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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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schickte sich boshaft an, nun seine Resultate darzulegen. »Erstens ist Herr Burdowskij jetzt vielleicht völlig davon überzeugt, daß Herr Pawlischtschew ihn aus Edelmut liebte, und nicht als seinen Sohn. Diese Tatsache mußte Herr Burdowskij erfahren, der vorhin nach dem Vorlesen des Artikels des Herrn Keller sein Einverständnis und seine Billigung aussprach. Ich sage das deswegen, Herr Burdowskij, weil ich Sie für einen anständigen Menschen halte. Zweitens ergibt sich, daß hier nicht die geringste diebische Gaunerei vorliegt, nicht einmal von Tschebarows Seite; das ist auch für mich ein wichtiger Punkt, weil der Fürst vorhin in der Erregung bemerkte, auch ich sei der Ansicht, daß es sich bei dieser Angelegenheit um eine diebische Gaunerei handle. Es bestand vielmehr auf allen Seiten eine feste Überzeugung, und obwohl Tschebarow vielleicht wirklich ein großer Schurke ist, hat er doch in diesem Fall lediglich wie ein erwerbslustiger Winkeladvokat gehandelt. Er hoffte, als Rechtsbeistand ein tüchtiges Stück Geld zu verdienen, und seine Spekulation war nicht nur fein und meisterhaft, sondern auch sehr richtig: er baute auf die Leichtigkeit, mit der der Fürst Geld ausgab, und auf das Gefühl der Dankbarkeit und Verehrung, das er für den verstorbenen Pawlischtschew hegte; er baute ferner (was das wichtigste ist) auf die bekannten ritterlichen Anschauungen des Fürsten von den Pflichten der Ehre und des Gewissens. Was nun speziell Herrn Burdowskij betrifft, so kann man sagen, daß er infolge seiner eigenen Überzeugung dermaßen der Einwirkung Tschebarows und seiner Umgebung unterlag, daß er die Sache fast gar nicht aus persönlichem Interesse unternahm, sondern in der Meinung, damit der Wahrheit, dem Fortschritt und der Menschheit einen Dienst zu erweisen. Jetzt also, nach Mitteilung dieser Tatsachen, wird es allen klar sein, daß Herr Burdowskij ein reiner Charakter ist, trotz alles gegenteiligen Scheines, und der Fürst kann ihm jetzt noch eher und lieber als vorhin seine freundliche Unterstützung und die tatkräftige Beihilfe anbieten, von der er vorhin sprach, als er von der Schule und von Pawlischtschew redete.«
    »Hören Sie auf, Gawrila Ardalionowitsch, hören Sie auf!« rief der Fürst in wirklichem Schrecken. Aber es war schon zu spät.
    »Ich habe gesagt, ich habe schon dreimal gesagt«, rief Burdowskij in gereiztem Ton, »daß ich kein Geld will. Ich nehme es nicht an... wozu... ich will nicht... fort von hier!«
    Er wollte eilends die Veranda verlassen. Aber Lebedews Neffe bekam ihn noch am Arm zu fassen und flüsterte ihm etwas zu. Burdowskij kehrte schnell zurück, zog ein offenes Kuvert großen Formats aus der Tasche und warf es auf ein Tischchen, das neben dem Fürsten stand.
    »Da ist das Geld!... Wagen Sie es nicht... wagen Sie es nicht!... Da ist das Geld!«
    »Es sind die zweihundertfünfzig Rubel, die Sie ihm durch Tschebarow als Almosen zu schicken wagten«, fügte Doktorenko erläuternd hinzu.
    »In dem Artikel war gesagt: fünfzig!« rief Kolja.
    »Ich bitte Sie um Entschuldigung!« sagte der Fürst, indem er an Burdowskij herantrat. »Ich habe Ihnen schweres Unrecht getan, Burdowskij, aber ich habe es Ihnen nicht als Almosen geschickt, glauben Sie mir! Ich habe Ihnen auch jetzt Unrecht getan, vorhin.« (Der Fürst war sehr niedergeschlagen, er sah müde und schwach aus, und seine Worte waren unzusammenhängend.) »Ich sprach von Gaunerei... aber das bezog sich nicht auf Sie, ich habe mich geirrt. Ich sagte, daß Sie ebenso ein kranker Mensch seien wie ich. Aber Sie sind nicht ebenso wie ich; Sie geben ja Stunden und unterstützen Ihre Mutter. Ich sagte, Sie brächten Ihre Mutter in Unehre; aber Sie lieben sie, sie sagt es selbst... ich wußte das nicht... Gawrila Ardalionowitsch hatte mir vorhin noch nicht alles mitgeteilt... ich habe unrecht getan. Ich wagte es, Ihnen zehntausend Rubel anzubieten, aber das war unrecht von mir; ich hätte es in anderer Weise machen müssen, aber jetzt... geht es nicht mehr, weil Sie mich verachten...«
    »Aber das ist ja das reine Irrenhaus!« rief Lisaweta Prokofjewna.
    »Gewiß, es ist ein Irrenhaus!« sagte Aglaja, die sich nicht mehr beherrschen konnte, in scharfem Ton.
    Aber ihre Worte gingen in dem allgemeinen Lärm unter; alle redeten jetzt laut und gaben ihr Urteil ab: der eine disputierte, der andere lachte. Iwan Fjodorowitsch Jepantschin war im höchsten Grade empört und wartete mit einer Miene gekränkter Würde auf Lisaweta

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