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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Prolog
     
    Ich war etwas Besonderes. Das sagte meine Mutter immer. Aber ich wusste es auch so. In unserem Dorf taten alle gern das, worum ich sie bat. Der alte Schmied Duk, der niemanden leiden konnte und seinen Schmiedehammer nach Kindern warf, wenn die vor seiner Tür spielten, schenkte mir das Holzpferd seines toten Sohns, nur weil ich ihm sagte, ich hätte es gern.
    Die anderen Kinder mochten mich, wenn ich sie darum bat, und gingen mir aus dem Weg, wenn ich es vergaß. Die Erwachsenen starrten mich an oder tuschelten untereinander, wenn sie mich sahen. Gelegentlich verbot ich es ihnen, aber meistens ließ ich sie gewähren. Ich war ein Kind und genoss die Aufmerksamkeit. Ich war etwas Besonderes. Jeder im Dorf zeigte es mir.
    Vielleicht war das der Grund, aus dem meine Mutter mich verkaufte, als die Männer kamen. Sechs Schwestern hatte ich und vier Brüder, aber ihre Wahl fiel auf mich. Ich stand im Stall an diesem Morgen und rieb unsere einzige Kuh mit frischem Stroh ab. Ich mochte diese Arbeit, deshalb hatte ich keinen anderen gebeten, sie für mich zu erledigen. Meine Mutter führte die Männer hinein und zeigte auf mich. Es war ein warmer Morgen. Sonnenlicht fiel durch die Ritzen im Holz und spiegelte sich in den Knöpfen der Uniformen. Es waren schöne Uniformen. Ich bat einen der Männer um seine Jacke, aber nichts geschah. Der andere griff nach meinem Arm und zog mich aus dem Stall in den Hof. Ich bat ihn, damit aufzuhören, aber er zog mich nur weiter, vorbei an zwei meiner kleinen Brüder, die zu weinen begannen, und an meiner großen Schwester, die mir wortlos nachsah. Meine Mutter folgte mir. Sie sprach von der großen Ehre, die ich über die Familie bringen würde, von den Heldentaten, die ich als Gardist vollbringen würde, aber ich sah nur die beiden Männer mit ihren toten Augen und zahnlosen Mündern. So wollte ich nicht werden, niemals. Also bat ich sie und bettelte, bis sie mir ins Gesicht schlugen. Dann sperrten sie mich mit anderen Jungen und Männern in einen Wagen. Ich sah, wie ein dritter Mann – ein Sklavenhändler aus Charbont namens Slergg Ogivers – meiner Mutter ein paar Münzen in die Hand drückte. Sie weinte nicht. Was geht in einer Mutter vor, die nicht einmal weint, wenn sie ihren ältesten Sohn verkauft? Ich kenne die Antwort nicht, und ich bin nie an den Ort zurückgekehrt, an dem ich sie hätte erfahren können.
    Der Wagen brachte uns an der Küste entlang nach Charbont. Auf dem Weg dorthin kaufte Ogivers noch vier andere Jungen. Sie waren kleiner und jünger als ich. Keiner kam freiwillig mit.
    Es war so eng in dem Käfig, dass man sich nicht hinlegen konnte. Ich saß meistens in einer Ecke, den Rücken an einen Balken gelegt, den Blick durch die Gitterstäbe nach draußen gerichtet. Es war ein guter Platz, besser als die meisten anderen. Ab und zu wollten andere ihn mir streitig machen, aber ich bat sie, das nicht zu tun. Ich versuchte, Ogivers um meine Freiheit zu bitten, aber er lachte nur und schüttelte den Kopf. Also betrachtete ich die Landschaft, die langsam draußen vorbeizog. Ich hatte mein Dorf noch nie verlassen, war noch nie in einer Stadt gewesen, kannte nichts außer Feldern, Hütten und dem Ufer des Großen Flusses.
    Charbont erschien mir wie ein Wunder. Die Mauern der Stadt, die hohen Türme, die vielen Menschen, an denen wir vorbeifuhren, die Plätze und die gepflasterten Straßen. Für eine kurze Zeit vergaß ich sogar das Ziel unserer Reise, aber als sich die Tore von Ogivers' Anwesen hinter uns schlossen und uns die Soldaten durch lange Gänge immer tiefer in die Erde hineintrieben, kehrte die Angst zurück.
    Schließlich gelangten wir in eine Höhle. Wasser quoll zwischen den Felsen hindurch, stieg auf und floss zurück wie Luft in eine Lunge. Überall hockten Jungen und Männer am Boden. Sie waren blass, die Lumpen, die sie trugen, waren verschimmelt. Alles war feucht. Nur die Gardisten beachteten uns. Sie stießen uns zu Boden und sagten, wir müssten den Dreck essen, den das Wasser in die Höhle spülte. Wir weigerten uns. Sie prügelten auf uns ein, bis zwei starben und der Rest am Boden lag. Einer der Gardisten packte mich an den Haaren und begann mit der anderen Hand Dreck in meinen Mund zu schaufeln. Irgendwann schluckte ich. Meine Kehle brannte. Sand knirschte zwischen meinen Zähnen. Steine schnitten meinen Gaumen auf. Ein seltsamer Geschmack lag auf meiner Zunge, süß wie das Wasser des Großen Flusses und bitter wie die Asche eines

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