Der Infekt
mache nur meinen Job«, meinte Cotton achselzuckend. »Es wäre besser gelaufen, wenn mich nicht ausgerechnet ein Polizeischarfschütze entwaffnet hätte, als ich den Irren stoppen wollte.«
Zeerookah verzog schmerzlich das Gesicht. »Autsch! Ich sag ja immer: Kommunikation ist alles.«
Kommunikation. Das erinnerte Cotton an den zweiten Grund seines Besuchs. »Die Zeit, sich mit den Cops abzustimmen, war zu knapp. Aber das weißt du ja sicher schon aus erster Hand.« Er trat an die flexible Rückenlehne von Zeerookahs Stuhl und zog sie ein Stück nach hinten, bis der andere den Boden unter den Füßen verlor. »Hast du mich am Wochenende bespitzelt?«
»Ich verrate nie einen Kumpel«, verteidigte sich Zeerookah und strampelte mit den Beinen. Er erinnerte in dieser Position an einen Maikäfer, der hilflos auf dem Rücken lag. »Aber wenn Mr High irgendwas wissen will, ist sein Wort nun mal Gesetz.«
»Da höre sich einer unseren gesetzestreuen Exhacker an, der sogar mal versucht hat, den Vatikan auszuschnüffeln. Ist dir denn gar nichts heilig?« Cotton ließ die Rückenlehne zurückschnappen.
Ohne auch nur zu blinzeln, entgegnete Zeerookah: »Das nächste Mal lässt du mich deine Autoteile bestellen. Ich kenne da einen supergünstigen Laden …«
*
Kaum hatte Cotton die unangenehme Pflicht erfüllt und den Bericht geschrieben, kehrte seine Partnerin, Special Agent Philippa »Phil« Decker, mit einem anderen Kollegen aus der Mittagspause zurück. Sauberes Timing, wie immer.
Cotton grüßte die beiden. »Schön, Sie zu sehen, Phil«, meinte er übermütig.
Die schlanke, elegante Blondine im beigen Hosenanzug nickte unmerklich. »Guten Tag, Special Agent Cotton«, sagte sie betont förmlich.
Cotton wies auf das Netbook. »Ich habe hier den Bericht zu den Ereignissen im Astoria Park. Damit wäre der Fall ja wohl abgeschlossen.« Zeerookah konnte das Dokument in die Datenbank einpflegen, wenn Cotton endlich unterwegs zum nächsten Einsatz war.
»Abgeschlossen?« Decker hob die Brauen. »Das glaube ich nicht. Wir arbeiten immer noch daran, die Hintergründe aufzuhellen. Es scheint schwer vorstellbar, dass ein Mann wie Miller die gesamte Logistik des geheimen Labors ganz allein stemmen konnte.«
»Okay, mag sein«, erwiderte Cotton und fügte ungeduldig die Frage an: »Was liegt denn als Nächstes an?«
Decker winkte ihn hinter ihren Schreibtisch und setzte sich auf die Tischkante, um ihm den Stuhl zu überlassen. Cotton lehnte dankend ab und blieb stehen. Er fühlte sich wohler, wenn er nicht zu seiner Partnerin aufschauen musste, die ohnehin einen Tick größer war als er.
»Ehe ich’s vergesse«, sagte er, »ich brauche noch meine Dienstpistole und die Marke, bevor ich loslegen kann.«
»Da wird nicht draus.« Decker schüttelte den Kopf. Las Cotton etwa Mitleid in ihrer Miene? »Sie werden gleich wieder nach Hause fahren.«
Cottons Magen verkrampfte sich. Das war ’ s! Ich hab mir mit dieser Geschichte im Park alles vermasselt. Die wollen mich vor die Tür setzen . Das erklärte auch die ausweichende Reaktion von John D. High und die Probleme beim Einloggen. Er war draußen. Aber wenn die mich rausschmeißen, soll Decker es mir wenigstens ins Gesicht sagen.
»Und?«, fragte er, auf alles gefasst.
»Und eine Tasche packen. Dann fahren Sie in die Belfort-Privatklinik auf Staten Island. Sie sind dort als Patient namens Ken Mitchell angemeldet.«
»Wie bitte?«, rief Cotton fassungslos. »Ich komme doch gerade erst aus dem Krankenhaus! Mir geht’s gut!« Dabei hatten die Ärzte einen lausigen Job hingelegt. Dann aber gewann die Erleichterung die Oberhand. Wie es aussah, war er doch noch im G-Team. »Ah, ich verstehe. Ich soll in dieser Klinik eine verdeckte Ermittlung führen, nicht wahr?«
Decker hüstelte und schob sich eine halblange blonde Haarsträhne hinters Ohr. »Da irren Sie sich. Wie ich gehört habe, sind Sie noch nicht einsatzfähig. Belfort ist eine Privatklinik, die sich auf Wundheilungsstörungen spezialisiert hat. Sarah Hunter hat diese Einrichtung wärmstens empfohlen.« Hunter war die Forensikerin des G-Teams.
»Die Wunde braucht einfach nur mehr Zeit«, erwiderte Cotton. »Ich hab Mr High schon gesagt, dass ich so lange wie nötig Hintergrundrecherchen übernehme. Überlegen Sie doch mal, Decker. Da draußen laufen Tag für Tag mehr Mistkerle rum, und ich soll Däumchen drehen?«
»Tut mir leid. Das ist keine Bitte meinerseits, sondern seine Order.« Decker nickte in Richtung von
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