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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Adelaida.
    »Ja, wundervoll!«
    Beide brachten übrigens beim Fortgehen dem Fürsten Ljow Nikolajewitsch ihre durchaus freundschaftliche, ja sozusagen geschwisterliche Gesinnung zum Ausdruck.
    Aber für unseren Helden war dieser Besuch von außerordentlich hoher Bedeutung. Allerdings hatte er auch selbst, schon seit dem vorhergehenden Abend und vielleicht auch schon noch früher, gar vieles geargwöhnt; aber bis zu diesem Besuch hatte er sich nicht dazu entschließen mögen, seine Befürchtungen für begründet zu halten. Jetzt aber war alles klargeworden: Fürst Schtsch. deutete den Vorfall gewiß irrig, kam jedoch insofern der Wahrheit nahe, als er begriff, daß es sich hier um eine Intrige handelte. (»Übrigens«, dachte der Fürst, »faßt er die Sache vielleicht im stillen ganz richtig auf, will es aber nicht aussprechen und deutet sie darum absichtlich irrig.«) Am allerklarsten war, daß die beiden (besonders Fürst Schtsch.) jetzt zu ihm gekommen waren, weil sie gehofft hatten, von ihm irgendwelche Aufklärungen zu erlangen; wenn dem so war, so meinten sie offenbar, er sei an der Intrige mitbeteiligt. Wenn sich ferner all dies so verhielt und von solcher Wichtigkeit war, so mußte »sie« irgendein furchtbares Ziel im Auge haben; aber was war das für ein Ziel? Entsetzlich! »Und wie soll man sie aufhalten? Sie aufzuhalten ist keine Möglichkeit, wenn sie sich etwas einmal in den Kopf gesetzt hat!« Das wußte der Fürst aus Erfahrung. »Sie ist eine Irrsinnige, eine Irrsinnige!«
    Aber es kamen an diesem Morgen noch eine Menge anderer schwieriger Fragen hinzu, die alle gleichzeitig auf ihn einstürmten und sofortige Entscheidung verlangten, so daß der Fürst in recht trübe Stimmung geriet. Ein wenig Zerstreuung verschaffte ihm Wjera Lebedjewa, die mit der kleinen Ljubow auf dem Arm zu ihm kam und ihm längere Zeit etwas unter vielem Lachen erzählte. Ihr folgte ihre Schwester, die immer den Mund so weit aufriß, und beiden folgte dann Lebedjews Sohn, der Gymnasiast, welcher versicherte, der Wermutstern der Offenbarung des Johannes, der auf die Wasserquellen der Erde gefallen sei, sei nach der Deutung seines Vaters das Eisenbahnnetz, welches Europa bedecke. Der Fürst glaubte nicht recht, daß Lebedjew es so erklärt habe, und sie nahmen sich vor, ihn selbst bei der ersten passenden Gelegenheit danach zu fragen. Von Wjera Lebedjewa erfuhr der Fürst, daß Keller sich bei ihnen seit gestern einquartiert habe und, nach allen Anzeichen zu urteilen, so bald nicht wieder fortgehen werde; denn er habe hier an General Iwolgin Gesellschaft gefunden und mit ihm Freundschaft geschlossen; er habe übrigens erklärt, er bleibe einzig und allein, um seine Bildung zu vervollständigen, bei ihnen. Überhaupt gefielen Lebedjews Kinder dem Fürsten von Tag zu Tag mehr. Kolja war den ganzen Tag nicht anwesend; er hatte sich ganz früh am Morgen nach Petersburg begeben. (Auch Lebedjew war beim Morgengrauen in Geschäftsangelegenheiten weggefahren.) Aber der Fürst wartete ungeduldig auf einen Besuch Gawrila Ardalionowitschs, der unbedingt heute bei ihm vorsprechen mußte.
    Dieser kam zwischen sechs und sieben Uhr nachmittags, gleich nach Tisch. Sowie der Fürst ihn erblickte, kam ihm der Gedanke, wenn jemand, so müsse er den ganzen Zusammenhang haarklein und irrtumslos kennen; es sei ja auch nicht anders möglich, da er solche Gehilfen wie Warwara Ardalionowna und ihren Mann habe. Aber das Verhältnis des Fürsten zu Ganja war von ganz besonderer Art. Der Fürst hatte ihm zum Beispiel die Erledigung der Burdowskischen Angelegenheit anvertraut gehabt und ihn dringend darum gebeten; aber ungeachtet des ihm hierbei bezeigten Vertrauens und trotz manchem, was vorhergegangen war, blieben zwischen ihnen beiden doch immer noch gewisse Punkte bestehen, über die sie wie nach wechselseitigem Übereinkommen nicht miteinander sprachen. Es schien dem Fürsten manchmal, daß Ganja vielleicht seinerseits den Wunsch hege, es möge doch zwischen ihnen beiden die vollste, freundschaftlichste Aufrichtigkeit herrschen; jetzt zum Beispiel unmittelbar nach Ganjas Eintritt hatte der Fürst den Eindruck, als sei Ganja der bestimmten Überzeugung, in diesem Augenblick müsse notwendigerweise das Eis zwischen ihnen auf allen Punkten brechen. Gawrila Ardalionowitsch hatte es aber eilig; in Lebedjews Wohnung erwartete ihn seine Schwester; sie hatten beide zusammen eine schleunige geschäftliche Besorgung vor.
    Aber wenn Ganja wirklich eine ganze

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