Der junge Gelehrte
geringsten abgehalten haette, ihr mit unzaehlbaren gelehrten Schriften zu dienen.
Chrysander . Mit Schriften! ja, die mir am teuersten zu stehen kommen. Was fuer Rechnungen habe ich nicht schon an die Buchdrucker bezahlen muessen! Der Boesewicht!
Anton . Geduld! er hat auch erst angefangen zu schreiben! Es wird schon besser kommen.
Chrysander . Besser? vielleicht damit man ihn endlich einmal auch unter die zaehlen kann, die ihren Vater arm geschrieben haben!
Anton . Warum nicht? wenn es ihm Ehre braechte—
Chrysander . Die verdammte Ehre!
Anton . Um die tut ein junger Gelehrter alles! Wann es auch nach seinem Tode heissen sollte: unter diejenigen Gelehrten, die zum Teufel gefahren sind, gehoert auch der beruehmte Damis! was schadet das? Genug, er heisst gelehrt; er heisst beruehmt—
Chrysander . Kerl, du erschreckst mich! Aber du, der du weit aelter bist als er, kannst du ihn nicht dann und wann zurechte weisen?—
Anton . Oh, Herr Chrysander! Sie wissen wohl, dass ich keinen Gehalt als Hofmeister bekomme. Und dazu meine Dummheit—
Chrysander . Ja, die du annimmst, um ihn desto duemmer zu machen.
Anton (beiseite) . St! der kennt mich.—Aber glauben Sie, dass ihm mit der boesen Frau ein Ernst war? Nichts weniger! Eine Stunde darauf wollte er sich eine gelehrte Frau aussuchen.
Chrysander . Nun, das waere doch noch etwas Kluges!
Anton . Etwas Kluges? Nach meiner unvorgreiflichen Meinung ist es gleich der duemmste Einfall, den er hat haben koennen. Eine gelehrte Frau! bedenken Sie doch! eine gelehrte Frau; eine Frau wie Ihr Herr Sohn!
Zittern und Entsetzen moechte einem ehrlichen Kerl ankommen. Wahrhaftig! ehe ich mir eine Gelehrte aufhaengen liess'—
Chrysander . Narre, Narre! sie gehen unter andern Leuten, als du bist, reissend weg. Wann ihrer nur viel waeren, wer weiss, ob ich mir nicht selbst eine waehlte.
Anton . Kennen Sie Karlinen?
Chrysander . Karlinen? Nein.
Anton . Meinen ehemaligen Kameraden? meinen guten Freund? kennen Sie den nicht?
Sechster Auftritt
15
Der junge Gelehrte
Chrysander . Nein doch, nein.
Anton . Er trug ein hechtgraues Kleid mit roten Aufschlaegen und auf seiner Sonntagsmontur rote und blaue Achselbaender. Sie muessen ihn bei mir gesehen haben. Er hatte eine etwas lange Nase. Sie war ein Erbstueck; denn er wollte aus der Geschichte wissen, dass schon sein Ururaeltervater, der ehedem einem gewissen Turnier als Stallknecht beigewohnt, eine ebenso lange gehabt habe. Sein einziger Fehler war, dass er etwas krumme Beine hatte. Besinnen Sie sich nun?
Chrysander . Soll ich denn alle das Lumpengesindel kennen, das du kennst? Und was willst du denn mit ihm?
Anton . Sie kennen ihn also im Ernste nicht? Oh! da kennen Sie einen sehr grossen Geist weniger. Ich will Sie zu seiner Bekanntschaft verhelfen; ich gelte etwas bei ihm.
Chrysander . Ich glaube, du schwaermst manchmal so gut als mein Sohn. Wie koemmst du denn auf die Possen?
Anton . Eben der Karlin, will ich sagen—Oh! es ist aergerlich, dass Sie ihn nicht kennen.—Eben der Karlin, sage ich, hat einmal bei einem Herrn gedient, der eine gelehrte Frau hatte. Der verzweifelte Vogel—er sah gut aus, und wie nun der Appetit sich nach dem Stande nicht richtet—kurz, er musste sie naeher gekannt haben.
Wo haette er sonst so viel Verstand her? Endlich merkte es auch sein Herr, dass er bei der Frau in die Schule ging. Er bekam seinen Abschied, ehe er sich's versah. Die arme Frau!
Chrysander . Ach schweig! ich mag weder deine noch meines Sohnes Grillen laenger mit anhoeren.
Anton . Noch eine hoeren Sie; und zwar die, welche zuletzt seine Leibgrille ward: er wollte mehr als eine Frau heiraten.
Chrysander . Aber eine nach der andern.
Anton . Nein, wenigstens ein halb Dutzend auf einmal. Der Bibel, der Obrigkeit und dem Gebrauche zum Trutze! Er las damals gleich ein Buch—
Chrysander . Die verdammten Buecher! Kurz, ich will nicht weiter hoeren. Es soll ihm schon vergehen, mehr als eine zu nehmen, wenn er nur erst die genommen hat, die ich jetzt fuer ihn im Kopfe habe. Und was meinest du wohl, Anton? quid putas? wie wir Lateiner reden; wird er's tun?
Anton . Vielleicht; vielleicht nicht. Wenn ich wuesste, was er fuer ein Buch zuletzt gelesen haette, und wenn ich dieses Buch selbst lesen koennte, und wenn—
Chrysander . Ich sehe schon, ich werde deine Hilfe noetig haben. Du bist zwar ein Gauner, aber ich weiss auch, man koemmt jetzt mit Betruegern weiter als mit ehrlichen Leuten.
Anton . Ei, Herr Chrysander, fuer was
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