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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Sie denn ein Mädchen, das Sie liebten, so vor seiner eigenen Rivalin demütigen und sich um der andern willen und vor den Augen ebendieser andern von ihm abwenden, nachdem Sie ihm schon selbst einen ehrlichen Antrag gemacht hatten... und das hatten Sie doch getan, und zwar in Gegenwart der Eltern und Schwestern! Gestatten Sie die Frage, Fürst: sind Sie bei einer solchen Handlungsweise noch ein ehrenhafter Mensch? Und haben Sie nicht das herrliche Mädchen betrogen, als Sie ihr versicherten, daß Sie sie liebten?«
    »Ja, ja, Sie haben recht, ich fühle, daß ich eine Schuld auf mich geladen habe!« sagte der Fürst in unbeschreiblichem Gram.
    »Aber genügt denn das?« rief Jewgenij Pawlowitsch ganz entrüstet. »Genügt denn das, einfach auszurufen: ›Ach, ich habe eine Schuld auf mich geladen!‹ Sie sind schuldig und bleiben dabei doch hartnäckig! Und wo hatten Sie denn damals Ihr Herz, Ihr ›christliches‹ Herz? Sie haben ja ihr Gesicht in jenem Augenblick gesehen: was meinen Sie, hat sie etwa weniger gelitten als jene andere, um derentwillen Sie sich von ihr trennten? Wie konnten Sie nur das alles mit ansehen und zugeben? Wie war es nur möglich?«
    »Aber... ich habe es ja gar nicht zugegeben...«, murmelte der unglückliche Fürst.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich habe bei Gott nichts zugegeben. Ich weiß bis auf den heutigen Tag noch nicht, wie das alles gekommen ist... »Wie kann denn das unerheblich sein und nichts zu bedeuten haben? Das sind doch keine Lappalien? Sie heiraten eine geliebte Frau, um sie glücklich zu machen, und Aglaja Iwanowna sieht und weiß das; also wie kann das unerheblich sein?«
    »Um sie glücklich zu machen? O nein! Ich heirate einfach; sie will es so, und was liegt auch daran, daß ich sie heirate: ich... Nun, das ist ja ganz unerheblich! Aber sie würde sonst sicherlich sterben. Ich sehe jetzt, daß diese Ehe mit Rogoshin ein Wahnsinn war! Ich habe jetzt alles verstanden, was ich früher nicht verstand, und sehen Sie: als die beiden Frauen damals einander gegenüberstanden, da konnte ich Nastasja Filippownas Gesicht nicht ertragen... Sie wissen nicht, Jewgenij Pawlowitsch« (hier dämpfte er seine Stimme zu einem geheimnisvollen Flüstern), »ich habe das noch nie zu jemandem gesagt, auch zu Aglaja nicht: aber ich kann Nastasja Filippownas Gesicht nicht ertragen... Sie hatten vorhin ganz recht mit dem, was Sie über den damaligen Abend bei Nastasja Filippowna sagten; aber da war noch ein Moment, das Sie ausgelassen haben, weil Sie nichts davon wissen: ich habe ihr Gesicht angeschaut! Schon an jenem Vormittag auf dem Bild hatte ich es nicht ertragen können... Sehen Sie, Wera, Wera Lebedewa, die hat ganz andere Augen; ich... ich fürchte mich vor ihrem Gesicht!« fügte er in großer Angst hinzu.
    »Sie fürchten sich?«
    »Ja; sie ist wahnsinnig!« flüsterte er erbleichend.
    »Sie wissen das bestimmt?« fragte Jewgenij Pawlowitsch höchst interessiert.
    »Ja, bestimmt; jetzt weiß ich es bereits bestimmt; jetzt, in diesen Tagen, bin ich mir darüber völlig klargeworden!«
    »Aber was tun Sie sich denn da an?« rief Jewgenij Pawlowitsch erschrocken. »Also heiraten Sie aus Angst? Das ist ja gar nicht zu begreifen... Vielleicht lieben Sie sie auch gar nicht einmal?«
    »O doch, ich liebe sie von ganzem Herzen! Sie ist ja ein Kind, jetzt ist sie ein Kind, ganz und gar ein Kind! Oh, Sie wissen nur nichts davon!«
    »Und gleichzeitig haben Sie Aglaja Iwanowna Ihre Liebe beteuert?«
    »Ja, ja!«
    »Wie ist das möglich? Also wollen Sie alle beide lieben?«
    »Ja, ja.«
    »Ich bitte Sie, Fürst, was reden Sie! Kommen Sie zur Besinnung!«
    »Ich kann ohne Aglaja nicht leben... ich muß unbedingt mit ihr sprechen! Ich... ich werde bald im Schlaf sterben, ich dachte schon, ich würde in dieser Nacht im Schlaf sterben. Oh, wenn Aglaja es wüßte, alles wüßte, das heißt unbedingt alles. Denn hierbei muß man alles wissen, das ist die erste Bedingung! Warum können wir niemals alles über einen andern erfahren, wenn es doch nötig ist, wenn der andere sich schuldig gemacht hat!... Ich weiß übrigens nicht, was ich rede; ich bin ganz verwirrt; Sie haben mich furchtbar aufgeregt... Hat sie denn wirklich auch jetzt noch ein solches Gesicht wie damals, als sie weglief? O ja, ich habe eine Schuld auf mich geladen! Höchstwahrscheinlich bin ich an allem schuld. Ich weiß noch nicht inwiefern, aber ich bin schuld. Es liegt da etwas vor, was ich Ihnen nicht erklären kann, Jewgenij

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