassen.
    Das Motiv darauf sagte Salvat nichts. Es enthielt keinen Hinweis auf den Weg, den Raphael beschritten hatte. Keinen zumindest, der sich ihm erschloß.
    Das Bild zeigte die Rückansicht an einer nackten Frau, die sich an die Schulter eines Wesens lehnte, das zum Teil Mensch war. Der Kopf des Mannes jedoch war der eines Widders.
    Salvat wandte sich in Gedanken versunken danach um.
    Und erschrak!
    Denn das Bild hatte sich - verändert. Die junge Frau darauf lehnte nicht mehr an der Schulter des Tiermannes.
    Denn der Widderköpfige war - verschwunden!
    * Elias fror.
    Nicht sehr; nur so, als befände sich etwas Eisigkaltes in seiner Nähe und als träfe ihn ein Hauch dieser Kälte.
    Aber dieses Etwas schien ihm auf Schritt und Tritt zu folgen, als er langsam durch den Saal schritt, in dem ein Dutzend Brüder des Ordens mit Zeichnen und Malen befaßt waren, während andere sich über Schriftstücke beugten und versuchten, deren Sinn zu enträtseln.
    Elias gesellte sich zu zweien hinzu, die halblaut, aber nichtsdestotrotz aufgeregt miteinander diskutierten.
    »Was habt ihr?« fragte er.
    »Einen Namen«, antwortete einer der beiden.
    »Einen Namen? Welchen?«
    Elias spürte etwas wie einen Funken auf sich überspringen. Ein Name - das mochte eine Spur sein, eine konkrete Fährte .
    »Lilith«, sagte der andere der beiden Brüder.
    Elias schluckte.
    »Lilith«, echote er. »Adams erstes Weib ...«
    »Was kann sie mit den Dingen zu tun haben?« fragte er sich, mehr selbst als die beiden Kuttenträger links und rechts von sich.
    »Es kann sich um eine zufällige Namensgleichheit handeln«, wandte einer von ihnen ein.
    »Glaubst du an Zufälle - in dieser Sache?« fragte Elias.
    »Nicht an diesem Ort«, antwortete der andere. Elias' dünnes Lächeln verstand er nicht.
    »Macht weiter und gebt mir Bescheid, wenn ihr auf Weiteres stoßt«, sagte der dunkelhäutige Bruder und setzte seinen Weg fort.
    Nicht an diesem Ort... Keine Zufälle ..., dachte Elias.
    Dann konnte es auch kein Zufall sein, daß sein Blick

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