Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
doch mit Intuition.“
David legte den Zeigefinger an seine Lippen und versuchte, ein Bild, das kurz zuvor durch seinen Kopf geschwirrt war, wieder festzumachen.
„Augenblick!“ Er hob nachdenklich die Hand und schloss die Augen, ließ den Film rückwärts ablaufen. Schneider und er auf der Straße, der schwarz gekleidete Radfahrer, der ihn beinahe umgefahren hatte. Eine sehr kleine, aber durchtrainierte Person. Ziemlich sicher eine Frau. Ja, das machte Sinn. Der Anschlag war kurz vor ihrem Eintreffen verübt worden, das Blut aus Pendereckis Fingern war noch nicht geronnen und das Feuer hatte sich noch nicht ausgebreitet. Intuitiv wusste David, dass er richtig lag, als er Müller antwortete:
„Es war eine Kurierfahrerin, die diesen Anschlag verübt hat.“ Müller sah ihn so überrascht an, dass David innehielt, doch Müller bedeutete ihm fortzufahren.
„Frauen wirken ungefährlich. Als Kurierfahrerin konnte sie unauffällig in die Wohnung gelangen und das Paket in den Besprechungsraum bringen.“
„Wie kommen Sie auf eine Kurierfahrerin?“, fragte Müller kopfschüttelnd.
„Kurz bevor wir hierher gekommen sind, hat mich eine Kurierfahrerin fast niedergefahren. Sie ist die Kantstraße auf dem Gehsteig entlanggerast. Jetzt ist es natürlich zwecklos, sie zu verfolgen. Sie ist sicher schon über alle Berge.“ David legte seinen Kopf in den Nacken und starrte gegen die Decke. Die Szene war zwar noch immer gegenwärtig, doch die Radfahrerin in seiner Erinnerung blieb konturlos.
„Geben Sie mir ein wenig Zeit. Vielleicht kann ich mich dann an ein Detail erinnern, das uns konkret weiterhilft“, sagte er zu Müller.
Dieser streckte abwartend das Kinn vor, rückte wieder seine schwarze Brille zurecht und David sprach weiter:
„Unsere Kurierfahrerin ist klein, zierlich und sehr hübsch. Von ihr scheint keine Gefahr auszugehen. Sie ist charmant, flirtet mit den Männern und ihre Ausstrahlung ist verdammt sexy. Deshalb durfte sie auch das Paket auf den Konferenztisch legen. Als Männer hatten unsere Agenten sicher etwas anderes im Kopf, als die Kurierfahrerin oder das Paket zu durchleuchten.“ David massierte mit den Fingerspitzen seine Schläfen, um eine beginnende Migräne zu unterdrücken, und sah Müller direkt in die Augen. „Es ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber die Frau hat ihre Aura unter Kontrolle und kann sie steuern, wie sie es möchte.“
„Aura? Stein, sind Sie jetzt unter die Esoteriker gegangen?“ Ungläubig runzelte Müller die Stirn.
„Das hat nichts mit Esoterik zu tun. Ich kenne das vom Hundetraining. Ein Hund wittert die Aura der Menschen. Ob sie Angst haben oder Böses im Schilde führen. Ein Hund spürt das an ihrer Ausstrahlung. Natürlich spürt er auch, wenn sie freundlich sind.“ Mit dem Daumennagel strich sich David über die Narbe, die seine rechte Augenbraue teilte. „Unsere Kurierfahrerin hat das trainiert! Ich habe das schon einmal gehört. Es gibt angeblich ein Terroristencamp im Nahen Osten, wo mit Hunden gearbeitet wird. Die Terroristen können ihre Aura so steuern, dass sie sogar die Hunde täuschen.“
„Wie soll das denn funktionieren?“ Müller trat näher an David heran und verzog höchst interessiert die dünnen Lippen.
„Vereinfacht ausgedrückt, sie programmieren ihre Aura auf Freundlichkeit und töten dann den überraschten Hund. So einfach ist das. Ich habe das selbst auch schon erlebt.“
„Was haben Sie erlebt?“, fragte Müller aufgeregt und schob sich die schwarze Brille wieder zurecht.
„Vor über zwei Jahren in Afghanistan! Amir Karsai, der Übersetzer, hat diese komplett harmlose Aura verströmt und uns alle damit getäuscht.“ David verstummte plötzlich, als er zurückdachte, doch dann riss er sich zusammen. „Ich spüre, dass wir es hier mit demselben Phänomen zu tun haben! Amir Karsai und unsere Kurierfahrerin haben die gleiche Ausbildung gehabt. Überprüfen Sie Karsais Vergangenheit, dann gelangen wir vielleicht auch zu der Kurierfahrerin.“
„Das ist doch kompletter Unsinn, David!“, fuhr Schneider dazwischen, dann wandte er sich zu Müller. „Ich habe es Ihnen doch gesagt, dass Stein seit dem Tod seiner Frau völlig durch den Wind ist!“
„Halten Sie den Mund, Schneider!“, fauchte Müller. „Helfen Sie lieber Robyn bei der Bestandsaufnahme der entstandenen Schäden. Ich will wissen, ob etwas verschwunden ist.“
„Penderecki hat doch die geheimen Treffen hier in dem sicheren Haus organisiert“, ergriff David
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