Der Janson-Befehl
nachgejagt war?
Der Junge lag auf dem Boden. Ein hübsches Kind, das hübscheste Kind, das Janson je zu Gesicht bekommen hatte. Er wirkte seltsam friedlich, trotz der ausgezackten roten Flecken auf seiner Brust, drei dicht beieinander liegende Löcher, aus denen sein Lebensblut pumpte.
Er blickte zu dem hageren Amerikaner auf, und seine weichen braunen Augen sahen ihn unverwandt an.
Und er lächelte.
Der Junge lächelte.
Die Bilder überfluteten Janson jetzt, überfluteten ihn zum ersten Mal, weil dies die Bilder waren, die sein Bewusstsein verdrängen wollte - völlig verdrängen -, schon am Tag darauf tat es das, und an all den Tagen, die darauf folgten. Selbst ohne dass er sich an sie erinnerte, hatten sie ihn bedrängt, ihn belastet, ihn manchmal geradezu gelähmt. Er dachte an den kleinen Jungen auf der Kellertreppe im Steinpalast, an seine eigene Hand, die am Abzug erstarrt war, und erfasste die ganze Macht des Nicht-Erinnerten.
Doch jetzt erinnerte er sich.
Er erinnerte sich, wie er zu Boden gesunken war und das Kind auf seinem Schoß festgehalten hatte, eine Umarmung zwischen dem Toten und dem Beinahe-Toten, dem Opfer und dem Geopferten.
Was hat die Rechtschaffenheit mit dem Unrecht gemein? Und was das Licht mit der Dunkelheit?
Und er tat, was er nie im Einsatz getan hatte. Er weinte.
Die Erinnerungen, die darauf folgten, ließen sich nicht richtig zurückrufen: Bald kamen die Eltern des Kindes, von den Schüssen herbeigelockt. Er konnte ihre entsetzten Gesichter sehen, ja - Gesichter voll Leid, einem Leid, das selbst Wut und Zorn verdrängte. Sie nahmen ihren Jungen von ihm entgegen, der Mann und die Frau, und der Mann weinte, weinte ... und die Mutter schüttelte den Kopf, schüttelte heftig den Kopf, als könne sie damit die Realität verdrängen, die ihr Bewusstsein aufgenommen hatte, und dann wandte sie sich dem ausgemergelten Soldaten zu, den leblosen Körper ihres Kindes in den Armen, suchte nach Worten, als ob die etwas bewirken könnten.
Doch alles, was sie sagte war: »Ihr Amerikaner.«
Jetzt lösten sich die Gesichter auf, alle Gesichter, und Janson war wieder allein, ausgesetzt dem harten Blick von Alan Demarest.
Demarest hatte geredet, redete jetzt. »Die Vergangenheit ist ein anderes Land. Ein Land, das Sie nie ganz verlassen haben.«
Es entsprach der Wahrheit.
»Sie konnten mich nie ganz aus Ihrem Kopf verdrängen, oder?«, fuhr Demarest fort.
»Nein«, sagte Janson, und seine Stimme war ein brüchiges Flüstern.
»Warum? Weil das Band zwischen uns echt war. Ein mächtiges Band. >Opposition ist wahre Freundschaftc, sagt uns William Blake. Oh, Paul - was haben wir alles gemeinsam erlebt. Hat es Sie gequält? Mich hat es gequält.«
Janson gab keine Antwort.
»Eines Tages haben mir die Vereinigten Staaten den Schlüssel zum Königreich übergeben, es zugelassen, dass ich ein Reich schuf, wie die Welt es noch nie gesehen hatte. Natürlich würde ich es zu meinem Reich machen. Aber so groß die Schatztruhen auch sind, es ist nicht immer einfach, alle Rechnungen zu begleichen. Es war mir nur wichtig, dass Sie die Wahrheit über uns beide erkennen und zur Kenntnis nehmen. Ich habe Sie geschaffen, Paul. Ich habe Sie aus Ton geformt, so wie Gott den Menschen geschaffen hat.«
»Nein.«
Das Wort kam wie ein tiefes Stöhnen aus seinem Innersten.
Wieder ein Schritt näher. »Es ist Zeit, zu sich selbst offen zu sein«, sagte Demarest mit beinahe sanfter Stimme. »Zwischen uns beiden war immer etwas, etwas, was man beinahe als Liebe bezeichnen könnte.«
Janson musterte ihn konzentriert, legte Demarests Gesichtszüge in Gedanken über das berühmte Gesicht des legendären Philanthropen, sah die Punkte, in denen zwischen den beiden Ähnlichkeit bestand, selbst auf dem von Chirurgenhand neu gestalteten Gesicht. Er schauderte.
»Aber noch viel eher Hass«, sagte Janson schließlich.
Demarests Augen brannten wie glühende Kohlen. »Ich habe Sie gemacht, und daran kann nichts je etwas ändern. Akzeptieren Sie es. Akzeptieren Sie, wer Sie sind. Sobald Sie das tun, ändert sich alles. Die Albträume hören dann auf, Paul. Das Leben wird wesentlich leichter. Glauben Sie mir. Ich schlafe nachts immer gut. Stellen Sie sich das vor - wäre das nichts, Paul?«
Janson atmete tief und spürte plötzlich, dass er sich wieder konzentrieren konnte. »Das will ich nicht.«
»Was? Sie wollen die Albträume nicht hinter sich lassen? Jetzt belügen Sie sich selbst, Lieutenant.«
»Ich bin nicht Ihr
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