Der Joker
gar nicht sicher, ob er überhaupt in mein Taxi passt.
Ich zwinge mich, nicht mehr daran zu denken. Es spielt keine Rolle. Worauf ich mich konzentrieren muss, ist die
Frage, warum diese Karte aufgetaucht ist und woher sie kommt.
Es ist jemand, den ich kenne.
So viel ist sicher.
Es ist jemand, der weiß, dass ich ständig Karten spiele. Was bedeutet, dass es eigentlich nur Marv, Audrey oder Ritchie sein kann.
Marv scheidet aus. Ganz sicher. Er kann es nicht sein. So etwas würde ihm nie einfallen. Er hat keine Fantasie.
Ritchie: höchst unwahrscheinlich. Er scheint mir einfach nicht der Typ für so etwas.
Audrey.
Ich rede mir ein, dass es mit ziemlicher Sicherheit Audrey ist, aber genau weiß ich es nicht.
Das Gefühl in meiner Magengrube sagt mir, dass es keiner von ihnen war.
Manchmal spielen wir Karten auf meiner Veranda oder auf der Veranda von einem der anderen. Hunderte von Leuten sind schon an uns vorbeigegangen und haben uns gesehen. Manchmal, wenn wir anfangen, uns zu streiten, lacht jemand und will wissen, wer von uns gemogelt hat, wer gewinnt und wer herumjammert.
Es kann jeder sein.
In dieser Nacht schlafe ich nicht.
Denke nur nach.
Am Morgen stehe ich früher als gewöhnlich auf und laufe mit dem Türsteher und einer Straßenkarte in der Stadt herum, sehe mir alle drei Häuser an. Das in der Edgar Street ist eine echte Bruchbude, ganz am Ende der Straße. Das in der Harrison Avenue ist zwar ziemlich alt, aber ordentlich
und aufgeräumt. Im Vorgarten blühen Rosen, das Gras ist allerdings gelb und trocken. Die Macedoni Street ist in einer hügeligen Gegend der Stadt. In einer wohlhabenden Gegend. Es ist ein zweistöckiges Haus mit einer steilen Auffahrt.
Ich gehe zur Arbeit und denke nach.
An diesem Abend, nachdem ich meiner Mutter den Beistelltisch gebracht habe, treffe ich mich mit den anderen bei Ritchie, und wir spielen Karten. Ich erzähle ihnen von der Sache. Und zwar alles.
»Hast du sie dabei?«, will Audrey wissen.
Ich schüttele den Kopf.
Bevor ich gestern Abend ins Bett gegangen bin, habe ich die Karte in die oberste Schublade in meiner Schlafzimmerkommode gelegt. Nichts berührt sie dort. Nichts stört sie. Nichts liegt in dieser Schublade außer der Karte.
»Es war nicht zufällig einer von euch?«, frage ich. Ich weiß, dass ich um diese Frage nicht herumkomme.
»Glaubst du etwa, ich war das?«, fragt Marv entgeistert. »Ich glaube, wir alle wissen, dass ich nicht genug Grips habe, um mir so was auszudenken.« Er zuckt mit den Schultern. »Außerdem würde ich nie so viel Mühe auf jemanden wie dich verschwenden, Ed.« Mister Streitsüchtig persönlich, wie üblich.
»Genau«, nickt Ritchie. »Marv ist viel zu dämlich für so eine Sache.« Jetzt da er seinen Kommentar abgegeben hat, klappt er den Mund zu und schweigt.
Wir alle schauen ihn an.
»Was?«, fragt er.
»Warst du es, Ritchie?«, fragt Audrey.
Er deutet mit dem Daumen auf Marv. »Wenn er zu blöd
ist, bin ich zu faul.« Er breitet die Arme aus. »Schaut mich doch an - ich lebe von Sozialhilfe und verbringe die Hälfte des Tages im Wettbüro. Ich wohne immer noch bei meinen Eltern …«
Nur zur Info: Ritchies richtiger Name ist nicht Ritchie. Er heißt Dave Sanchez. Wir nennen ihn Ritchie, weil er ein Tattoo von Jimi Hendrix auf dem rechten Arm hat, aber jeder findet, dass das Bild eher aussieht wie Richard Pryor, der Schauspieler. Deshalb Ritchie. Jeder lacht darüber und sagt, dass er sich das Konterfei von Gene Wilder auf den anderen Arm tätowieren lassen soll. Das würde passen. Immerhin waren die beiden ein unschlagbares Team - ich erinnere nur mal an Filme wie »Zwei wahnsinnig starke Typen« und »Die Glücksjäger«. Wer könnte da widersprechen?
Niemand.
Genau.
Ein guter Rat: Wenn du Ritchie je begegnest, erwähne die Sache mit Gene Wilder besser nicht. Vertrau mir. Das ist die einzige Sache, die Ritchie auf die Palme bringt. Er kann den Spruch auf den Tod nicht leiden. Besonders dann nicht, wenn er einen in der Krone hat.
Er hat dunkle Haut und Koteletten. Sein Haar ist lockig und schlammfarben und seine Augen sind schwarz und freundlich. Er schreibt niemandem vor, was er zu tun und zu lassen hat, und er erwartet dasselbe auch von anderen. Er trägt immer dieselben ausgewaschenen Jeans, tagein, tagaus. Es sei denn, er hat mehrere Jeans, die völlig identisch aussehen. Ich bin nie auf die Idee gekommen, ihn danach zu fragen.
Man hört ihn immer schon von weitem kommen, denn
er fährt
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