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Der Junge, der es regnen liess

Der Junge, der es regnen liess

Titel: Der Junge, der es regnen liess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Conaghan
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noch nicht mal belegen. Ich meine, es ist ja nicht so, als würde ich mal einen Beruf oder so was daraus machen. Es ist langweilig und knallt einem den Kopf voll. Noch schlimmer, als in die Schulmesse zu gehen. Ich schlage bis heute in der Englischstunde Schimpfwörter im Wörterbuch nach, um mich wachzuhalten. Warum zwingt die Schule uns alle dazu, Englisch zu belegen? Das macht einfach keinen Sinn. Ich würde sagen: Lasst es all die Bekloppten doch machen, die es wollen, und den Rest von uns lasst lieber mehr Stunden in den Fächern belegen, die uns Spaß machen. Ich zum Beispiel würde gern Tierärztin werden, nur bin ich mies in Biologie und Blut kann ich auch nicht so gut sehen. Aber ich mag Tiere gern …
    Wer weiß, vielleicht mache ich einen Schauspielkurs oder so was – noch hab ich keine Ahnung. Mein Vertrauenslehrer schlug mir Kosmetikerin vor. Das könnte Ihnen so passen, habe ich ihn angepflaumt. So hirnlos bin ich ja nun nicht.
    Irgendwie Sorgen gemacht habe ich mir schon, als Clem an die Schule kam, denn ich hatte Angst, dass ich und Rosie beide auf ihn abfahren würden – das hätte voll die Spannung zwischen uns gegeben. Also habe ich mich verdammt bemüht, ihn zu ignorieren. Und dann, als ich mitbekam, wie er den ganzen Quatsch im Englischunterricht von sich gab, wusste ich, dass ich sowieso nie auf ihn stehen würde.
    Nicht mein Typ, kapiert? Ich nehme an, er muss Waage oder so gewesen sein, denn Schützen und Waagen können sich gegenseitig nicht ausstehen. Oder sind das Löwen? Was immer er war, mir war klar, dass bei uns die Chemie nicht stimmte. Aber mir war auch klar, dass Rosie ihn mochte. Sie hatte völlig den Verstand verloren, immer guckte sie zu ihm hin, und wenn er da war, wurde sie plötzlich knallrot im Gesicht und schüchtern. Eine Zeit lang hatte ich Angst, sie würde noch eine dieser verrückten Stalkerinnen werden. Dabei ist es wirklich so, dass Rosie jeden Typen an der Schule hätte haben können. All die Typen in der Fünften und der Sechsten fanden, sie sei ein Knaller. Sie kleisterte sich nicht total mit Make-up zu wie die meisten Tussis in der Zehnten und der Elften, die sich einbilden, sie wären Gottes Geschenk an die Männerwelt. Das ist nämlich so eine Sache mit Rosie – sie hatte überhaupt keine Ahnung, wie super sie aussah.
    Ich war nicht eifersüchtig … weshalb hätte ich eifersüchtig sein sollen? Ich hatte massenweise Typen, die mir hinterherrannten. Sogar Typen mit Autos und Typen, die einen richtigen Job hatten. Ich konnte gut mithalten. Einen Freund wollte ich nicht. All dieser Unsinn von wegen Sandkastenliebe konnte mir gestohlen bleiben. Es war nicht so, dass ich was gegen Typen hatte oder so – ich wollte mir nur nicht den ganzen Ärger mit einem Freund aufhalsen. Auf keinen Fall. Nicht mit mir! Vermutlich nimmt die Hälfte der Mädchen von der sechsten Klasse aufwärts die Pille, also ist das wohl nicht weiter verwunderlich. Wenn man manchen Geschichten glaubt, die hier so in Umlauf sind, dann ist die Hälfte der Mädchen in unserer Klasse schon ein- oder zweimal in die Abtreibungsklinik spaziert, während die andere Hälfte die Pille danach einschmeißt wie Tic-Tacs.
    Ich bin immer vorsichtig gewesen. Wir leben ja schließlich nicht mehr in den Achtzigern. Wie auch immer, Rosie und ich waren jedenfalls total verschieden, nicht nur im Aussehen. Zuerst mal stand sie auf all diese depressive Hach-ich-sterbe-gleich- ich-schneid-mir-die-Pulsadern-auf-Musik. Sie hat eine Ewigkeit lang versucht, mich dafür zu begeistern, aber wenn ich das höre, will ich mir was antun. Ich brauche Beat und Rhythmus.
    Selbst wenn ich gewollt hätte, ich hätte nie im Leben auf Clem gestanden. Ich hätte nie etwas getan, um Rosie zu verletzen. Sie war meine beste Freundin.
    Natürlich bin ich geschockt.
    Ob ich traurig bin?
    Das ist was anderes, oder?
     

 
    Pauline Croals Sichtweise
    Es war meine erste Stellung nach Abschluss der Lehrerausbildung, also bin ich natürlich mit jeder Menge Enthusiasmus an die Arbeit gegangen. Außerdem betrachtete ich es als meine Pflicht, bei meinen Schülern Interesse für mein Fach zu wecken. Die Tage, in denen man auf altmodische Weise an der Tafel stehen und dozieren oder die gesamte Stunde hindurch Einzelbeschäftigung verlangen konnte, sind lange vorbei. Ich habe mich bemüht, innovativer vorzugehen und eine Umgebung zu schaffen, die dem Lernprozess förderlich ist. Dazu sind wir auch auf der Universität ermutigt worden.

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