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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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betrogen worden, betrogen, aber nicht von Tschebarow, sondern schon vor sehr langer Zeit; ich will keine Sachverständigen, ich will keine Zusammenkunft; ich glaube es so schon, ich verzichte... ich nehme die zehntausend Rubel nicht an... Leben Sie wohl...«
    Er griff nach seiner Mütze und schob seinen Stuhl zurück, um fortzugehen.
    »Wenn es Ihnen möglich ist, Herr Burdowskij«, hielt ihn Gawrila Ardalionowitsch mit leiser Stimme und in freundlichem Ton auf, »so bleiben Sie bitte noch hier, wenn auch nur fünf Minuten! Es werden in dieser Angelegenheit noch einige außerordentlich wichtige Tatsachen zutage kommen, wichtig besonders für Sie und jedenfalls sehr interessant. Meiner Meinung nach müssen Sie dieselben kennenlernen, und es wird Ihnen vielleicht selbst angenehmer sein, wenn die Sache vollständig aufgeklärt wird...«
    Burdowskij setzte sich schweigend wieder hin, ließ den Kopf ein wenig herunterhängen und schien tief in Gedanken versunken. Nach ihm setzte sich auch Lebedews Neffe wieder, der ebenfalls aufgestanden war, um ihn zu begleiten; er hatte zwar nicht den Kopf verloren und von seiner Dreistigkeit nichts eingebüßt, war aber offenbar stark betroffen. Ippolit machte ein finsteres Gesicht, war traurig und, wie es schien, sehr erstaunt. In diesem Augenblick mußte er übrigens so heftig husten, daß er sogar sein Taschentuch mit Blut befleckte. Der Boxer war ganz erschrocken.
    »Ach, Antip«, rief er trübselig, »ich hatte dir ja damals... vorgestern gesagt, daß du vielleicht gar nicht Pawlischtschews Sohn bist!«
    Man hörte verhaltenes Lachen, zwei oder drei der Anwesenden lachten lauter als die andern.
    »Das Faktum, das Sie uns soeben mitteilten, Herr Keller«, begann Gawrila Ardalionowitsch wieder, »ist sehr wertvoll. Nichtsdestoweniger bin ich auf Grund zuverlässiger Tatsachen völlig zu der Behauptung berechtigt, daß Herrn Burdowskij zwar natürlich der Zeitpunkt seiner Geburt sehr wohl bekannt war, nicht aber der Aufenthalt Pawlischtschews im Ausland, wo dieser den größten Teil seines Lebens zubrachte und von wo er nach Rußland immer nur auf kurze Zeit zurückkehrte. Außerdem ist auch das Faktum seiner damaligen Abreise an sich so wenig auffallend, daß nach mehr als zwanzig Jahren selbst seine nahen Bekannten sich nicht daran erinnern konnten, ganz zu schweigen von Herrn Burdowskij, der damals noch gar nicht geboren war. Natürlich erwies es sich jetzt keineswegs als unmöglich, Nachforschungen anzustellen; aber ich muß bekennen, daß die Feststellungen, zu denen ich gelangte, mir nur ganz zufällig gelungen sind und ebensogut hätten mißlingen können. Für Herrn Burdowskij und sogar für Tschebarow waren diese Feststellungen tatsächlich fast unmöglich, selbst wenn es ihnen in den Sinn gekommen wäre, solche Nachforschungen anzustellen. Aber möglicherweise ist es ihnen gar nicht in den Sinn gekommen...«
    »Erlauben Sie, Herr Iwolgin«, unterbrach ihn plötzlich Ippolit gereizt, »welchen Zweck soll dieser ganze Galimathias haben (verzeihen Sie den Ausdruck)? Die Sache ist jetzt aufgeklärt, wir erkennen die wichtigste Tatsache als richtig an; wozu also die peinliche, verletzende Angelegenheit noch weiter breittreten? Sie möchten vielleicht mit der Geschicklichkeit Ihrer Untersuchungen prahlen, sich uns und dem Fürsten gegenüber als tüchtiger Spion und Detektiv aufspielen? Oder beabsichtigen Sie, Herrn Burdowskij durch den Nachweis zu entschuldigen und zu rechtfertigen, daß er sich nur aus Unwissenheit auf die Sache eingelassen hat? Aber das ist eine Dreistigkeit, mein Herr! Burdowskij bedarf dessen nicht, von Ihnen gerechtfertigt und entschuldigt zu werden; das mögen Sie wissen! Er fühlt sich verletzt, die Sache ist ihm ohnehin jetzt peinlich, er befindet sich in einer unbehaglichen Lage, das sollten Sie merken und verstehen...«
    »Genug, Herr Terentjew, genug!« gelang es endlich Gawrila Ardalionowitsch, ihn zu unterbrechen. »Beruhigen Sie sich, regen Sie sich nicht auf; Sie scheinen ja doch recht krank zu sein. Sie tun mir sehr leid. Wenn Sie es also wünschen, so schließe ich, das heißt, ich sehe mich genötigt, diejenigen Tatsachen, deren vollständige und auf Beweise gestützte Kenntnis meines Erachtens nicht überflüssig sein würde, nur noch in aller Kürze mitzuteilen«, fügte er hinzu, als er eine allgemeine Bewegung wahrnahm, die wie Ungeduld aussah. »Ich möchte nur allen, die sich für die Sache interessieren, zur Kenntnis bringen, daß Ihre

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