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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Geschlechtes, war ein Idiot. Die Gouvernanten aus dem Château des fleurs konnten ihm nicht helfen, und bis zum zwanzigsten Lebensjahr vermochte ihr Zögling keine einzige Sprache zu sprechen, nicht einmal die russische. Letzteres ist übrigens verzeihlich. Endlich bildete sich in P.s russischem Gutsherrnkopf die Vorstellung, man könne einem Idioten in der Schweiz Verstand beibringen lassen, übrigens eine von seinem Standpunkt aus logische Vorstellung: so ein Müßiggänger und Proprietär konnte sich sehr wohl denken, daß man für Geld sogar Verstand auf dem Markt kaufen könne, ganz besonders in der Schweiz. Fünf Jahre lang befand sich nun der edle Sprößling zur Kur bei einem bekannten Professor in der Schweiz; diese Kur kostete viele tausend Rubel: der Idiot wurde dadurch natürlich nicht klug, aber doch, wie man sagt, einem Menschen wenigstens so halbwegs ähnlich. Da stirbt P. unerwartet früh. Ein Testament war natürlich nicht vorhanden; die Vermögensverhältnisse befanden sich, wie das gewöhnlich der Fall ist, in arger Unordnung; es stellte sich ein Haufe gieriger Erben ein, die sich natürlich nicht im geringsten mehr um diesen letzten Sprößling seines Geschlechtes kümmerten, den der Verstorbene aus Barmherzigkeit in der Schweiz hatte von der Idiotie kurieren lassen wollen. Der junge Edeling, Idiot wie er war, versuchte doch, seinen Professor zu betrügen, und ließ sich, wie man erzählt, von ihm zwei Jahre lang gratis behandeln, indem er ihm den Tod seines Wohltäters verheimlichte. Aber der Professor war selbst ein schlauer Patron; das Ausbleiben der Zahlungen und ganz besonders der starke Appetit seines fünfundzwanzigjährigen faulenzenden Patienten machten ihn doch schließlich stutzig; er gab ihm ein Paar alte Gamaschen von sich zum Anziehen, schenkte ihm einen abgetragenen Mantel von sich und spedierte ihn aus Barmherzigkeit dritter Klasse nach Rußland; so war die Schweiz ihn losgeworden. Es könnte nun scheinen, als habe Fortuna unserem Helden den Rücken gewendet. Das war jedoch nicht der Fall: Fortuna, die ganze Gouvernements Hungers sterben läßt, schüttete auf einmal alle ihre Gaben über diesen Aristokraten aus, wie in der Krylowschen Fabel die Wolke über das ausgetrocknete Feld hinwegzieht und ihr Wasser in den Ozean hinabschüttet. Fast in demselben Augenblick, als er aus der Schweiz in Petersburg eintraf, starb in Moskau ein Verwandter seiner Mutter (die natürlich aus dem Kaufmannsstand stammte), ein alter, kinderloser, allein dastehender, langbärtiger Kaufmann und Sektierer, und hinterließ eine Erbschaft von mehreren Millionen in barem Geld, die (ja, das wäre etwas für uns beide, mich und Sie, lieber Leser!) in ihrem ganzen Betrag unanfechtbar unserem jungen Edeling zufiel, der sich in der Schweiz hatte von der Idiotie kurieren lassen! Na, nun klang die Musik natürlich anders. Um unseren Baron in Gamaschen, der schon angefangen hatte, einer bekannten Schönheit der Halbwelt den Hof zu machen, sammelte sich auf einmal ein ganzer Schwarm von Freunden; es fanden sich auch Verwandte ein und vor allem ganze Scharen vornehmer Mädchen, die danach schmachteten, mit ihm in den Stand der heiligen Ehe zu treten. Und was konnte man sich auch Besseres denken: ein Aristokrat, ein Millionär, ein Idiot, also alle Vorzüge vereint; einen solchen Mann kann man nicht einmal mit der Laterne finden oder auf Bestellung geliefert bekommen ...!«
    »Das ... das übersteigt ja alles!« rief Iwan Fjodorowitsch in höchster Entrüstung.
    »Hören Sie auf, Kolja!« rief der Fürst in flehendem Ton. Von allen Seiten erschollen verschiedenartige Ausrufe.
    »Weiterlesen! Unter allen Umständen weiterlesen!« verlangte Lisaweta Prokofjewna auf das allerbestimmteste; sie beherrschte sich augenscheinlich nur mit größter Anstrengung. »Fürst, wenn du ihm das Weiterlesen verbietest, bekommst du es mit mir zu tun!«
    Es war nichts zu machen: mit heißem Gesicht, geröteten Wangen und mit einer Stimme, die vor Aufregung zitterte, las Kolja weiter vor: »Aber während unser neugebackener Millionär sozusagen im Schoß des Glückes saß, geschah etwas von einer Seite her, von der es niemand erwartet hatte. Eines schönen Morgens erscheint bei ihm ein Besucher, mit ruhigem, ernstem Gesicht, mit höflicher, aber würdiger und rechtlicher Redeweise, bescheiden und anständig gekleidet, in seiner Denkart offenbar der fortschrittlichen Richtung angehörig, und erklärt ihm in wenigen Worten den Grund seines

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