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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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dich? Sie kommt uns besuchen, zusammen mit ihrem Sohn, Salim.«
    Â»Die, die in Manchester wohnen?«
    Â»Genau. Wir haben uns fünf Jahre nicht mehr gesehen, Ted. Ich weiß echt nicht, wo die Zeit geblieben ist.«
    Es hörte sich an, als würde sie denken, dass die Zeit etwas ist, was durch die Gegend wandert und sich ab und zu hinsetzt und ein bisschen bleibt, wie ein eiliger Gast. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Mum«, erklärte ich. »Die Zeit bleibt doch nirgends.«
    Â»In diesem Haus schon, Ted. Sie verschwindet in einem verfluchten schwarzen Loch!«
    Ich zwinkerte und überlegte, ob an der Sache vielleicht irgendetwas dran war, aber sie lachte und meinte, das sei doch bloß ein Witz, und wuschelte mir noch mal durchs Haar. »Na los, Ted. In die Schule mit dir!«
    Also lief ich meinen üblichen Zickzackweg durch den Stadtpark und dachte dabei über die Zeit, schwarze Löcher, Einsteins Relativitätstheorie und Sturmwarnungen nach. Ich stellte mir vor, wie Hurrikan Gloria immer stärker wurde, während er sich näherte, und dabei eine Spur der Verwüstung hinterließ. Meine Gedanken waren so toll, dass ich fast auf der falschen Parkseite in den Teich gelaufen wäre und nur gerade noch rechtzeitig in der Schule ankam. »In einem schwarzen Loch«, murmelte ich vor mich hin, während ich über den Schulhof rannte. Meine Hand begann zu schlackern. »In einem verfluchten schwarzen Loch.«

3
    Der Hurrikan kommt näher
    An diesem Abend las Mum Tante Glorias Brief vor. Ich habe versucht ihn zu finden, um ihn wortwörtlich zitieren zu können, aber Mum meinte, dass wir ihn wahrscheinlich weggeworfen haben, weil unser Haus zu klein ist, um Dinge aufzuheben. Ich erinnere mich, dass der Brief ungefähr so ging:
    Liebe Faith   (das ist meine Mutter) ,
    ich will mich wieder mit Dir vertragen. Es tut mir leid, dass wir uns bei meinem letzten Besuch gestritten haben. Salim und ich ziehen demnächst nach New York, wo ich eine Stelle als Kuratorin im Bereich der Bildenden Kunst angeboten bekommen habe. Dürfen wir in den Ferien bitte kommen und zwei Nächte bei Euch bleiben, ehe es zum Flughafen geht? Ich weiß, dass Ihr in Eurem Haus nicht so viel Platz habt, aber wir werden uns schon irgendwie reinquetschen. Salim lässt ausrichten, dass er auf dem Bügelbrett schlafen kann.
    Kat meinte gerade, das wäre überhaupt nicht Tante Glorias Schreibstil. Tante Gloria, sagt sie, würde beim Schreiben viel kompliziertere Wörter benutzen. Sie trägt total dick auf, behauptet Kat. Ich bin mir nicht sicher, was das bedeutet. Kat hat aufgeschrieben, wie sie den Brief in Erinnerung hat, und das hier ist ihre Version:
    Mein Schatz, liebste Faith,
    es tut mir so leid, dass ich mich nicht öfter gemeldet habe. Bei uns war unglaublich viel Hektik und die Jahre fliegen nur so dahin, wie unzählige Schwalben am Himmel. Ich bedaure zutiefst, wie wir letztes Mal gestritten haben. Es hat an meiner Seele gezehrt und ich weiß kaum noch, worum es eigentlich ging, aber damals herrschte völliges Chaos, so kurz nach der Trennung von Salims Vater, und damals wusste ich ja auch noch nichts von transzendentaler Meditation. Inzwischen bin ich wieder sehr viel mehr in meiner Mitte.
    Es gibt aufregende Neuigkeiten. Mir wurde ein Spitzenjob als Kuratorin für Bildende Kunst in New York angeboten. Ist das nicht fantastisch? Salim und ich haben beschlossen, diese Chance zu ergreifen. Salim ist inzwischen dreizehn und schon sehr erwachsen. Er ist hier in seiner Schule nicht sehr glücklich. Er hat nur einen einzigen Freund, der ebenfalls zur Hälfte Asiat ist, und die anderen Jungen hänseln die beiden. Also steht uns der Sinn nach New York, einem großen, aufregenden Abenteuer unserer faszinierenden Reise durch das Leben. Könnten wir unterwegs bei Euch vorbeischauen? Nur für ein oder zwei Nächte, Schatz. Ich weiß, dass Ihr ein kleines Haus habt, aber Salim ist so ungeheuer neugierig, seinen Cousin und seine Cousine wiederzusehen. Er lässt ausrichten, dass er auf dem Bügelbrett schlafen kann!
    Also war das Einzige, was in meiner und in Kats Erinnerung genau übereinstimmte, die Sache mit dem Bügelbrett.
    Nachdem Mum den Brief vorgelesen hatte, stöhnte Dad auf und ließ den Kopf in die Hände sinken. Kat sagte, Tante Glo klinge verrückt, und ich sagte, Salim sei ja wohl sehr klein, wenn er glaubt, auf einem

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