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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Gedanken wie ihr Retter. Hatten sie an alles gedacht? Wenn sie einmal unterwegs waren, würden sie nicht mehr viel tun können. Sie suchten in der Menge nach bekannten Gesichtern, doch sie entdeckten niemanden, nicht einmal alte Freunde. Natürlich nicht, auf einem Seelenverkäufer wie diesem reisten Leute wie sie normalerweise nicht. Angst vor der Überfahrt hatten sie dennoch keine.
    Sie würden es irgendwie schaffen. In Angola würde man weitersehen. Vielleicht könnten sie von dort nach Brasilien weiterfahren? Man hörte viel Gutes über dieses riesenhafte Land auf der anderen Seite der Erde, und niemand kannte sie dort. Sie würden ganz von vorn beginnen können. Gemeinsam. Und ganz auf sich gestellt. Mit vereinten Kräften konnten sie etwas Schönes aufbauen, daran hatten weder Miguel noch Amba die geringsten Zweifel.
    Als Chandra gedankenlos den Arm um Pradeep legte, zogen die Matrosen angewiderte Grimassen. Der innige Umgang, den diese beiden gutaussehenden Burschen miteinander pflegten, war abstoßend. Aber was sollte man schon sagen? Es waren eben Inder. Sie schüttelten die Köpfe und wandten sich von dem unwürdigen Spektakel ab. Denn nun hieß es: Leinen los und Segel setzen!

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EPILOG
    Bahia de Todos os Santos, Brasilien, Anfang 1637
    A mba betrachtete gedankenverloren die Kokospalmen, die im Wind rauschten. An manchen Tagen überfielen sie
saudades
nach Indien, eine melancholische Sehnsucht nach den alten Zeiten, die, wie sie sehr genau wusste, in der Erinnerung schöner waren als in Wirklichkeit. In Brasilien, der großen südamerikanischen Kolonie Portugals, war es ihnen deutlich besser ergangen als in Goa.
    Sie verschränkte die Hände vor ihrem leicht hervortretenden Bäuchlein und wippte mit dem Schaukelstuhl. In vier Monaten würde die kleine Anita ein Geschwisterchen bekommen. Amba betete zu Parvati und zur Jungfrau Maria, dass auch diesmal wieder alles so reibungslos verlaufen würde wie bei der Schwangerschaft zuvor. Sie war mit knapp über dreißig schließlich nicht mehr die Jüngste.
    Als Miguel von hinten an sie herantrat, die Arme um sie legte und ihr einen Kuss auf den Scheitel hauchte, schrak sie aus ihren Betrachtungen hoch.
    »
Bom dia, meu amor.
Wie geht es euch beiden heute?«
    »Bestens.«
    Das hatte Amba in den vergangenen Wochen auch immer behauptet, heute aber stimmte es. Die Anfälle von morgendlicher Übelkeit hatten aufgehört, nun irritierten sie einzig ein paar merkwürdige Gaumengelüste.
    »Könntest du mir heute bitte ein paar unreife Bananen besorgen?«, bat sie Miguel. Das versonnene Lächeln auf seinem Gesicht sah sie nicht, da er noch immer hinter ihr stand.
    »Natürlich, was immer du willst.« Er würde, da er heute in der Hauptstadt Salvador zu tun hatte und erst spät zurückkehren würde, den jungen Sklaven João bitten, ein paar gelbgrüne Bananen von einer der Stauden abzuschneiden, die an ihrer Grundstücksgrenze wuchsen. Der Junge würde wahrscheinlich wieder eine beleidigte Miene aufsetzen, da er als Haussklave sich nicht gern zu so niederen »landwirtschaftlichen« Verrichtungen herabließ. Wie sehr die Menschen sich ähnelten, dachte Miguel, ganz gleich, ob sie asiatischer, europäischer oder afrikanischer Herkunft waren. Und wie grotesk es da eigentlich war, dass eine Rasse eine andere versklavte.
    Mit leichtem Unbehagen dachte er an seine eigene Dienerschaft, die sich ausschließlich aus Schwarzen zusammensetzte. Ohne sie ging es in Bahia nicht, aber dem einen oder anderen würde er sicher eines Tages die Freiheit schenken. Wenn er und seine Familie erst vollkommen in die Gesellschaft integriert wären, dann würde er sich solche Extravaganzen leisten können. Vorerst allerdings durften sie keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wie es das Freilassen von Schwarzen zweifellos getan hätte. Ihr Status in der Kolonie war noch nicht ausreichend gefestigt, und der Kinder zuliebe, die keiner wie auch immer gearteten Demütigung ausgesetzt sein sollten, mussten sie sich den Gepflogenheiten Brasiliens anpassen.
     
    Am Abend kehrte Miguel mit einem besonderen Geschenk zurück: Er hatte in Salvador einen Brief vorgefunden, der an Amba und ihn adressiert war, und er hatte all seine Selbstbeherrschung aufwenden müssen, um ihn nicht schon vor Amba zu lesen.
    »Sieh mal, wer uns geschrieben hat«, sagte er und reichte Amba das arg mitgenommene Kuvert.
    Sie nahm es vorsichtig und betrachtete es andächtig, als sei das verschmutzte, wellige Papier mit

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