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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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versehen, als wir ankamen«, heißt es am 24. Juli 1946 über die Familienresidenz des Tycoons Atwater Kent. »Um Mitternacht. Und obgleich es zwanzig Zimmer gibt, schlafen wir im selben Zimmer.« Patricia Highsmith zeichnet ein widersprüchliches Bild dieser enorm reichen Leute und ihrer Lebenswelt, wie eine Landschaft, die nur in ihrer Phantasie existiert. »Ein grosses weisses Haus, das man oft für den Landsklub West Hills hält! 14 Plätze für die Autos der Dienstler allein!« Nouveau riche, kommentiert eine ihrer New Yorker Freundinnen, und Patricia Highsmith führt weiter aus: »Habe nichts wogegen zu klagen, nur dass sie kein Buch, keine Musik im Hause haben. Sie sind verloren, faul, ziemlich wie Kinder. Und alle sehr süss!« (Tagebuch vom 9. Dezember 1946)
    Manches spricht dafür, daß die Autorin in Der Junge, der Ripley folgte, so viele Jahre nach ihrer Freundschaft mit »Ginnie« (der frühe Roman ist »allen Virginias« gewidmet) und den extravaganten Wochen in Kennebunkport, die Leere extremen Reichtums schildern wollte. Was sie erzielt, ist jedoch weniger Gesellschaftskritik als das Bewußtsein unüberbrückbarer Distanz. Wie ein Gespenst wandelt Frank Pierson nach seiner mehrmals verschobenen Rückkehr durch die weiten Hallen und langen Flure des Anwesens, das immer noch sein »Zuhause« heißt, es aber längst nicht mehr ist.
    Vielleicht erkennen Leser der Ripley-Serie irgendwann die unheimliche Parallele, den tieferen Grund für die Schwermut dieser Seiten. Während Tom Ripley es im ersten Roman von 1955 ablehnt, einen jungen Industriellensohn aus dem frivolen und bohemehaften Europa in das pragmatische Amerika der Ostküsten-Eliten zurückzubringen (weil er selber dem Diktat der Geschäftswelt entsagen, weil er Dickie Greenleaf ermorden und sich die Haut des Freundes anziehen will), erfüllt im vierten Roman von 1980 ein älterer, weicherer Tom Ripley buchstabengetreu den Willen von Franks Familie: Er bringt den Jungen nach Amerika zurück – und überläßt ihn damit dem Scheitern und dem Selbstmord.
    Der Kreis schließt sich. Zweimal hat Tom Ripley beim Tod eines reichen, verheißungsvollen jungen Mannes seine Hände im Spiel. Seine Entwicklung ist daran abzulesen, daß er den ersten Tod selbst herbeiführt, den zweiten dagegen hilflos und tatenlos miterlebt. Wie der Vater, der er nie war, behält er von Frank als Andenken einen Berliner Plüschbären zurück. »Du hast den Jungen sehr gemocht, nicht wahr? Ich weiß es.« Die Trauer muß groß sein, wenn Tom Ripley des Trostes von Héloïse bedarf.
     
    Paul Ingendaay

Editorische Notiz
     
    Zwischen September und November 1976 hält Patricia Highsmith in ihrem Notizbuch unter den Arbeitstiteln ›Ripley and the Inheritor‹ und ›Ripley and the Money Boy‹ erste Ideenskizzen zu ihrem vierten Ripley-Roman fest, The Boy Who Followed Ripley. Die Arbeit geht zunächst nur stockend voran. Bis zum Jahresende entstehen 52 Seiten, im August 1978 sind es achtzig. Am 9. November ist eine erste (unvollständig erhaltene) Typoskriptfassung fertig. Am 3. April 1979 schickt die Autorin ihrer New Yorker Agentin Pat Schartle Myrer eine (ebenfalls unvollständig erhaltene) stark überarbeitete und gestraffte zweite Fassung; sie entspricht größtenteils dem Text der Originalausgabe. Diese erscheint jedoch nicht in Amerika, sondern wie schon die Erstausgabe der beiden vorhergehenden Ripley-Romane, Ripley Under Ground und Ripley’s Game, Anfang 1980 bei William Heinemann, London. Aus New York erreichen die Autorin zuerst zwei Absagen mit der Begründung, der Roman sei »not enough of a thriller«, und erst Anfang Juni 1979 kann die amerikanische Agentin berichten, daß – dank Vermittlung des bewährten Lektors aus früheren Verlagshäusern, der soeben gewechselt hat – dessen neuer Verlag Lippincott & Crowell das Buch gekauft hat; die amerikanische Erstausgabe erscheint im Frühling 1980.
    Zeitgleich mit der englischen Originalausgabe veröffentlicht der Diogenes Verlag, Zürich, die leicht gekürzte deutsche Erstausgabe in der Übersetzung von Anne Uhde unter dem Titel Der Junge, der Ripley folgte; die Taschenbuchausgabe folgt 1982 (detebe 20649). Die von Matthias Jendis vorgelegte vollständige Neuübersetzung basiert auf dem Text der englischen Originalausgabe unter Berücksichtigung einiger Korrekturen der amerikanischen Erstausgabe.
     
    Anna von Planta

Foto: © Simone Sassen
     
    PATRICIA HIGHSMITH wurde 1921 in Fort Worth/Texas geboren. Sie wuchs

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