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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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sie nicht so sehr Dinge durcheinanderbrächte, was ja nicht so schlimm wäre, sondern eher Menschen und Gefühle. »Soll das heißen, dass sie böse ist?«, fragte ich. Dad sagte, sie täte es ja nicht absichtlich, also wäre sie nicht böse, sondern einfach nur eine Plage. Ich fragte ihn, was eine Plage bedeutet, und er sagte, es würde bedeuten, den Rahmen zu sprengen. Und als ich die Bedeutung von den Rahmen zu sprengen wissen wollte, legte er mir eine Hand auf die Schulter und sagte: »Jetzt nicht, Ted.«
    Der Morgen, an dem Tante Glorias Brief kam, war genauso wie jeder andere Morgen auch. Ich hörte, wie die Post auf die Fußmatte fiel, genau wie immer. Ich war bei Honigpop Nummer drei und die Wettervorhersage im Radio teilte uns mit, dass es heiter und beständig werden würde, im Südosten bestünde allerdings das Risiko von Regenschauern. Kat aß ihren Toast im Stehen und zappelte dabei herum. Nicht etwa weil sie Flöhe hatte, obwohl es so aussah. Sie hörte ihre Schwacho-Musik über Kopfhörer, was bedeutete, dass sie das Wetter verpasste und deswegen weder im Regenmantel noch mit ihrem Schirm zur Schule gehen würde. Was wiederum bedeutete, dass sie nass werden würde und ich nicht, und das war gut.
    Dad hüpfte in nur einer Socke herum und schimpfte, dass die Waschmaschine alle seine Socken verschluckt hätte und dass er zu spät käme. Mum durchwühlte den Wäschekorb nach einer Ersatzsocke.
    Â»Ted, hol mal die Post«, sagte sie. Sie trug ihre Krankenschwesternuniform, und sogar mir ist klar, dass man besser tut, was sie sagt, wenn ihre Sätze so knapp und zackig klingen, obwohl ich es hasse, meine Honigpops stehenzulassen, bis sie matschig werden.
    Ich kam mit sechs Briefumschlägen zurück. Kat sah mich, schnappte sie mir aus der Hand und zog einen großen braunen und einen kleinen weißen Umschlag heraus. Auf dem weißen konnte ich unser Schullogo erkennen – es sieht wie ein zerdrücktes X aus, und darüber prangt ein Bischofshut, den man Mitra nennt. Kat versuchte den weißen hinter dem braunen Umschlag zu verstecken, aber Mum sah es.
    Â»Nicht so hastig, Katrina«, sagte sie. Wenn Mum Kat Katrina nennt, dann weiß man, dass es Ärger gibt.
    Kats Lippen pressten sich zusammen, und sie gab Mum die Post, alles bis auf den braunen Umschlag, den sie hochhielt, damit jeder sehen konnte, dass er an sie adressiert war, an Katrina Spark. Sie riss ihn auf und zum Vorschein kam ein Katalog. Der Titel lautete Haar, wunderbar. Kat lief mit wippendem Kopf Richtung Tür.
    Ich aß die Honigpops Nummer sieben bis siebzehn.
    Dad begann die Melodie von Dick und Doof zu summen, seiner Lieblingsfernsehsendung. Inzwischen hatte er die zweite Socke angezogen und bestrich sich einen Toast mit Butter, und die Haare standen ihm zu Berge, wozu Mum wohl gesagt hätte, dass er Stan von Dick und Doof wie aus dem Gesicht geschnitten ist. »Wie aus dem Gesicht geschnitten« ist ein anderer Ausdruck für »jemandem zum Verwechseln ähnlich sehen«, aber fragt mich nicht, warum. Außerdem hat Stan braunes Haar und Dads Haare sind blond, so wie meine, also sieht er Stan überhaupt nicht zum Verwechseln ähnlich.
    Â»Katrina!«, brüllte Mum.
    Der achtzehnte Honigpop fiel mir vom Löffel.
    Â»Was ist?«
    Â»Dieser Brief von der Schule …«
    Â»Welcher Brief von der Schule?«
    Â»Dieser hier. Der, den du verstecken wolltest.«
    Â»Was ist damit?«
    Â»Da steht drin, dass du letzte Woche gefehlt hast, ohne Krankmeldung. Am Dienstag.«
    Â»Oh. Ja.«
    Â»Und?«
    Â»Und was?«
    Â»Wo warst du?«
    Â»UE, Mum. Das hat sie gemacht«, meldete ich mich zu Wort. Kat und Mum starrten mich an. »UE, wie in der Armee«, erklärte ich. »Unerlaubtes Entfernen von der Truppe.«
    Â»Du kannst mich mal, du Miststück!«, zischte Kat. Sie ging hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
    Im Radio liefen nun wieder die Nachrichten.
    Â»Mach das Ding aus, Ted«, sagte Mum. Ich fummelte an dem Knopf herum, aber sie zog einfach den Stecker aus der Steckdose. Es war still. Ich hörte, wie Dad ein Stück Toast kaute.
    Â»Sie kommt unter die Räder, Ben«, sagte Mum zu Dad.
    Â»Unter die Räder«, wiederholte ich und musste an Autounfälle denken. Wahrscheinlich sagte Mum irgendwas über Katrinas UE, und »unter die Räder kommen« ist vielleicht

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