Sternenfaust - 165 - Tachyonen-Exil
S.C.S.C. STERNENFAUST, 26. August 2272
»Morgen, Miss Hudson.« Mitch Shaw befreite seinen linken Arm von dem Gewirr aus Decken und Kissen, die über ihm lagen, und strich Emma eine Strähne ihres rotblonden Haares aus der Stirn. Seit viereinhalb Jahren durfte er nun schon neben dieser Frau aufwachen, und noch immer fühlte es sich jedes Mal an, als wäre es das erste Mal.
Emma blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. Sie war eben erst wach geworden – ganz im Gegensatz zu Mitch, der ihr bereits gut zwanzig Minuten beim Schlafen zugeschaut hatte – und noch nicht ganz in der Wirklichkeit angekommen. Ihre zerknautschten Gesichtszüge bewiesen Mitch wieder einmal, dass die Zweiundzwanzigjährige in seinem Bett nicht einmal dann ein Morgenmensch werden würde, wenn ein Schiff voller Dronte sie mit Waffengewalt dazu zwänge.
»Morgn«, nuschelte sie leise und seufzte. »Wispätsn?«
Mitch sah zu dem Chronometer auf dem kleinen Bord hinter ihr. Dann grinste er schelmisch. »0935. Hätten wir heute nicht dienstfrei, hätten wir jetzt wohl verschlafen.«
Emma Hudson drehte sich ein wenig, sodass sie rücklings auf der Matratze lag, und sah zur Decke der kleinen Kabine. »Um gut drei Stunden. Wie ich Beckett kenne, bräuchte ich dann gar nicht mehr im Labor aufzutauchen. Höchstens, um meinen Arbeitsplatz zu räumen und mich von ihm herunterputzen zu lassen.« Dirk Beckett war der neue Schichtleiter des astrophysischen Labors, in dem sie als Assistentin beschäftigt war. Mitch kannte ihn nur vom Sehen, aber nach allem, was Emma über ihn berichtete, musste er ein herrischer Sklaventreiber sein.
»Ein Grund mehr, den angebrochenen Vormittag anders zu nutzen«, sagte er sanft und erlaubte seinen Fingern, langsam ihr Gesicht entlang und zu ihren Schultern zu wandern.
Emma stutzte, was aber gespielt war. »Ach ja? Und was schwebt Ihnen da vor, Private?«
Seine Hand machte Platz für seine Lippen und kümmerte sich derweil um ihre rechte Brust, die – zumindest in seiner Sicht der Dinge – dringend Liebkosungen brauchte. Während er Emmas Schulter und Halsbeuge mit zarten Küssen bedeckte, murmelte er: »Keine … Ahnung. Mal … sehen, was … uns einfällt.«
Sie kicherte leise, denn sein Mund kitzelte sie. »Uns? Private Shaw, wo bleibt Ihre Eigeninitiative? Lassen Sie bloß Ihre Vorgesetzten nicht hören, dass Ihnen in einer Extremsituation die Ideen ausgingen.«
Das genügte. Mitch stützte sich auf und schwang sein linkes Bein über sie. Als er breitbeinig über ihr kniete, begann er, ihr die Knöpfe ihres Pyjamaoberteils zu öffnen – einen nach dem anderen. »Sie wollen Eigeninitiative, Miss Hudson?«, fragte er leise. »Sollen Sie haben.«
Emma spielte mit, und schon bald waren Mitch und sie ganz bei der Sache. Zwar gab sie sich pikiert und tadelnd, doch in ihren Augen und an dem Zucken ihrer Mundwinkel sah er, wie sehr auch sie diese Art des Wachwerdens genoss.
Das sollten wir viel öfter machen , dachte Mitch und schickte einen stummen Dankesgruß an die drei anderen Marines, mit denen er sich die kleine Kabine im Bauch der STERNENFAUST teilte. Marco und Nick waren momentan nicht an Bord, weil sie einen Lehrgang besuchten, und Pepe würde noch zwei Stunden auf seiner Schicht verbringen. Während der vergangenen Schlafperiode und zu Beginn dieses Tages gehörte die Kabine also ganz Mitch, und er nutzte sie nach bestem Wissen und Gewissen. Für die Frau, die er liebte.
Es würde ein grandioser Tag werden, daran hegte er keinerlei Zweifel. Immerhin kam es nicht oft vor, dass Emma und er gleichzeitig dienstfrei hatten und tatsächlich mal mehr als ein, zwei Stunden am Stück miteinander verbringen durften, ohne dabei Rücksicht auf andere nehmen zu müssen. Gut, eigentlich hatte er Bereitschaft, aber die letzten Tage waren so ruhig verlaufen, dass es schon mit dem Teufel zugehen musste, wenn ausgerechnet heute etwas Unvorhergesehenes geschah. Mitch hatte einiges an Aktionen für seinen gemeinsamen Tag mit Emma geplant, und am Abend wartete ein Tisch im Fuzzys auf ihn und seine bessere Hälfte.
Emma wusste noch nichts davon – genauso wenig wie von dem Ring, den er ihr nach dem Essen an den Finger zu stecken hoffte.
Den Text dazu hatte er sich genau überlegt und kannte ihn längst auswendig. Emma Hudson, wir kennen uns jetzt seit fünf Jahren, und seit viereinhalb mögen wir uns sogar. Dann würde sie lachen. Er aber würde auf ein Knie gehen – und spätestens dann würde sie begreifen,
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