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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Mutter, Herr Burdowskij, lediglich deswegen Herrn Pawlischtschews Wohlwollen und Fürsorge genoß, weil sie die Schwester jenes Gutsmädchens war, in das Nikolai Andrejewitsch Pawlischtschew seit seiner Jugend so verliebt war, daß er sie unzweifelhaft geheiratet hätte, wenn sie nicht frühzeitig gestorben wäre. Ich habe Beweise dafür, daß diese stille Liebe, so sicher und zuverlässig sie auch feststeht, doch sehr wenig bekannt war und bald in Vergessenheit geriet. Des weiteren könnte ich Ihnen darlegen, daß Ihre Mutter schon als zehnjähriges Kind von Herrn Pawlischtschew wie eine Verwandte zur Erziehung angenommen wurde, daß ihr eine beträchtliche Mitgift ausgesetzt wurde und daß all diese Fürsorge bei Pawlischtschews zahlreicher Verwandtschaft sehr beunruhigende Gerüchte hervorrief, man dachte sogar, er werde seine Pflegetochter heiraten; aber die Sache endete damit, daß sie aus Neigung (und das könnte ich Ihnen auf das schlagendste beweisen) im Alter von zwanzig Jahren den Feldmesser Herrn Burdowskij heiratete. Ich habe nun mehrere zuverlässige Tatsachen zusammengebracht zum Beweis, daß Ihr Vater, Herr Burdowskij, der durchaus kein erfahrener Geschäftsmann war, nach Empfang der Mitgift Ihrer Mutter im Betrage von fünfzehntausend Rubel den Dienst quittierte, sich auf kaufmännische Unternehmungen einließ, betrogen wurde, das Kapital einbüßte, den Kummer darüber nicht zu ertragen vermochte und zu trinken anfing, wovon er nachher krank wurde und schließlich frühzeitig starb, im achten Jahr nach seiner Verheiratung mit Ihrer Mutter. Darauf blieb diese, nach ihrem eigenen Zeugnis, in bitterer Armut zurück und wäre ganz zugrunde gegangen, wenn nicht Pawlischtschew sie beständig in großmütigster Weise unterstützt hätte: er gab ihr jährlich eine Beihilfe bis zu sechshundert Rubel. Ferner habe ich zahllose Zeugnisse dafür, daß er Sie, als Sie noch ein kleines Kind waren, überaus liebte. Aus diesen Zeugnissen sowie auch wieder aus der Bestätigung von Seiten Ihrer Mutter geht hervor, daß er sie namentlich deswegen liebte, weil Sie in Ihrer Kindheit stotterten und den Eindruck eines verkrüppelten, bemitleidenswerten, unglücklichen Kindes machten (Pawlischtschew aber hatte, wie ich aus zuverlässigen Beweisen schloß, sein ganzes Leben lang eine besondere zärtliche Zuneigung für alles Niedergedrückte und von der Natur Vernachlässigte, besonders wenn es sich um Kinder handelte, – eine Tatsache, die nach meiner Überzeugung für unsere Angelegenheit von hoher Wichtigkeit ist). Endlich kann ich mich rühmen, noch über einen bedeutsamen Punkt sehr genaue Untersuchungen angestellt zu haben, nämlich darüber, wie diese außerordentliche Zuneigung Pawlischtschews zu Ihnen (er machte es möglich, daß Sie auf das Gymnasium kamen und unter besonderer Aufsicht und Anleitung lernten) endlich allmählich Pawlischtschews Verwandte und Hausgenossen auf den Gedanken brachte, Sie wären sein Sohn und Ihr Vater nur ein betrogener Ehemann. Aber die Hauptsache ist, daß dieser Gedanke sich erst in Pawlischtschews letzten Lebensjahren zu einer bestimmten, allgemeinen Überzeugung verdichtete, das heißt zu einer Zeit, als alle für die Erbschaft zu fürchten anfingen und als die ursprünglichen Tatsachen in Vergessenheit geraten, Nachforschungen aber unmöglich waren. Ohne Zweifel ist diese Idee auch zu Ihnen gelangt, Herr Burdowskij, und hat sich vollständig bei Ihnen festgesetzt. Ihre Mutter, mit der ich die Ehre hatte, persönlich bekannt zu werden, wußte zwar von all diesen Gerüchten, weiß aber bis auf diese Stunde nicht (und ich meinerseits habe sie ebenfalls darüber in Unkenntnis gelassen), daß auch Sie, ihr Sohn, sich im Bann dieses Gerüchtes befanden. Ich fand Ihre hochverehrte Mutter, Herr Burdowskij, in Pskow krank und in ärgster Armut, in die sie durch Pawlischtschews Tod geraten ist. Mit Tränen der Dankbarkeit teilte sie mir mit, daß sie nur durch Sie und Ihre Hilfe ihr Leben auf der Welt fristet; sie erwartet viel von Ihnen für die Zukunft und glaubt fest an Ihre künftigen Erfolge...«
    »Das wird aber nachgerade unerträglich!« erklärte auf einmal Lebedews Neffe laut und ungeduldig. »Was soll denn hier dieser ganze Roman?«
    »Ekelhaft! Ganz ungehörig!« sagte Ippolit mit heftigen Körperbewegungen. Burdowskij aber äußerte nichts und rührte sich nicht einmal.
    »Was das hier soll?« sagte Gawrila Ardalionowitsch mit schlauer Miene, als wundere er sich sehr, und

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